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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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entrüstet. »Was interessiert uns denn irgendein entlaufenes, falsches Mönchlein? Der Mörder Eurer Schwester steht zweifelsfrei fest und hat bereits gestanden. Was indessen noch aussteht, ist die Ergreifung seiner Mittäter, die es sicherlich gibt und die bei dergleichen Tätern mit hoher Wahrscheinlichkeit in seinem Familienkreis zu suchen sind. Ich hatte gehofft, Ihr würdet uns diese zur Anzeige bringen. Oder habt Ihr etwa Grund zu der Annahme, dass es sich bei jenem Krankentröster um einen Komplizen des unseligen Heinrich Sahl handelt?« Ottenschläger machte keinen Hehl daraus, dass er Annas Mitteilung in keinster Weise ernst nahm.
    Anna rang um Beherrschung. »Nein, der Ansicht bin ich keineswegs«, erwiderte sie kühl. »Im Gegenteil, ich denke eher, Ihr verfolgt womöglich nicht die richtige Spur, wenn Ihr in dem Totengräber den Mörder meiner Schwester seht.«
    »Was untersteht Ihr Euch, Jungfer!«, zischte der Inquisitor aufgebracht. »Dieser Schurke hat bereits ein umfangreiches Geständnis über seine Gräueltaten abgelegt. Das sollte Euch eigentlich bekannt sein!«
    »Unter der Folter gesteht man alles«, konnte sich Anna nicht verkneifen zu erwidern und wusste im selben Moment, dass damit jede Chance vertan war.
    »Ich betrachte die Audienz als beendet«, erklärte Ottenschläger eisig und erhob sich von der Bank. »Der Bruder Subprior wird Euch hinausbegleiten. Ich werde allerdings noch heute Eure Eltern über Euer ungebührliches Verhalten in Kenntnis setzen.« Seine zusammengekniffenen Augen funkelten vor Heimtücke.
    *
    Katharina, die Anna schon die ganze Zeit mit Spannung erwartet hatte, war erleichtert, als um die vierte Stunde des Nachmittags endlich die durchdringenden Schläge des Türklopfers ins Turmzimmer drangen, und stürzte in freudiger Erwartung die Wendeltreppe herunter. Aufgeregt entriegelte sie das Schloss und riss die Tür auf, blieb aber wie angewurzelt stehen, als sie vor der Schwelle anstelle von Anna lediglich den Hausknecht Jockel gewahrte.
    »Ich soll Euch von der jungen Herrin ausrichten, dass das Gespräch mit dem Inquisitor nicht gut verlaufen ist. Der hat sich bei den Herrschaften über sie beschwert, und der gnädige Herr hat sie daheim scharf zurechtgewiesen und ihr strengen Hausarrest erteilt. Sie hat gesagt, dass Ihr deshalb bitte allein zu dem Medicus gehen sollt. Und wenn Ihr irgendwas Neues erfahrt, sollt Ihr mich aufsuchen und es mir sagen, ich richte es dann der Herrin aus«, brummelte Jockel auf seine bärbeißige Art. Eine derart lange Rede bereitete ihm sichtlich Mühe.
    Katharina war von der Hiobsbotschaft vollkommen niedergeschmettert und rang um Worte. Den ganzen Tag lang hatte sie zwischen Hausarbeit und Essenkochen ständig an Anna und ihre Audienz bei Ottenschläger denken müssen und ein ums andere Mal inbrünstige Stoßgebete an die Heilige Jungfrau gesendet, und nun waren mit einem Schlag wieder alle Hoffnungen zunichte. Und Anna, ihre einzige Verbündete, stand ihr nicht mehr zur Seite.
    »Wie lange hat sie denn Hausarrest?«, fragte Katharina bedrückt.
    »Vier volle Tage lang, bis zum kommenden Dienstag, hat der gnädige Herr angeordnet«, murmelte Jockel betreten und senkte den Blick. Obgleich der alte Knecht es aus Anstand und Takt vermieden hatte, das Wort »Hinrichtungstag« offen auszusprechen, so zuckte doch die Totenfrau bei der Erwähnung des verhängnisvollen Wochentags zusammen und erbleichte.
    »Danke, dass Ihr mir das ausgerichtet habt«, murmelte sie tonlos und war den Tränen nahe.
    »Schon recht«, grummelte Jockel und hüstelte verlegen. »Mir tut es leid um den Heini. Ich glaub ja auch nicht, dass er das gemacht hat. Ist doch so ne gute Haut, der alte Leichenfledderer. Der konnte doch keiner Fliege was zuleide tun!«
    »Danke, mein Alter«, flüsterte Katharina ergriffen und drückte ihm die Hand. »Wo kann ich Euch denn am besten aufsuchen, ohne dass die Stockarns es bemerken?«, erkundigte sie sich dann sachlich, um dem vierschrötigen Alten, dem die Situation augenscheinlich unangenehm war, weitere Gefühlsäußerungen zu ersparen.
    »Ich hab meine Kammer hinten bei den Stallungen. Wenn Ihr über den Hof kommt, ist es gleich die erste Tür rechts neben dem Pferdestall. Klopft dreimal, dann weiß ich Bescheid. Abends bin ich meistens da«, erläuterte Jockel und empfahl sich.
    »Bestellt Anna liebe Grüße«, rief ihm die Totenmagd nach, schloss hinter ihm die Tür ab und ließ sich, den Kopf in die Hände gestützt, auf die

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