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Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Tarotspielerin: Zweiter Band der Tarot-Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marisa Brand
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keinen Harnisch.«
    Lunetta trieb Ariadne zwischen die Kämpfer. Lambert zögerte nicht, er erklomm behände ihr Pferd. Lunetta gab Ariadne ein Zeichen mit den Fersen, sie stieg. Höher als zuvor ruderte sie mit den Vorderhufen in der Luft. Der Gardist riss seine mörderische Waffe heldenhaft nach oben, musste jedoch vor den tödlichen Hufen des Pferdes weichen.
    Ariadne gewann wieder Boden, machte einen gewaltigen Satz nach vorn und galoppierte an; unter ihren jagenden Hufen flogen Rasenstücke auf. Lambert schlang von hinten den rechten Arm um Lunetta. Das Mädchen jagte über den Rasen direkt auf Heinrichs Kavalkade zu. Dessen Edelleute überlegten nicht lange, sie gaben ihren Pferden die Sporen.
    Mit Jubelgeschrei stürmten sie auf das Wildpferd zu. Gewiss war dies eine der ritterlichen Inszenierungen, die ihr Gebieter so liebte: gespielte Zweikämpfe, nachgestellte Waffengänge, romantische Szenen aus den großen Sagen um König Artus, mit dem Heinrich sich so gern verglich.
    Doch Lunetta verdarb ihnen die Freude am Spiel. Sie lenkte Ariadne quer übers Feld, zügelte es abrupt und suchte eine Lücke unter den Zuschauern.
    »Was tust du?«, schrie Lambert. »Wir müssen fliehen!«
    »Das habe ich vor. Sitz aufrecht und mach dich bereit für einen gewaltigen Sprung!«, rief Lunetta.
    »Über die Schranken? Hast du so etwas je zuvor gemacht, kleine Akrobatin?«
    »Nur im Traum.« Sie drehte sich rasch um und küsste seinen Mund. Dann ließ sie Ariadne einen Halbkreis traben, drückte ihr nachdrücklich die Fersen in die Flanken. Die Stute begriff, verfiel in einen flüssigen, raumgreifenden Galopp.
    »Womit habe ich den Kuss verdient?«, schrie Lambert.
    Schnell wie ein Windspiel jagte Ariadne direkt auf eine der schenkelhohen Schranken zu.
    »Ich musste es tun, für den Fall, dass der Sprung schiefgeht! Und jetzt wirf dein Herz über das Hindernis und spring ihm hinterher!«
    Ariadnes Rücken wölbte sich, Lambert spürte, wie sich die Muskulatur ihrer Hinterhand zusammenzog. Die Stute winkelte die Hinterläufe, drückte sich mit wilder Kraft ab, zog die Vorderläufe an – und sie flogen.
    »Dieser deutsche Kaufmann riskiert viel«, murmelte beim Podest der Schmiede Lamberts Tischgenosse vom Mittag.
    »Kennt Ihr ihn?«, fragte der Zunftmeister der Schmiede.
    Der Londoner Rüstungshändler schüttelte seufzend den Kopf. »Nur flüchtig. Gebe Gott, dass es nicht zur Mode wird, Rüstungen und Waffen unter Einsatz des Lebens zu präsentieren.«
    Am Abend der denkwürdigen Beschussprobe nahm der Gauklerführer vom Diener des Haushofmeisters eine stattliche Summe in Empfang.
    »Dem König hat Eure Vorstellung gefallen. Aber sagt, welchen von Artus’ Rittern habt Ihr darstellen wollen? Mir sind keine Geschichten bekannt, in denen die Frau ihren Ritter vom Hof entführt.«
    »Nun«, begann der Gauklerführer gedehnt. »Es sollte ein Anklang an die Kammerzofe Lunete sein. Ihr wisst, dass sie dem Ritter Iwein aus mancher Klemme half.«
    »Lunete? Hm. Wo ist die kleine Reiterin übrigens hin?«
    Wenn ich es wüsste, würde ich ihr den Hintern versohlen, dachte der Gauklerführer. Seine Ariadne zu entführen!

8.
    L ONDON , 31. J ANUAR 1536
    Einem Hagelschauer gleich, stieß ein Schwarm Tauben vom Dach der Themseschenke herab. Ihr prasselnder Flügelschlag weckte Lunetta. Sie lag in den Armen Lamberts und wusste nun, dass seine Lippen köstlicher als Trauben und Zimt schmeckten und die Lust zwischen Liebenden ein seltsames Fieber war, das sich erhöhte, je mehr man versuchte, sich davon zu befreien.
    Nur spärlich drang das Licht eines neuen Tages durch die Ritzen der Fensterläden. Die unbestimmte Stunde, das Dämmerlicht und der Nachhall der sinnlichen Freuden der vergangenen Nacht riefen ein seltsam zeitloses Empfinden in ihr hervor. So musste es sich anfühlen, auf einer Insel der Glückseligkeit zu leben. Gelöst von Raum und Zeit.
    Lunetta schloss die Augen, sog den herben Duft seiner Haut ein. Sie schmiegte die Wange in die warme Grube zwischen Lamberts Hals und seiner Schulter. Die Bewegung genügte, um ihren Liebhaber zu wecken. Er drehte den Kopf zu ihr hin und rutschte lächelnd von ihr ab, um sie zu betrachten.
    »Guten Morgen, schöne Gauklerin«, wisperte er rau. Lunettas Herz zog sich unter dem Klang seiner Stimme zusammen in einer Mischung aus Freude und dem Wiedererwachen schmerzlichen Begehrens. Leid und Lust schienen Geschwisterkinder zu sein. Lamberts Augen waren ihr Himmel. Wie hatte sie je an Eis

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