Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der toten Voegel

Das Geheimnis der toten Voegel

Titel: Das Geheimnis der toten Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Jansson
Vom Netzwerk:
Hause ist, wegen Einbrechern und so«, hatte sie im Vorübergehen gesagt. Nein, sie hatte ihn die ganze Woche nicht gesehen. Das Auto auch nicht.
    Yrsa ging zur Abstellkammer unter der Treppe und machte sie auf, um zu sehen, ob seine Reisetasche weg war. Nein, seine abgewetzte alte Tasche war noch da, aber Yrsas eigene schwarze Wochenendtasche war weg. Sie ging weiter zu seinem Kleiderschrank und versuchte herauszufinden, was fehlte. Der schwarze Anzug war noch da und das Sakko mit den Lederflicken auf den Ärmeln auch. Er musste Jeans und Lederjacke angehabt haben. Ein paar schwarze T-Shirts und die Turnschuhe fehlten. Die Polizei hatte sie um ein Foto gebeten und sie aufgefordert, darüber nachzudenken, was er wohl anhaben könnte.
    Was war eigentlich los? Wo konnte er sein, und warum hatte er seinen Pass mitgenommen? Sein Duft hing immer noch in den Kleidern. Yrsa drückte seinen Pullover an ihr Gesicht und schloss die Augen. Ließ sich von seinem Geruch umfangen. Ein klein wenig Sicherheit war darin. Das Gefühl, dass sie jeden Moment das Geräusch von Autoreifen auf dem Schotterweg hören könnte und dass er sie im nächsten Moment im Arm halten und eine Erklärung bereithaben würde.
    Einem schnellen Impuls folgend, grub sie in den Taschen seiner Hosen und Jacketts, um einen Zettel mit einer Adresse oder einer Telefonnummer zu finden. Sie wusste nicht, was sie eigentlich suchte. Sie fand nichts. Sie hatte alle angerufen, die sie erreichen konnte, ehe sie mit der Polizei Kontakt aufgenommen hatte. Ohne Ergebnis. Niemand wusste etwas. Die Polizisten hatten gesagt, dass sie ihn suchten, weil Sandra Hägg tot war. Erst jetzt vermochte sie sich diesem Gedanken zu widmen. Sandra Kassandra mit den schwarzen kurzen Haaren und dem Lächeln, das alle zum Schmelzen brachte. Sie selbst war wie verzaubert gewesen und hatte den Blick nicht von ihr abwenden können. Es war nicht nur das Lächeln, es war ihre ganze Art, sich zu bewegen. Sie strahlte Selbstvertrauen, Sensibilität und Lebensfreude aus. Florian war nicht unbeeindruckt geblieben. Es war einfach geschehen. Direkt vor ihren Augen, und sie hatte keine Macht gehabt, etwas dagegen zu tun.
    Yrsa goss sich noch einen Becher Kaffee ein. Er hatte eine Weile auf der Kochplatte gestanden und hatte einen strengen Nachgeschmack. Sie setzte sich an den Küchentisch, stand aber schnell wieder auf, sie konnte keine Ruhe finden. Also nahm sie den Kaffeebecher und ging ins Wohnzimmer. Suchte in den Schubladen nach Fotos und fand ein Porträt von Florian. Er lächelte in die Kamera und entblößte dabei seinen Goldzahn. Sie hatte immer gefunden, dass er ihm etwas Freches verlieh. Als sie das Bild sah, überfiel die Sorge sie wieder wie ein Faustschlag in den Magen. Florian, wo bist du? Sie warf das Foto von sich, mochte es nicht sehen.
    Der Bildschirm und die Tastatur waren noch da. Deshalb hatte sie nicht gemerkt, dass der Computer verschwunden war. Und in diesem Moment tauchte eine Erinnerung auf. Vorige Woche hatte Florian am Computer gesessen, und als sie ins Zimmer gekommen war, genau wie sie es jetzt tat, hatte er das Programm gewechselt. Sie hatte probiert, aus dem Raum zu gehen und schnell wieder zurückzukommen. Da war dasselbe geschehen. Er wechselte das Programm. »Wem schreibst du?«, hatte sie gefragt, und er hatte ausweichend etwas von Arbeit und Schweigepflicht gemurmelt.
    Sandra Hägg. Sie waren sich das erste Mal bei Florians Schwester begegnet. Ebba arbeitete im Krankenhaus und hatte anlässlich ihres vierzigsten Geburtstages ihre Arbeitskollegen nach Hause eingeladen. Yrsa hatte ihr bei dem Büfett geholfen. Ebba war nicht sehr häuslich und hatte erwogen, eine Cateringfirma zu beauftragen, aber Yrsa war hartnäckig geblieben. Das sei doch unnötig teuer, hatte sie gesagt. Etwas Quiche, kalter Braten und ein großer Salat, das sei doch kein großes Problem.
    Natürlich war viel über Krankenpflege und andere Intimitäten geredet worden – Gesprächsthemen, die Menschen ohne Bezug zu diesem Beruf bei Tisch meiden würden. Doch schon bald erreichte die Diskussion derartige intellektuelle Höhen, dass nur noch Sandra und Florian den Mund aufmachten. Die hatten umso mehr zu sagen, und die anderen lauschten geduldig, auch wenn sie längst nicht alles über Impfstoffherstellung, Randomisierung, Ratifizierung und Weltpatente begriffen. Yrsa war es ziemlich schnell leid gewesen und hatte sich in die Küche zu Ebba geflüchtet.
    »Wer ist denn diese Dunkelhaarige, mit

Weitere Kostenlose Bücher