Das Geheimnis der Totenstadt - Thriller
das Pochen ihrer Halsschlagader.
»Und die Rollen?«
»Das lassen Sie meine Sorge sein. Darf ich noch mal schnell ins Bad?«
*
Bemüht, gelassen zu wirken, bogen sie in die nächste Querstraße ein.
»Warten Sie kurz«, sagte Robert. Er stellte seinen Fuß auf einen Mauervorsprung und tat so, als würde er sich den Schuh zubinden. Dabei hatte er aus den Augenwinkeln die Strecke im Blick, die sie gerade zurückgelegt hatten. Offenbar war ihnen niemand gefolgt.
»Da kommt ein Taxi«, rief Elena, während sie einen Schritt auf die Straße machte und den Arm hob. Der Wagen hielt sofort, und Elena beeilte sich einzusteigen.
»Robert, kommen Sie!«
»Einen Moment noch«, flüsterte Robert und öffnete dabei den Gürtel seiner Hose. Elena schaute ihn fassungslos an. Robert schob seine Hand in den Hosenbund, griff nach etwas und zog es dann heraus.
Er lächelte.
»Ich will sie doch nicht zerknicken«, sagte er, nahm die Schriftrollen und setzte sich neben Elena.
*
Das Haus von Aristoteles Pangalos war Anfang des 20. Jahrhunderts von seinen aus Griechenland eingewanderten Großeltern gebaut worden und hielt sich im Stil an die gewohnte schlichte Architektur ihrer Heimatinsel Samos. Nur die Dimensionen überschritten das klassische Vorbild um gut ein Dreifaches. Ein mit behauenen Natursteinen gepflasterter Weg führte durch einen sorgsam gepflegten tropischen Garten bis zur zweiflügeligen, aus Zedernholz gearbeiteten Haustür. Elena eilte auf die Tür zu und drückte sekundenlang auf den Klingelknopf aus Messing. Ein Mann mit einer außergewöhnlich dunklen Hautfarbe öffnete. Er trug einen weißen Kaftan mit Stehkragen und einer verdeckten Knopfleiste. Die schwarzen Haare und der Vollbart waren kurz geschnitten. Seine dunklen Augen musterten die unangekündigten Besucher. Bevor er etwas sagen konnte, kam Elena ihm zuvor. »Hassan, bitte lassen Sie uns herein, ich muss dringend mit meinem Onkel sprechen.« Hassan ging ein paar Schritte zurück und machte dabei den rechten Flügel der Tür etwas weiter auf. Mit einer angedeuteten Verbeugung wies er in das Innere des Hauses.
»Kommen Sie herein, Miss Elena, ich werde Sie gleich bei Ihrem Onkel anmelden. Und wer ist der Herr?«
»Das ist ...«
Robert fiel ihr ins Wort.
»Robert Darling. Ich komme aus Italien.«
Dabei reichte er dem weiß Gekleideten seine Visitenkarte.
Der warf einen kurzen Blick darauf und drehte sich um.
»Einen Augenblick, ich bin sofort zurück.«
»Mach dir keine Mühe, Hassan!«
Ein älterer Mann, der einen dunkelblauen Leinenanzug trug, unter dem ein wohl gerundeter Bauch hervortrat, kam die breite Marmortreppe herunter.
»Elena, schön, dass du mich besuchst. Auf der Beerdigung hatten wir ja kaum Gelegenheit, miteinander zu sprechen.«
Hassan reichte ihm Roberts Visitenkarte. Aristoteles Pangalos kniff die Augen zusammen.
»Robert Darling, Autor aus ... wie heißt das ... Mezzomonte, Italia? Wo liegt das denn?«
Robert räusperte sich.
»In der Nähe von Florenz.«
Die Spitzen von Pangalos’ gepflegtem, graumeliertem Schnauzbart wanderten langsam in die Höhe.
»Oh, Florenz! Ich bin zwar nur einmal dort gewesen, aber diese Stadt hat einen unauslöschlichen Eindruck bei mir hinterlassen. Michelangelo, Botticelli, die Uffizien – wirklich beeindruckend.«
Elena wurde ungeduldig.
»Onkel, ich muss dringend ...«
Pangalos strich sich über das schüttere, graue Haar.
»Ich merke es, mein Kind, du hast etwas auf dem Herzen.«
Er wandte sich an seinen Diener.
»Hassan, bring uns etwas Tee und Gebäck.«
8. KAPITEL
D er Mann, den Elena vom Fenster aus beobachtet hatte, trat aus dem Schatten der Hofeinfahrt. Er zog ein Handy aus der Seitentasche seines blauen Jacketts und wählte eine Nummer. »Mister Parker? Hier ist Ahmad. Ja, sie sind weg. Sie können jetzt kommen. Ob wer ...?« Er lauschte einen Augenblick. Dann nickte er.
»Ja, das hat geklappt. Faruk ist mit seinem Taxi genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen. Er kann uns sagen, wohin er sie gebracht hat. Wie? Ja, gut. In zehn Minuten. Ich warte.«
Rund zehn Minuten und eine Zigarettenlänge später kam Bruce Parker aus der gegenüberliegenden Gasse und gab Ahmad das Zeichen, zu Elenas Haus hinüberzugehen.
»Bereitet das Schloss dir Schwierigkeiten?«
Ahmad schüttelte den Kopf und griff in seine Jackentasche.
»Das kann ich zur Not mit einem Zahnstocher aufmachen.«
*
Der Patio war so gebaut, dass die Sonne nicht direkt hineinscheinen konnte. Unzählige
Weitere Kostenlose Bücher