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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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wehrlos und ausgeliefert wie ein in die Enge getriebenes Tier.
    Er wird mir schon nichts tun, sonst hätte er mich doch schon längst umgebracht , versuchte sie, sich zu beruhigen. Doch sie kam nicht an gegen die Furcht, die sie mit eisigem Griff umklammert hielt und sie am ganzen Körper zittern ließ. Unwillkürlich entrang sich ihr ein Wimmern, als die hagere Gestalt das Schloss aufsperrte und den Raum betrat.
    Erleichtert stellte sie fest, dass es sich bei dem Eintretenden nicht um Leonhard Stefenelli handelte. Unter der weiten grauen Kapuze sah sie ein vogelartiges Gesicht, eine lange, spitze Nase und glasharte graue Augen, die sie mit stechendem Blick fixierten. Von dem Mann ging eine kalte Feindseligkeit aus. Er hielt eine Fackel in den Händen, die er nun in eine Wandhalterung steckte.
    In dem flackernden Licht konnte Katharina sehen, dass sie sich in einem gewölbeartigen Raum befand, dessen Mauerwerk aus massiven Felssteinen bestand. An der Stirnseite, wo auch die Eingangstür war, waren dicke Eisenstäbe in Boden und Decke eingelassen.
    »Das ist ja ein Kerker«, entfuhr es ihr bange.
    »Ja, es handelt sich hierbei tatsächlich um ein altes, nicht mehr genutztes Verlies. Mitnichten aber seid Ihr eine Gefangene«, erwiderte der Fremde und bemühte sich um ein begütigendes Lächeln. »Mein Name ist Kilian von Hattstein, Ihr befindet Euch im Hause des Henkers am sogenannten Rabenstein, das unserer Bruderschaft als Versammlungsort dient. In diesem Raum hier, den Meister Hans auch als Arbeitsraum nutzt, halten wir unsere Zusammenkünfte ab oder beherbergen, wie in Eurem Falle, unsere Gäste.«
    Der Graureiher! , begriff Katharina. Genau so hatte ihr Anna den ehemaligen Seelsorger ihrer Schwester beschrieben. Sie fühlte eine starke Aversion gegen den hageren Mann im grauen Ordensgewand in sich aufsteigen. Von ihm ging eine Gefühlskälte aus, die sie erschauern ließ. Seinen eisgrauen Augen mit den kleinen stechenden Pupillen schien nichts zu entgehen.
    »Der Bruderschaft ist daran gelegen, dass Ihr behaglich untergebracht seid und es Euch an nichts mangelt«, erklärte er salbungsvoll. »Ich werde Euch jetzt frische Kleidung, eine warme Decke sowie Speis und Trank bringen. Und wenn ich zurück bin, werde ich Euch mehr von unserer Bruderschaft erzählen, der Ihr die Ehre habt, künftig anzugehören.« Kilian von Hattstein verbeugte sich höflich, ergriff eine Öllampe, die auf dem Wandbord stand, entzündete sie an der Fackel und entschwand durch die Kerkertür, die er hinter sich ins Schloss fallen ließ.
    Katharina ließ ihre Blicke durch das Gewölbe schweifen. Vor der Wand stand ein langer Tisch, über den eine schwarze, mit goldglitzerndem Garn bestickte Samtdecke gebreitet war. Im Lichtschein erkannte sie darauf einen überlebensgroßen Totenschädel mit einer juwelenbesetzten Krone, der sie hämisch angrinste. Über ihm war ein goldener Schriftzug angebracht, den sie nicht zu entziffern vermochte. Der Stoff fühlte sich weich und geschmeidig an und wirkte sehr kostbar.
    Auf der Mitte des Tisches lag ein Buch. Es war in schwarzes Leder gebunden, auf dem gleichfalls der gekrönte Totenschädel prangte. Rings um den Tisch standen sieben schwarze Stühle.
    An den Steinwänden des fensterlosen Raumes waren Holzregale aufgestellt, auf denen verschiedene Gefäße standen. Sie näherte sich dem Wandbord, um die Gegenstände genauer in Augenschein nehmen zu können. Es waren Mörser und Stößel in unterschiedlichen Größen, aus Steingut, Holz oder Ton. Daneben entdeckte sie eine lange Reihe von Tiegeln und Gläsern, die mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt waren. Katharina nahm ein zylinderförmiges Glas herunter, das mit einem Deckel versehen war, und hielt es ins Licht. Mit Entsetzen erblickte sie in der wässrigen Lösung ein menschliches Herz, und vor Schreck wäre ihr das Gefäß fast entglitten. Mit zittrigen Händen stellte sie es wieder ins Regal zurück. Katharina hatte als Totenwäscherin schon mehreren Einbalsamierungen beigewohnt und kannte die Beschaffenheit der menschlichen Organe. Dennoch konnte sie sich einer Beklommenheit nicht erwehren, als sie beim Betrachten der anderen Glasgefäße feststellte, dass sie gleichermaßen menschliche Innereien und Knochenteile enthielten.
    »Davor braucht Ihr Euch nicht zu fürchten«, erklang plötzlich die Stimme des Grauen aus dem Hintergrund. Katharina schreckte zusammen. Sie hatte seine Rückkehr gar nicht bemerkt. Widerwillig wandte sie sich zu ihm

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