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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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helfen sich gegenseitig bei ihren Bluttaten. – Sagtet Ihr nicht, Sahl habe noch eine Tochter, die Totenwäscherin sei? Vielleicht haben wir da ja eine Mittäterin.«
    Der Pfarrer nickte nur kurz und schwieg beklommen. Wenn er auch Heinrich Sahl vor allem wegen seiner Trunksucht nicht besonders geschätzt hatte, hielt er doch große Stücke auf dessen Tochter Katharina, die eine fleißige, aufrechte Person war. Schließlich kannte er die junge Frau, seit sie ein kleines Mädchen war. Die Vorstellung, dass auch sie sich solch schrecklicher Dinge schuldig gemacht haben könnte, befremdete ihn.
    Es war spät geworden, als der Inquisitor, begleitet von zwei bewaffneten Fackelträgern, aufbrach, um sich zum Dominikanerkloster zu begeben, wo dem hohen Ordensbruder während seines Aufenthalts in Frankfurt eine komfortable Schlafstatt zur Verfügung gestellt worden war. Auf ihrem Weg durch die düsteren Gassen huschten immer wieder Ratten an ihnen vorbei. In dem vom Wind wild flackernden Fackellicht hatte es den Anschein, als wichen die Nagetiere vor der hohen Gestalt in der braunen Mönchskutte angstvoll zurück. Ganz so, als gewahrten sie in ihm ihren Meister, den Herrn der Finsternis.
     
    Aus den Aufzeichnungen
eines jungen Mönchs
    Im weitläufigen Kapitelsaal der Zisterzienserabtei Marienstatt im Westerwald herrschte Stille. Die ehrwürdige Zuhörerschaft, die aus dem Abt und den ihm nahestehenden führenden Klosterbrüdern bestand, hatte ihre gesamte Aufmerksamkeit dem jungen Mönch am Rednerpult zugewandt.
    Die sonst so kühlen grauen Augen des gelehrten Bruders glänzten fiebrig wie die eines Betrunkenen. Und er war trunken, trunken vor Begeisterung über seinen Schatz, den er vor nunmehr acht Tagen zufällig im Boden einer morschen alten Büchertruhe in der Klosterbibliothek entdeckt hatte. Seitdem hatte er kaum noch geschlafen, sondern in jeder seiner knapp bemessenen freien Minuten diese wunderbar erhaltene alte Schrift studiert. Sie war in Hebräisch verfasst und auf Papyrus niedergeschrieben: Die Apokalypse des Jakobus.
    Ein unmerkliches Beben durchlief seinen hageren Körper, als er mit fast zärtlicher Geste über die aufgeschlagene Seite strich und mit leicht zitternder Stimme zu lesen begann:
    »Sucht also den Tod wie die Toten, die das Leben suchen. Denn solchen wird sich zeigen, was sie suchen. Wenn ihr nach dem Tode sucht, wird er euch zeigen, dass ihr auserwählt seid. Denn ich sage euch, dass von denen, die sich vor dem Tod fürchten, keiner erlöst werden wird. Denn das Reich des Todes ist das Reich derer, die sich dem Tod überlassen …«
    Als der Mönch seinen Vortrag beendet hatte, wandte er seinen Blick angespannt dem Auditorium zu. Ihm war sehr wohl bewusst, dass er unter den Brüdern keine Freunde hatte. In der Zisterzienserabtei war er der Einzige, der neben Griechisch und Latein auch Hebräisch beherrschte. Die Gelehrsamkeit des jungen Adeligen war so umfassend, dass der Abt ihn bereits ein halbes Jahr nach seiner Ordensweihe zum Leiter der klösterlichen Bibliothek und der angegliederten Schreibstube ernannte, was innerhalb des Klosters für reichlich Irritation gesorgt hatte.
    Nun war die Ablehnung der Zuhörerschaft fast schon greifbar. Auch die Züge des Abtes hatten sich zunehmend verhärtet. Nach einer Weile eisigen Schweigens, welches sich über die wenigen Mönche in der Weite des Kapitelsaals niedersenkte wie ein Leichentuch, schlug der Abt plötzlich heftig mit der flachen Hand auf die Armlehne seines kunstvoll geschnitzten Lehnstuhls und zischte erzürnt:
    »Das ist nichts anderes als Ketzerwerk und stammt mitnichten aus der Feder des heiligen Jakobus! Der Selbstmord ist eine Todsünde, und unser Herr Jesus hätte seinen Jüngern niemals die frevelhafte Empfehlung gegeben, den Freitod zu wählen!«
    Aus dem Auditorium war zustimmendes Gemurmel zu vernehmen.
    »Das Werk gehört auf den Index!«, mischte sich der Novizenmeister ein, der im Kloster gleichfalls als sehr gelehrt galt und ein erbitterter Rivale des jungen Mönchs war. »Wo genau wollt Ihr es gefunden haben, Bruder? Seid Ihr sicher, dass es ein Original ist und nicht eine krankhafte Verirrung jüngeren Datums?«
    »Was wollt Ihr damit sagen? Wollt Ihr etwa andeuten, ich selbst hätte es erdacht und niedergeschrieben?«, blaffte der junge Redner seinen Widersacher an. »Nun, um dies zu widerlegen, bedarf es wenig. Glücklicherweise verfügt die Heilige Kurie in Rom über Spezialisten für dergleichen alte Schriften. Das

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