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Das Geheimnis der Totenmagd

Das Geheimnis der Totenmagd

Titel: Das Geheimnis der Totenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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Becher aufgefüllt und in einem Zug geleert hatte, bemerkte er mit schwerer Zunge, er sei in der Tat ein sehr einsamer Mann.
    Mit kläglicher Stimme fuhr er fort: »Wir sind umgeben von Feinden, denn seit der Hattsteiner Fehde von 1435 sind die Reifenberger, dieses verdammte Raubrittergesindel, Mitbesitzer der Burg und unserer Ländereien. Das ist eine stetige Demütigung. – Da kann man schon mal schroff werden. Nichts für ungut, mein Kind«, lispelte er Katharina zu, die augenscheinlich sein Gefallen gefunden hatte.
    »Dafür gibt es längst keinen Grund mehr. Im Gegenteil, wir sind Euch ausgesprochen dankbar für Eure Gastfreundlichkeit, Herr Graf, und dass Ihr so freundlich seid, uns auf der Burg ein Obdach für die Nacht zu gewähren«, entgegnete Katharina, die der alte Mann dauerte.
    »Wenn Sie will, kann Sie bleiben. Eine so reizende Person könnten wir hier auf der Burg gut gebrauchen«, säuselte er mit anzüglichem Unterton.
    Ohne auf seine Avancen weiter einzugehen, erhob sich Katharina. Bei allem Mitgefühl fand sie es nun doch angemessen, sich zurückzuziehen. Gemeinsam mit Anna wünschte sie ihm eine gute Nacht.
     
    Aus den Aufzeichnungen
eines jungen Mönchs
    In den frühen Morgenstunden mussten wir eine schaurige Entdeckung machen. An der schlammigen Uferböschung lag der nackte reglose Körper einer jungen Frau, deren Körperhaltung mit angezogenen, weit gespreizten Beinen seltsam obszön und grotesk anmutete. Die aufgerissenen leblosen Augen und die Starre ließen keinen Zweifel daran, dass die Frau tot war, und das wahrscheinlich schon seit mehreren Stunden. Aus den bläulich verfärbten Druckstellen an ihrem Hals wurde deutlich, dass sie erwürgt worden war, ihrer Haltung nach zu schließen, sogar noch während des Beischlafs. Das Entsetzen unter den Geißlern war groß.
    »Lasst uns ihren Tod als Zeichen sehen. Als eine Warnung davor, jemals wieder der Unzucht zu frönen«, ermahnte uns der Geißlerführer und ordnete an, den Leichnam zu begraben. Wer der Mörder war, fanden wir nicht heraus, und es schien auch niemanden größer zu beschäftigen.
    Während wir in langer Prozession über die staubigen Feldwege des Hintertaunus in Richtung Frankfurt zogen und aus Gewissenspein über die nächtlichen Entgleisungen die Selbstgeißelung vehementer vollzogen denn je, gelang es mir zum ersten Mal, ein Stück weit an der Seite des Anführers zu laufen. Ehrfürchtig richtete ich das Wort an ihn. Ich sprach über das geheime Evangelium des Jakobus, welches ich im Boden einer alten Büchertruhe entdeckt hatte, über die Reaktion meiner Mitbrüder und meinen Ausschluss aus dem Orden. Schließlich hatte ich das Interesse des Meisters geweckt. Neugierig geworden, forderte er mich auf, ihm aus der Schrift vorzulesen, ein Wunsch, dem ich mit Freude nachkam. Er ordnete eine kurze Pause an und zog sich mit mir unter einen Baum am Wegrand zurück.
    »Und so sprach der Herr zu Jakobus«, begann ich mit gesenkter Stimme, während ich mich an den Baumstamm lehnte. »Ich aber, der ich bin und der die unvergängliche Weisheit ist, durch die du gerettet werden wirst, und all jene, die wahrhaft sind, haben dies in sich erkannt und in sich verborgen. Und auch du sollst es in dir verbergen und darüber schweigen. Dem Erleuchteten aber sollst du es offenbaren. Ich komme aus dem Fleisch heraus zu der Erkenntnis. Ich sterbe des Todes, aber man wird mich lebendig finden. Und sie werden hinabsteigen ins Königreich des Todes, damit der Erlöser sich ihren Körpern nähere. Denn er möchte sich ihnen offenbaren durch dich und deine Kraft. Und sie werden die gute Tür öffnen durch dich, alle, welche hineingehen wollen, und danach streben, auf dem Weg zu wandeln, der zu der Tür führt. Und sie werden dir folgen und hineingehen und hineingeleitet werden, und du wirst jedem Einzelnen den Lohn geben, der ihm zukommt.«
    »Das ist ja großartig«, erwiderte der Meister und schien tief beeindruckt. »Das entspricht ja ganz und gar meiner eigenen Lehre. Das Königreich des Todes – einfach famos!«
    Ich senkte das Blatt und erwiderte, während meine Stimme vor Ergriffenheit bebte: »Ihr seid ein Erleuchteter, Meister, das habe ich vom ersten Augenblick an erkannt. Ihr allein habt die Kraft, den Menschen den Weg zu zeigen, der zum Königreich des Todes führt. Es wäre mir eine große Ehre, Euer Diener sein zu dürfen. Ihr hattet gestern recht damit, als Ihr mich einen Bücherwurm nanntet und mich wissen ließet, dass mich mein

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