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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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für seinen ärztlichen Rat fürstlich entlohnt hatte, in aller Höflichkeit.
    Am nächsten Vormittag kam der Mönch, ein großer, hagerer junger Mann in einer grauen Tunika mit schwarzem Überwurf und Gürtel, der sich als Pater Kilian vorstellte. Auf mich wirkte er recht kühl und hochmütig, seine kalten grauen Augen gaben mir das Gefühl, er schaue auf mich herab. Aber er hatte ausgezeichnete Umgangsformen, drückte sich sehr gewählt aus und schien zudem noch überaus gelehrt. Auf meine Eltern jedenfalls machte er einen glänzenden Eindruck, und bald wurde er zu einem Dauergast in unserem Hause. Da er häufig bis zum späten Abend bei Mechthild weilte, stellten ihm meine Eltern ein komfortables Gästezimmer zur Verfügung.
    Obgleich der Krankentröster viel Zeit mit Mechthild zubrachte und sie in der Tat sehr an ihm zu hängen schien – unseren Eltern gegenüber betonte sie immer wieder, wie gut ihr der Pater tue –, veränderte sich ihr Zustand bis zu ihrem schrecklichen Tod nicht mehr wesentlich. Ob sie sich dem Pater gegenüber geöffnet hat, vermag ich nicht zu sagen, aber uns gegenüber zeigte sie sich weiterhin sehr verschlossen und wirkte immer noch so seltsam entrückt. Nach wie vor hatte sie keinen Appetit und aß höchstens mal ein halbes Stückchen Brot oder einen Apfel. Vor Fleisch ekelte es sie, und sie ernährte sich eigentlich in der Hauptsache von Milch, fast wie ein Säugling. Auf ihr Äußeres gab sie kaum noch etwas, wo sie doch früher immer so eitel war. Sie trug die Haare straff zurückgekämmt unter einer schlichten weißen Haube und kleidete sich nur noch in weite schwarze Gewänder wie eine Klosterfrau.
    Mechthild, die einmal so lebensfroh war und keine Feier ausließ, war zu einer Frömmlerin und Betschwester geworden und verließ das Haus kaum noch. Von Zeit zu Zeit besuchte sie mit ihrem Krankentröster einen Gebetskreis, das war alles. Einmal sah ich Mechthild und den Pater zufällig in der Stadt mit diesen Leuten. Es waren so merkwürdige dunkelgewandete Gestalten, die verstohlen die Köpfe senkten, als ich mich ihnen näherte.
    Ob diese Schwarzkutten meiner Schwester wirklich gutgetan haben, wage ich indessen zu bezweifeln.
    Meine geliebte Schwester, obwohl wir Tür an Tür lebten, warst du mir so unendlich fern, entrückt in deine Schattenwelt, zu der ich keinen Zugang fand. In meinem Herzen aber bist du mir immer noch nah. Ich liebe dich und werde dich nie vergessen. Gott gebe, dass es mir eines Tages gelingen möge, dein rätselhaftes Leben besser zu begreifen.
    Der Morgen graute bereits, als Anna Stockarn sich mit steifen Beinen und schmerzendem Rücken vom Schreibtisch erhob und zu ihrem Bett wankte, wo sie sogleich in einen tiefen, traumlosen Schlaf fiel.
    *
    Von der nahezu durchwachten Nacht war Anna so müde, dass ihr am Nachmittag darauf beim Lesen die Augen zufielen und sie sich ganz entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit entschloss, einen Mittagschlaf zu halten. Sie musste schon eine ganze Weile tief und fest geschlafen haben, als sie das durchdringende Schellen der Türglocke aus dem Schlaf riss. Sie war noch ganz benommen, doch das laute, aufgeregte Stimmengewirr, welches von unten bis in ihre Studierstube drang, ließ sie aufmerken. Schließlich erhob sie sich, kleidete sich an und eilte die Treppe hinunter, um nach dem Rechten zu sehen.
    In der Eingangshalle gewahrte sie eine junge Frau mit einer adretten Flügelhaube und ansprechenden Gesichtszügen, die händeringend auf ihre Eltern einredete.
    »So glaubt mir doch bitte, mein Vater hat Eure Tochter nicht umgebracht. Er ist unschuldig! Die Leute in den schwarzen Kutten, die in der Nacht von Allerheiligen auf dem Friedhof ihr Unwesen getrieben haben, die müssen Eure Tochter auf dem Gewissen haben!«, rief die Frau ein ums andere Mal verzweifelt aus.
    Anna stockte bei ihren Worten regelrecht der Atem. Nur zu gerne hätte sie der Frau ein paar eindringliche Fragen gestellt, doch ihr Vater hob warnend den Zeigefinger.
    »Ich sage es Ihr jetzt zum letzten Mal«, herrschte er die Besucherin mit hochrotem Gesicht an. »Schweig Sie still und verlasse auf der Stelle mein Haus, sonst lasse ich Sie von meinen Knechten hinauswerfen!«
    »Aber ich bitte Euch doch nur, mich anzuhören. Euch muss doch auch daran gelegen sein, die Mörder Eurer Tochter überführt zu wissen. Mein Vater war es nicht!«
    Anna wollte gerade einen zweiten Versuch unternehmen, das Wort an die Fremde zu richten, als die junge Frau auch schon von zwei

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