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Das Geheimnis der Totenkiste

Das Geheimnis der Totenkiste

Titel: Das Geheimnis der Totenkiste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ERROL LECALE
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Zimmer feilboten.
    Das häßlichste Haus war zweifellos die Nummer sieben, Besitzer Mr. und Mrs. Huggett. Die beiden redeten gerade in ihrem mit Nippesfiguren und allem möglichen Krimskram vollgestopften Wohnzimmer, das sie großspurig Salon nannten, aufeinander ein. Leere Ginflaschen waren auf dem durchgetretenen Teppich verstreut, und auf den überladenen Möbelstücken lag dicker Staub.
    Mr. und Mrs. Huggett sahen eher wie Geschwister aus als wie ein Ehepaar. Beide hatten das gleiche längliche, an Ratten erinnernde Gesicht, und Bartstoppeln von derselben Farbe, wenn auch Mrs. Huggetts Härchen etwas kürzer und weicher waren. Der Salon stank nach verfaulten Blumen, toten Mäusen und ähnlichen angenehmen Gerüchen, und war offenbar seit Jahren nicht mehr gelüftet worden.
    Die beiden unterhielten sich über den Gegenstand, den Mr. Huggett mit der Rechten in die Luft warf und wieder auffing. Es handelte sich um eine goldene Münze, die glitzerte, soviel das ärmliche Licht es eben zuließ, das durch die verdreckten Scheiben drang.
    »So etwas hab ich noch nie gesehen«, brummte Mrs. Huggett, »und ich glaub auch nicht, daß es Geld ist.« Sie warf die strähnigen Haare zurück. »Ich mein, wo ist denn da der Kopf von der Königin und das ganze Zeug?«
    »Ausländisch«, erklärte Mr. Huggett überzeugt. »Schau dir doch den Adler an. Russisch vielleicht. Rubel oder so… Ich wett jedenfalls, daß es Gold ist. Schon allein das Gewicht. Sicher es könnt Blei sein mit Goldüberzug. Aber ich hab grad daran gekratzt, und man sieht nichts als Gold. Ah, es ist bestimmt Gold, und es ist fünfmal so groß wie ein Sovereign. Außerdem, wir haben es angenommen, und er ist bereits eingezogen – er wohnt schon im Zimmer…«
    »Fünf Pfund!« Mrs. Huggett atmete heftig. »Glaubst du wirklich?« »Ich lauf mal rüber zu Ikey und frag, was er meint.« Atemlos kam Mr. Huggett nach wenigen Minuten
    vom Pfandleiher zurück. Seine Augen leuchteten vor Aufregung.
    »Es ist echtes Gold«, keuchte er. »Er hat mir sechs Pfund zehn geboten, ’s ist ein Doppeladler, hat er gesagt, von irgend so einem Balkanland.«
    »Sechs Pfund zehn für eine Übernachtung!« Seine Frau konnte es gar nicht fassen. »Wo wir sonst nich mal zwei Schilling kriegen… O Harry…«
    Ihr Blick sagte, wo es so etwas gab, mußte noch mehr zu holen sein. Er sagte auch, daß ihr merkwürdiger Zimmerherr mit dem ausländischen Akzent den Wert seines eigenen Geldes nicht kannte.
    »Seine schwarze Kiste«, brummte Mr. Huggett. »Er führt sich recht eigen damit auf. Wollte nicht mal, daß ich sie auch nur anlang.«
    Sein gerissenes Lächeln versprach, daß es nicht lange dauern würde, ehe sie wußten, was sich in der schwarzen Kiste befand – und sie ihren Anteil hatten. Er hatte in beiden Fällen recht. Aber hätte er gewußt, was dieses Wissen ihm bringen würde, er wäre schreiend aus dem Zimmer und aus dem Haus auf die Hoggerty Street gerannt und nie zurückgekehrt.
    Eli Podgram betrachtete die recht anrüchige Versammlung in der Halle am Dock. Er lächelte leicht. Zumindest würde keiner diese Bande von Bettlern, Hausierern und Landstreckern mit der Polizei in Verbindung bringen.
    »Ich danke Ihnen für Ihr Erscheinen, meine Herren«, begrüßte er sie vom Rednerpodium. »Sie werden feststellen, daß Sie Ihre Zeit dafür nicht umsonst opfern. Kommen wir als erstes zu Ihrer Entschädigung. Jeder von Ihnen erhält pro Tag einen Sovereign, bis der Fall sein Ende gefunden hat.«
    Er hatte ihre sofortige und eingeschränkte Aufmerksamkeit. Von diesen Leuten hatten wenige je einen Sovereign besessen – jedenfalls keinen ehrlich verdienten.
    »Und nun zu diesem Fall, und was ich von Ihnen erwarte. In der Dockgegend hält sich ein Mann auf, den Sie für mich finden sollen. Er ging gestern abend von Bord eines neueingelaufenen Schiffes. Und so sieht er aus: Erist groß, trägt einen dunklen Umhang und einen breitkrempigen Hut, der sein Gesicht verbirgt. Er spricht sehr wahrscheinlich mit einem ausländischen Akzent. Das Auffallendste an ihm sind die Augen, die geradezu zu glühen scheinen. Haben Sie das alles mitgekriegt?«
    Kopfnicken und bestätigende Rufe antworteten ihm.
    »Noch auffälliger jedoch ist die Kiste, die er bei sich trägt – sie ist schwarz, schmal und lang, so groß etwa wie ein Mann –, das heißt, er trug sie bei sich, als er nach einer Unterkunft suchte, die er inzwischen sicher gefunden hat. Er wird sich tagsüber keinesfalls auf der

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