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Das Geheimnis der toten Vögel

Das Geheimnis der toten Vögel

Titel: Das Geheimnis der toten Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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Ostseite ist es niedriger, da muss man nur an dem Stacheldraht vorbei.« Sie ging den Gang hinunter. Er ließ ihre Schulter nicht los, und als sie sich zu ihm drehte, legte er seine Wange an ihre, suchte ihren Mund und gab ihr einen kleinen Kuss. Sie beantwortete ihn nicht, sondern starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. Er begann zu lachen. Sie sah zu lustig aus.
     
    »Wenn wir eine Bank hierherschieben, können wir zum Fenster hinaufklettern. Wenn man dann den Stacheldraht ein wenig abschneidet, müsste man durchkommen und auf die Straße hinunterspringen können. Es ist nicht sonderlich hoch.«
     
    Sie sprach schnell und gepresst. Es durfte nicht geschehen. Das Verlangen steckte in ihrem Körper und machte sie zu einem leichten Opfer für Berührungen. Wie lange war es her, dass jemand sie so berührt hatte? Er ist verheiratet! Und es wird mir nur wehtun, dachte sie wieder und wieder. Ich will kein kompliziertes Leben, ich will nicht betrogen werden. Denk an Nina, sie braucht ihn jetzt mehr denn je. Ich muss hier raus, sofort!
     
    »Wenn du es wirklich für notwendig hältst, meinetwegen. Ich habe ein Schweizer Taschenmesser dabei. Aber irgendwie finde ich es schade. Ich mag es, mit dir eingeschlossen zu sein. Es fällt mir wirklich niemand ein, mit dem ich lieber eingeschlossen wäre. Kannst du es nicht auch etwas gemütlich finden? Wir sind beide Opfer des Zufalls, niemand ist schuldig. Das ist doch die Chance, oder?«
     
    »Lass uns die Bank dort hinschieben, dann können wir leichter rausklettern.«
     
     
    Als sie wieder draußen waren, rief Maria ein Taxi. Jonatan nahm sie zum Abschied in den Arm und bedankte sich für den schönen Abend. Sie merkte, dass er an ihrem Haar roch und seine Hände langsam über ihren Rücken gleiten ließ. Sie stand ganz still, konnte der Zärtlichkeit nicht widerstehen. Es fühlte sich wunderbar an.
     
    »Du riechst genau richtig«, sagte er.
     
    »Wie, richtig?«, lachte sie und ließ ihn los.
     
    »Das hat etwas mit den Pheromonen zu tun. Kommst du mit zu mir? Ich meine, ich fände es schön.«
     
    »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Ich mag dich, Jonatan, und ich will dich gern wiedersehen. Aber du bist verheiratet und hast eine Frau, die dich braucht, und einen Malte, der sowohl seine Mama als auch seinen Papa liebt.«
     
    »Ach, so habe ich das gar nicht gemeint. Ich dachte, wir könnten Memory spielen oder einen Kaffee trinken oder so. Ich hoffe doch, dass du nichts anderes gedacht hast.« Er lachte hinterhältig und half ihr ins Taxi. »Wenn du es jetzt gleich bereust, wird es billiger, als wenn du erst nach Klinte fährst und es dir dann auf halbem Weg anders überlegst.«
     
    »Vielleicht ein andermal, Jonatan.« Sie fühlte sich stark und voller Selbstdisziplin, als sie das sagte, doch noch ehe das Taxi aus der Stadt war, war sie in ihrer Phantasie schon in seinem Arm, in der Ruine eingeschlossen, wo keine Augen und keine Ohren sie beobachteten. Sie spürte noch immer sein Streicheln auf ihrem Rücken, und es ließ ihr keine Ruhe.
     
     
    31
     
    Die Scheibenwischer fegten den Regen in großen trägen Wellen davon, und die Wolkendecke lag dick über den Hausdächern. Hartman war besorgt. Marianne hatte gestern den ganzen Tag vergeblich versucht, ihren Arzt zu erreichen.
     
    »Sie hatte vor einiger Zeit eine Lungentransplantation und nimmt Medizin, die die Immunabwehr verringert. Damit sollte sie doch eigentlich zu denen gehören, die zuerst Impfstoff und antivirale Medikamente bekommen«, sagte er aufgebracht zu Maria, als sie zusammen ins Polizeiquartier in Visby fuhren. »Die Frage ist, ob es überhaupt noch Medikamente gibt, wenn alle Leute in wichtigen Positionen und diejenigen, die sich die Medikamente leisten können, ihren Teil bekommen haben. Wir haben tatsächlich schon darüber gesprochen, einen Kredit aufzunehmen. Das wird nicht einfach, denn wir haben natürlich schon eine Hypothek auf das Haus. Aber ich würde es mir nie verzeihen, wenn Marianne krank würde und wir die Möglichkeit, es zu verhindern, nicht genutzt hätten. Koste es, was es wolle.«
     
    »Wenn Marianne sich nicht um Linda gekümmert hätte, dann hätte ich nicht arbeiten gehen können. Es gehört doch alles zusammen. Wer ist denn wichtig, und wer weniger? Ich bin so froh, dass ich Marianne und dich habe. Ich weiß nicht, wie ich das mit Linda sonst gelöst hätte, da sie nicht bei ihrem Vater sein will.«
     
    »Das beruht auf Gegenseitigkeit. Marianne war seit

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