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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Dummerweise fiel ihm nichts Passendes ein.
    Unvermittelt kam ein Knarren von der anderen Seite des Ganges. Die Tür eines Besprechungszimmers ging auf. Sie war nur angelehnt gewesen. Durs Huber trat heraus. Er sah erst den Lehrer, dann den Schüler an, schließlich sträubte sich sein Schnauzbart. »Alles in Ordnung, Junge?«
    Leo nickte und lief schnell davon.
     
    »Linse mit Spätzle und Saitewörschtle« war eine schwäbische Spezialität, die Benno kübelweise verschlingen konnte. Er schaufelte das Essen in sich hinein als habe er vierzig Tage Fasten aufzuholen. Leo hatte ihm seine Portion überlassen und schaute ihm im voll besetzten Speisesaal lustlos bei der Fressattacke zu. Es war erst Mittag und trotzdem hatte der Morgen bereits mehr zu bieten gehabt, als mancher von seiner Mutter durchgetaktete Bildungsurlaubstag. Mit dem Nixentanz kam er zurecht. Die Standpauke von Dabelstein lag ihm schon schwerer im Magen. Und dann noch das Auftauchen von Okumus. Ob der Lehrer ihm nachspionierte?
    »Meinst du nicht, es ist langsam genug?«, fragte Leo zur eigenen Ablenkung von den deprimierenden Gedanken an seinen
Freund. Der hatte gerade den ersten Teller abgeleckt und nahm sich nun den zweiten vor.
    »Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen sind mein Leibgericht.«
    »Ich dachte Hamburger.«
    »Ist ja auch richtig. Ich hab mehrere Leibgerichte. So ungefähr zwanzig.«
    »Und die kannst du in jeder Menge verdrücken?«
    »Fast. Das Wanstrammeln geht schnell wieder vorbei, aber bis zu den nächsten drei Portionen Lieblingsessen vergehen manchmal vier oder fünf Tage.«
    »Das ist natürlich eine unerträgliche lange Zeit. Warum eigentlich drei Portionen?«
    »Ich hol mir gleich noch ’n Nachschlag.« Benno zwinkerte Theresa zu, die mit Lena ein paar Plätze weiter an der Tafel saß. Die beiden Blondinen steckten die Köpfe zusammen und kicherten.
    »Hört mal alle her!«, rief unvermittelt die Bohnenstange Mark Schröder.
    Das Gemurmel und Geschirrgeklapper im Saal erstarb.
    »Unser Flüpo Mark Laurel mutiert gerade zum Sprecher des Internets«, sagte Benno mit vollem Mund und schaufelte die nächste Ladung Linsen obendrauf.
    »Wieso Internet?«, flüsterte Leo.
    »Schulsprecher«, mümmelte der Rotschopf.
    »Ach, du meinst Internat.«
    »Doktor Dabelstein wird jeden Moment erscheinen, um eine eminent wichtige Sondermitteilung zu verkünden«, erklärte unterdessen Mark. »Bleibt also bitte alle auf euren Plätzen.«
    Das Gemurmel wurde wieder lauter. Die Schüler wirkten überrascht.

    »Muss der Dabel uns jetzt auch noch beim Essen zutexten?«, beschwerte sich Benno. »Wie soll ich da an meine dritte Portion kommen, wenn der seine Message so impertinent macht?«
    Doktor Herger Dabelstein erschien tatsächlich, ehe Leos Zimmergenosse den Nachschlag sicherstellen konnte. Die Miene des Direktors war mindestens so düster wie am Morgen. Weil der Speisesaal gelegentlich für Schulaufführungen genutzt wurde, gab es an der Kopfseite ein Podest. Der Internatsleiter erklomm schleppend die drei Stufen. Oben angekommen, hob er die Arme und Ruhe kehrte ein.
    »Liebe Schüler«, begann er seine Rede. »Niemandem von euch ist wohl die Schmutzkampagne der Medien entgangen, durch die YourDream und der Stifter unserer Traumakademie verunglimpft werden sollen. Bisher konnten wir die meisten Behauptungen über die Gefährlichkeit synthetischer Träume als haltlose Anschuldigungen entkräften. Heute früh ist mir gemeldet worden, dass nun schwerere Geschütze gegen Robert Zaki und seine Traumfabrik aufgefahren werden. Einige namhafte Psychologen, Psychiater und Neurophysiologen, die als ausgewiesene Experten auf dem Gebiet der Traum- sowie der Suchtforschung gelten, melden ernste Bedenken an.«
    Ein Raunen ging durch den Speisesaal. Natürlich hatten die Traumschmiede von den Vorwürfen gehört. Die wenigsten hielten sie für begründet.
    »Haltet die Klappe, Leute. Der Direktor ist noch nicht fertig«, rief Mark Laurel.
    Die Schüler beruhigten sich wieder.
    »Angeblich«, fuhr Dabelstein fort, »liegen nun wissenschaftlich fundierte Testergebnisse vor, die einen Zusammenhang zwischen akutem Schlafmangel bei Konsumenten der Designerträume und einer besonderen Form des Burn-out-Syndroms
herstellen. Einige Personen seien von einem Augenblick zum nächsten tot umgefallen, heißt es im Bericht. Für die Presse ist das natürlich ein gefundenes Fressen.«
    Leos Blick wanderte hinüber zu Orla, die ein paar Tische weiter bei einer Gruppe

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