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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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in eines von Cromwells heimlichen Gefängnissen überführen zu lassen.«
    »Das wäre das Ende«, murmelte der Zwerg.
    Die Tür zum Speisesaal wurde aufgestoßen, Diener in den schwarzgelben Livreen Spaniens strömten herein und deckten den Tisch mit wenigen erlesenen Speisen, darunter eine Schale mit Orangen. Chapuys schmunzelte. Die Diener zogen sich zurück, und zwei aufwendig gekleidete Damen betraten mit gesenkten Köpfen den Raum. Von ihren Ärmeln rieselte Brüsseler Spitze herab, ihre steifen Mieder waren nach spanischer Art so fest geschnürt, dass man ihre Brüste allenfalls erahnen konnte, die Ausschnitte hoch geschlossen. Schwere hölzerne Giebelhauben umrahmten ihre Gesichter und verbargen sie größtenteils.
    Die Frauen waren von unterschiedlicher Größe und Statur, die eine biegsam und schmal, die andere kräftig, beinahe grob anzuschauen. Sie hielt sich einen maurischen Fächer vors Gesicht und runzelte ärgerlich die Brauen, als der Zwerg auf sie zutobte und ihr seinen angewinkelten Arm anbot – ungefähr auf der Höhe ihres Knies.
    »Darf ich Euch, schöne Lady, zum Mahl begleiten?«
    »Lass das, du Narr«, zischte die Dame mit rauer Stimme.
    »Señor Lambert«, tadelte Chapuys und rückte einen Stuhl für Lunetta – die andere Dame – zurecht. »Ein wenig mehr Haltung bitte. Heute ist die letzte Gelegenheit, Euch in der Rolle eines schicklichen Hoffräuleins zu üben, das am besten zu allem schweigt! Eure Stimme ist nicht zu maskieren, denkt daran.«
    Das Äffchen sprang von den Gobelinstangen hinab, flitzte durch den Raum, krallte sich in Lamberts ungewohnte Gewänder und erklomm seine Schulter. Er fluchte leise. »Ihr macht mich zum kompletten Narren!«
    Der Zwerg grinste. »Das Tier liebt Euch. Eine große Ehre, es verschenkt seine Gunst nur selten.«
    Lambert wollte das Äffchen von seiner Schulter heben, aber es sträubte sich und kreischte.
    »Seine Zuneigung ist sehr besitzergreifend«, bemerkte der Zwerg.
    Lunetta unterdrückte ein Lachen.
    Sie nahmen an der Tafel Platz, doch niemand schien rechten Appetit auf gefüllten Kapaun, Mandelsuppe und Marzipantorte zu verspüren. Sie nahmen nur winzige Bissen. Chapuys griff nach einer Orange, schälte sie mit einem zierlichen Messer, legte das Fruchtfleisch beiseite und schnitzte aus der duftenden Schale kleine Kreuze.
    Lunetta beobachtete ihn gespannt.
    »Werdet Ihr uns nun endlich die überwältigende Bedeutung der Orangen erklären?«, fragte sie neugierig.
    Chapuys nickte. »Gewiss, mein Kind. Als meine treuen Verbündeten habt Ihr ein Anrecht darauf. Es ist ein ganz simpler, aber wirkungsvoller Trick, den Cromwell anscheinend nicht bedacht hat.«
    Er schnippte mit den Fingern nach dem Zwerg. Sein Narr öffnete ein hübsch geschnitztes Briefkästchen, das auf einer Anrichte stand, und eilte mit einem Schreiben herbei.
    »Öffnet das«, sagte Chapuys und reichte das Papier an Lunetta weiter. Sie entfaltete es, und ein Rosenkranz aus Orangenschalen-Kreuzen fiel ihr in den Schoß.
    »Euer Vater hat ihn gefertigt. Sein Yeoman hält ihn für einen der religiösesten Männer, die er je bewacht hat«, sagte Chapuys. »Und nun lest!«
    Lunetta wendete das Papier hin und her und zuckte die Achseln. »Es enthält keine Botschaft.«
    Chapuys lächelte. »Aber riecht es nicht köstlich? Eine parfümierte Botschaft der Liebe. Ah, ich genieße den Geruch von Orangen, es ist der Duft Spaniens.«
    Lunetta verzog ärgerlich den Mund. »Chapuys, Eure Scherze sind wirklich strapaziös.«
    »Geht zum Feuer und haltet das Papier ein wenig gegen die Flammen, nicht zu nah, sonst verbrennt Ihr den letzten Gruß Eures Vaters an Euch. Der Zwerg nahm ihn am Morgen aus den Händen des Grafen entgegen.«
    Lunetta lief zum Feuer und tat wie geheißen. Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann kamen auf dem leeren Papier bräunliche Buchstaben zum Vorschein. Verblüfft las sie die Nachricht, die eindeutig von der Hand ihres Vaters stammte.
    »Mein liebes Kind. Vertraue Don Eustace. Er hat mich gelehrt, wieder an Wunder zu glauben, und ich weiß, dass du sie vollbringen kannst. Du hast es bereits getan, indem du mich über den Tod deiner Mutter hinweggetröstet hast. In dir lebt ihre Liebe fort. Mein Kind, wage nicht zu viel. Es wäre mein größter Kummer, wenn du Schaden nähmst. Ich bete für dich wie in jeder Nacht. Möge unser Plan gelingen. Gott segne und behüte dich.«
    »Das ist erstaunlich«, sagte Lunetta und lief zu Lambert, der den Brief ebenfalls

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