Das Geheimnis der Totenstadt - Thriller
siebte geklopft und leise »Elena« gerufen. Wieder nichts. Oder etwa doch? Er ging zurück, drückte sein Ohr an die Tür und klopfte noch einmal.
»Elena«?
Eine dünne Stimme antwortete.
»Robert, ich bin hier!«
Er rüttelte an der Tür. Sie war verschlossen.
»Ich hol dich da raus!«
Robert überlegte. Im Flur des dritten Stockwerks regte sich nichts. Er ging zurück zum Treppenaufgang und horchte. Unter ihm war ein leises Geklapper zu hören, das darauf schließen ließ, dass das Zimmermädchen gerade aufräumte. Er ging die Treppe hinunter.
Das Zimmermädchen hatte eine dunkle Hautfarbe und trug ein blaues Kleid mit einem weißen Kragen.
Robert lächelte sie an.
»Scusa, Signora, können Sie mir helfen? Ich hatte ein kleines Missgeschick. Ich wollte zum Frühstück gehen und habe die Tür hinter mir zugezogen. Da habe ich erst gemerkt, dass ich die Magnetkarte auf dem Tisch habe liegen lassen. Und leider auch meine Brille. Aber ohne Brille kann ich nicht Zeitung lesen. Und ohne Zeitung kann ich nicht frühstücken. Wären Sie bitte so liebenswürdig und würden mir mein Zimmer aufsperren? Es ist die Nummer 37.«
Das Zimmermädchen schaute ihn argwöhnisch an, Robert ihr dagegen immer noch lächelnd in die Augen.
»Sie können mir vertrauen. Ich vertraue Ihnen ja auch, wenn Sie in meiner Abwesenheit in mein Zimmer gehen. Und dieses Vertrauen weiß ich zu würdigen.«
Dann zog er einen Fünfzig-Euro-Schein aus der Tasche. Langsam entspannte sich ihr Gesicht, dann lächelte auch sie.
»Eigentlich dürfen wir das nicht ...«
Sie nahm ihm den Schein aus der Hand, ging mit ihm die Treppe hinauf, schob die Generalkarte in den Schlitz und ging davon, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen.
Elena lag seitlich auf dem Bett. Ihre Hände waren mit Handschellen an den Verstrebungen des Metallbettes befestigt. Es war ihr gelungen, ihre Handtasche mit den Füßen bis in die Reichweite ihrer Arme heranzuziehen. Mit einer fast akrobatischen Leistung hatte sie dann das Handy aus der Tasche herausgefischt.
»Robert, Gott sei Dank.«
Robert strich ihr übers Haar und rüttelte an den Handschellen.
Sie waren fest verschlossen. Er schaute sich im Zimmer um. Irritiert fiel sein Blick auf den Tisch. Dort lag als einziger Gegenstand ein kleiner Schlüssel.
Er griff danach, und zwanzig Sekunden später war Elena von ihrer Fessel befreit. Robert schüttelte den Kopf.
»Dein Entführer scheint ein ausgesprochener Gentleman zu sein.«
Elena rieb sich die Handgelenke.
»Er war überhaupt sehr nett.«
»Aber was wollte er denn von dir?«
»Er hat mich ununterbrochen über das Todestags-Rätsel ausgefragt.«
Sie schluckte.
»Robert?«
»Ja.«
»Ich glaube, ich weiß, wer es war. Ich habe ja ein gutes Gedächtnis für Stimmen, und mit diesem Mann habe ich schon einmal telefoniert. In Alexandria. Davon hatte ich dir erzählt.«
Robert schaute sie verwirrt an.
»Und wer, meinst du, war das?«
Elena strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Es war ein großer, blonder Mann. Es war dieser Georg von Sell!«
*
Robert hatte Elena dazu überredet, sich erst einmal in einem seiner komfortablen Gästezimmer auszuruhen. Es war ihm nicht besonders schwergefallen, denn sie fühlte sich schlapp und elend. Schon kurz nach der Ankunft in Mezzomonte sank sie in einen tiefen Schlaf.
Nachdem er sich einen Assam-Goldspitzen-Tee gebrüht hatte, ging er hinunter auf die Terrasse, die jetzt im Halbschatten lag.
Sein Blick glitt über das hügelige Land mit seinen Weinbergen, Olivenhainen, Zypressen und Eichenwäldern.
Gib es zu, Roberto. Du kommst einfach nicht weiter. Weil du niemandem so recht vertrauen kannst. Nur Elena. Und Carlo natürlich. Aber der weiß zu wenig von dieser Geschichte. Und Maria, aber auch sie benimmt sich manchmal merkwürdig. Und nun taucht auch noch Georg von Sell, oder vielmehr der Mann, der sich so nennt, wieder auf. Welche Interessen hat der? Du könntest Antonio Sciutto fragen, wo diese verdammte dreizehnte Stadt der Toten liegt. Der weiß es sicher. Aber irgendwie ist auch der trotz seiner Freundlichkeit nicht ganz zu durchschauen. Es muss doch noch eine andere ...
Robert schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn.
Natürlich! Warum bist du nicht gleich darauf gekommen? Professore Claudio Lazzarotto, der die Geschichte der Toskana besser kennt als seine Wohnung. Dieser seltsame alte Mann hat dir schon einmal geholfen und dich auf die Spur gebracht. Und der gehört mit Sicherheit
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