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Das Geheimnis der toten Voegel

Das Geheimnis der toten Voegel

Titel: Das Geheimnis der toten Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
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er nur lange genug dasteht und ihnen beim Kaffeetrinken zuschaut, fragen, ob er eine Zimtschnecke will. Maria setzte sich neben ihn.
    »Ich heiße Maria und bin Polizistin. Ich habe kürzlich deinen Vater kennengelernt. Er hat große Sehnsucht nach dir, Malte, und er wäre gern bei dir, aber das kann er gerade nicht. Da sind noch andere Kinder, die sehr schlimm krank sind, und er hilft ihnen, wieder gesund zu werden. Wenn diese Vogelgrippe vorbei ist …«
    »Das tut er überhaupt nicht, denn Mama und ich sind ihm scheißegal.«
    »Sagt deine Mama das?«
    »Mama sagt gar nichts, die schläft bloß. Ich hab versucht, sie zu wecken, aber das geht nicht. Sie schläft nur und schläft und schläft … Sie ist auf dem Fußboden im Badezimmer eingeschlafen und hat sich total vollgekotzt. Ich hab ihren Kopf geschüttelt und sie in die Nase gekniffen. Aber sie hat nicht mal die Augen aufgemacht. Denn sie schläft und schläft und schläft – hundert Jahre lang.«
    »Wenn du hier sitzen bleibst, dann bitte ich deine Oma, aus dem Taxi zu kommen. Ich habe sie nämlich dabei. Wenn ihr dann eine Weile hierbleibt, dann komme ich nachher und hole euch ab. Wo wohnst du denn, weißt du das?«
    Maria spürte, wie die Unruhe angekrochen kam. Der Gedanke an eine sterbende Frau auf einem Badezimmerfußboden drängte sich auf. Vielleicht fing man an so zu denken, wenn man länger in dieser Branche gearbeitet hatte, eine Berufskrankheit.
    »Natürlich weiß ich das. Ich wohne in der Vikingagatan.«
    »Hast du einen Hausschlüssel?« Der Junge leerte langsam seine Taschen von Playmobilfiguren, Kaugummis und Verschlusskappen und fand schließlich den Schlüssel. Maria holte Maltes Oma und ging rasch zum Taxi zurück.
     
    Das weiße Einfamilienhaus lag in Grün eingebettet. Ein paar Kinder spielten mit ihren Fahrrädern auf dem Bürgersteig. Sie hatten Pappstückchen in die Speichen gesteckt, um knatternde Geräusche zu erzeugen. Der kleine Junge, der vorbeifuhr, wäre fast in Maria hineingefahren, die in letzter Sekunde beiseite sprang. Ein kleines Idyll.
    Maria bezahlte das Taxi und betrat den Garten, in dem das Gras lange nicht geschnitten worden war. Auf dem blau gestrichenen Gartentisch lagen eine leere Weinflasche und ein paar Spielzeugautos aus Plastik. Über die Holzbank war eine vergessene Kinderjacke geworfen. Die Vordertür war verschlossen. Maria klingelte und überlegte gleichzeitig, was sie Makes Mutter sagen würde, wenn sie aufmachte. Sie ließ es noch mal klingeln, diesmal etwas länger. Drinnen kein Lebenszeichen. Mit Hilfe von Maltes Schlüssel verschaffte sie sich Zugang.
    In dem großen hellen Flur schlug ihr ein scharfer, etwas muffiger Geruch entgegen. Sie rief nach Nina Eriksson. Abgesehen von dem sturen Summen einer Fliege am Fenster war es völlig still. Frische Blumen in einer Vase vor dem Spiegel. Teure Möbel und tadellos saubere Fußböden. Es wirkte nicht so, als würden sie im Elend leben. Was Malte sagte, konnten natürlich auch Hirngespinste sein oder irgendetwas, was er im Fernsehen gesehen oder geträumt hatte. Sie eilte weiter, auf der Suche nach dem Badezimmer, und kam an einem Wohnzimmer vorbei, das vom Boden bis zur Decke mit Bücherregalen eingerichtet war. Mitten im Zimmer stand eine riesige Ledergarnitur, dazu große Grünpflanzen und exklusive Bodenvasen.
    Die Tür zum Badezimmer war offen, und dort lag auf dem blauen Kachelfußboden eine blonde Frau auf dem Rücken. Maria hockte sich neben sie. Spürte einen schwachen Puls. Kaum feststellbare Atmung. Die Frau war klein und dünn, und es bereitete keine Schwierigkeiten, sie in die stabile Seitenlage zu bringen. Sie versuchte so gut es ging, die Reste von altem Essen aus dem Mund der Frau zu holen. Das T-Shirt, das einzige Kleidungsstück, das sie trug, war braun von Erbrochenem. Maria würgte und drehte sich für den nächsten Atemzug weg. Fasste in etwas Klebriges und stand auf, um sich die Hände abzuspülen. Auf jeden Fall lebte die Frau. Der Gedanke daran, was sie hätte tun müssen, wenn da keine Atmung und kein Puls gewesen wäre, ließ ihr erneut die Übelkeit im Hals hochsteigen. Schon die Vorstellung, bei jemandem, der sich eben übergeben hatte, eine Mund-zu-Mund-Beatmung vornehmen zu müssen, ekelte sie an. Maria holte ihr Handy heraus und wählte den Notruf. Besetzt, obwohl sie es mehrmals versuchte. Noch einmal. Hatte sie vielleicht die falsche Nummer gewählt, oder riefen da jetzt so viele Leute an? Maria ging wieder in die Hocke und

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