Das Geheimnis der Sprache (German Edition)
militärischen Sinne des Wortes – ist unsere »Warte« , die Robe stammt aus dem mittel- und althochdeutschen roup, roub = Raub, Beute; der Bedeutungswandel machte den Umweg über die geraubte Rüstung, das erbeutete Kleid, wobei der Begriff der gewaltsamen Aneignung allmählich verschwand und nur noch die Sache selbst, das Kleid, übrig blieb. Die Garderobe ist also eigentlich eine Raubwarte, die Garderobière eine Raubwärterin; ein Zusammenhang, der sich satirisch weiter ausfolgern läßt, der aber nichts an der Tatsache ändert, daß wir auf jenes vielbemäkelte Fremdwort einen gesicherten Anspruch aus deutschem Sprachrecht erheben dürfen.
In der Nachbarschaft der Robe und als Zubehör der Bekleidungskunst finden wir die Ausdrücke Mannequin und chic , die wir ohne weiteres anfordern, da sie sich deutlich genug als Männchen und Schick zu erkennen geben.
Die Marquise , das leinene Sonnenzelt, zuerst über dem Zelt vornehmer Offiziere, hängt mit Marquis, margrave = Markgraf zusammen.
Der Friseur ist kein welscher Fremdling, sondern ein Sprachbürger aus Friesland. Sein Name geht auf Fries, krauses Tuch, zurück, – Verzweigung mit dem friesischen friesle = Haarlocke.
Das Bankett , von Bank abgeleitet, bedeutet ein Bankgelage, wie es z. B. im Nibelungenlied als banc bei Beschreibung einer höfischen Festlichkeit vorkommt; das anspruchsvollste Souper kann seine Herkunft von der deutschbürgerlichen Suppe nicht verleugnen. Das Bouquet stammt aus dem Busch , wie man an der Donau noch heute einen Blumenstrauß einen Buschen nennt.
Will man der Etikette , dem Etikett die Sprachbeichte abnehmen, so trennt man den Anlaut E... vom Wort und findet in -tikett das niederdeutsche »sticke« = Stiftchen, kleiner Stecken, spitzes Hölzchen zum Anheften eines Zettels, der den Inhalt bezeichnet.
Engagieren , Gage , stammen – über die Zwischenstufe vadium – von Pfand, Unterpfand; Fourage von Futter. Die Patrouille kann als wesentlich deutsch angesehen werden; der Hauptbestandteil des Wortes gilt dem Bewegungsorgan der Streifwache, der patte , die ihre Abkunft von Pfote, Patsche herleitet. Der Trumeau kommt her von »Trumm«, dem Singular von Trümmer; dieser bedeutet Stück, massiges Einzelstück unter gemauerter Wand, hier Fensterpfeiler.
Ins Unabsehbare würden wir geraten, wollten wir gar noch derjenigen Französischworte gedenken, die überhaupt aufs Germanische zurückgehen, ohne den Heimweg ins Vaterland gefunden zu haben. Zu vielen Hunderten wären sie anzumerken, wie jardin von Garten, auberge von Herberge, bloquer (und Blockade) von Block, espion von spähen, filtre von Filz, attraper von trapo (Schlinge), Ballon und ballotter von Ball, arquebuse von Hakenbüchse, beffroi (Sturmglocke) von Belfried, bière (Sarg) von Bahre, blafard aus bleich und farbig, estafette von Staffel, blason von blasen, Garantie von weren, gewähren, escroc von Schurke, harpe von Harfe, espiègle von Eulenspiegel, épingle von Spange, blesser von bletzen, verletzen, éblouir vom altdeutschen blodi, blöde, plaque von Platte – genug davon! Die Auslese wird hinreichen, um jene verallgemeinernden Behauptungen mit dem Anfang: – ... Nur der Deutsche ...! ins rechte Licht zu setzen. Nein, in dem großen deutsch-französischen Kontobuche stehen durchaus nicht alle Belastungen auf unserer Seite. Wir haben höchst ansehnliche Forderungen dagegen aufzurechnen, und die Herrn Vögte brauchen uns nicht ihre Dienste aufzudrängen, um uns aus dem Schuldverhältnis zu erlösen. Und ebensowenig steht es ihnen zu, sich über einseitiges Französeln lustig zu machen, da sie sich noch gar nicht die Mühe gegeben haben, zu untersuchen, wie sehr es da drüben auf der Gegenseite »deutschelt«.
Selbstverständlich liegt es nicht im Sinne dieser Erörterungen, die glücklich verstorbene Pücklerei, das französisch-deutsche Gemengsel der Pückler-Muskau und Genossen etwa wieder aufleben zu lassen. Unsere Absicht erstreckte sich vielmehr auf eine abwägende Betrachtung, auf Sprachtatsachen, die man kennen muß, wenn man mitreden will, wenn man gar mit richtender Wage oder beckmessernder Kreide Urteilssprüche zu fällen sich herausnimmt.
Seien wir also streng diesen Richtern gegenüber und verfahren wir duldsam mit den Worten. Viele von ihnen verdienen eine Gaststätte an unserem Herde, den Menschen vergleichbar, die uns willkommen waren, obschon ihre Namen französisch klangen. Der edle Dichter und hervorragende Naturforscher Chamisso brauchte
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