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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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kräftigen Hausknechten ergriffen und unsanft vor die Tür gesetzt wurde.
    Nachdem das schwere Eichenportal ins Schloss gefallen war, herrschte für geraume Zeit Stille, bis von draußen Klopfgeräusche zu vernehmen waren und die aufgeregte Stimme der Frau, die erneut beteuerte, dass ihr Vater nicht der Mörder von Mechthild sei.
    »Vater, bitte …«, suchte Anna ihren aufgebrachten Vater umzustimmen, doch der gestrenge Familienpatriarch beachtete sie gar nicht.
    »Entferne Sie sich von meinem Grundstück, oder ich hetze die Hunde auf Sie«, schrie er erbost. Daraufhin war nichts mehr zu hören.
    »Was untersteht sich diese Person, uns zu Hause zu behelligen? Eine Dreistigkeit sondergleichen, dass einem die Tochter dieses Unholds überhaupt unter die Augen tritt«, schimpfte er aufgebracht und schüttelte indigniert den Kopf.
    Als Anna bemerkte, dass ihre Mutter wieder einmal kurz vor einer Ohnmacht zu stehen schien und bereits hektisch nach ihrem Riechfläschchen nestelte, runzelte sie resigniert die Stirn und enthielt sich einer weiteren Äußerung. Die Andeutungen der Totengräbertochter hatten sie hellhörig gemacht. Ohne auf das Gezeter des Vaters und das wehleidige Stöhnen der Mutter weiter einzugehen, ergriff sie ihren pelzverbrämten Kapuzenumhang, der in der Diele am Kleiderhaken hing, legte ihn sich um und verabschiedete sich von den Eltern: »Ich geh noch mal zu Klara. Wir haben noch etwas wegen unserer Chronik zu besprechen.«
    »Klara, Klara! Wenn ich das nur immer hör«, ereiferte sich daraufhin die Mutter. »Für dich gibt’s nichts anderes auf der Welt als deine Bücher und Klara. Wenigstens ist die im Gegensatz zu dir schon unter der Haube. Auch wenn’s lange genug gedauert hat, sie hat die zwanzig ja auch schon längst hinter sich.« Hedwig Stockarn war zunehmend verbittert, dass ihre Tochter Anna auf dem besten Weg war, eine alte Jungfer zu bleiben.
    »Lass doch Klara mal in Ruh, die ist frisch verheiratet und hat jetzt bestimmt was Besseres zu tun, als mit dir gelehrte Disputationen zu führen«, mischte sich nun auch der Vater ein, der über Annas Blaustrümpfigkeit gleichfalls wenig erbaut war.
    Anna ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Ich bin bald wieder da«, sagte sie knapp und eilte zielstrebig zur Tür.
    »Ach Kind, es wird doch schon dunkel. Nehm dir wenigstens einen Hausknecht mit, der dich begleitet, sonst muss ich mir wieder die schlimmsten Sorgen machen. Wo doch das mit unsrer Mechthild passiert ist.« Hedwig Stockarn, noch immer untröstlich über den Verlust ihrer jüngsten Tochter, fing jämmerlich an zu weinen.
    »Mutter, zum Steinernen Haus ist es doch nur ein Katzensprung. Da brauchst du dir doch keine Sorgen zu machen«, sagte Anna besänftigend zum Abschied, obgleich ihr das ewige Greinen und Wehklagen der Mutter gehörig auf die Nerven ging.
    Draußen sog Anna begierig die kühle Abendluft ein und entschied sich kurzerhand, den Weg in die Schnurgasse mit ihren zahlreichen Läden und Kaufmannskontoren einzuschlagen, in der Hoffnung, die Totengräbertochter dort zu finden. Eigentlich war ihr Unterfangen ziemlich aussichtslos, denn sie wusste weder, wohin sich die junge Frau gewandt hatte, noch, wo sie wohnte. Anna konnte nur hoffen, sie zufällig irgendwo zu erspähen. Hurtig eilte sie voran.
    Es war kurz vor der fünften Stunde und dämmerte bereits. Die Zunfthandwerker und Kaufleute, die von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ihrem Gewerbe nachgingen, hatten schon angefangen, die Waren einzuräumen und ihre Werkstätten und Kontore zu schließen. Immer wieder gingen Anna die eindringlichen Beteuerungen der verzweifelten Frau durch den Sinn, und ohne es zu bemerken, beschleunigte sie ihr Tempo.
    In der Nähe des Kornmarkts wurde sie unversehens der Totengräbertochter ansichtig. Eilig trat sie auf die junge Frau zu und sprach sie an.
    »Mein Name ist Anna Stockarn, ich bin die ältere Schwester von Mechthild und bin Euch gefolgt, weil ich Euch gerne anhören möchte. Bitte verzeiht die Unhöflichkeit meiner Eltern, aber Mechthilds Tod hat ihnen sehr zugesetzt«, stieß Anna keuchend hervor und blickte die junge Frau offen an.
    Die Miene der Totengräbertochter hellte sich sogleich auf. »Ich danke Euch sehr, Jungfer Stockarin, dass Ihr so freundlich seid, mir zu folgen und mich anzuhören. Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich darüber bin.« Mit Tränen in den Augen strahlte die junge Frau Anna dankbar an.
    Dann überlegte sie einen Moment und sagte schüchtern: »Hier

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