Das Geheimnis der Wellen
dich warnen sollen. Stoney verträgt eine Menge Alkohol. Er ist sozusagen mit dem Whiskey von Whiskey Beach groß geworden.«
»Wir haben es übertrieben. Er hat die erste Runde bezahlt, also habe ich im Gegenzug auch eine ausgegeben. Dann hat er die dritte spendiert, und ich habe mich erneut verpflichtet gefühlt. Wie oft das hin- und herging, weiß ich nicht mehr. Hier draußen gibt es jedenfalls ganz schrecklich viel frische Luft.«
»Allerdings.« Sie verstärkte ihren Griff, da er ein wenig schwankte. »Und Schwerkraft. Wir befinden uns an einem furchtbaren Ort voll frischer Luft und Schwerkraft. Wir sollten schleunigst wieder nach drinnen gehen. Mein Haus liegt näher.«
»Ja, nur leider lasse ich mein Haus ungern allein. Das fühlt sich nicht gut an.«
Nickend verabschiedete sie sich von der Vorstellung eines kürzeren Fußwegs. »Frische Luft und Schwerkraft werden dir guttun. Ich bin froh, dass du gekommen bist.«
»Ich wollte eigentlich nicht, musste aber immer an dich denken. Und dann war da die Sache mit Ostern.«
»Wieso, war der Osterhase schon da?«
»Wie bitte? Nein.« Sein Lachen hallte durch die ganze Straße. »Er ist noch nicht mit dem Eierlegen fertig.«
»Eli, das Osterhuhn legt Eier. Der Hase versteckt sie nur.«
»Wie dem auch sei, dieses Jahr findet Ostern in Bluff House statt.«
»Tatsächlich?« Sie warf einen flüchtigen Blick auf ihr Cottage, als sie daran vorbeigingen, verzichtete aber darauf, sich dort umzuziehen. Sonst fand sie ihn bei ihrer Rückkehr womöglich schlafend auf dem Asphalt vor.
»Genau das hat meine Mutter gesagt: dass sie am Samstag alle kommen werden.«
»Das ist ja toll. Ist Hester reisefähig?«
»Wir müssen erst mit dem Arzt reden, aber es sieht gut aus. Die ganze Family wird eintrudeln. Vorher muss ich alles Mögliche erledigen. Was genau, ist mir im Moment entfallen, ich weiß nur, dass ich keinen Schinken braten muss. Aber du musst unbedingt mit von der Partie sein.«
»Ich werde natürlich vorbeischauen und würde mich sehr freuen, alle zu treffen, vor allem Hester.«
»Nein.« Angesichts der frischen Meeresbrise fühlte sich Eli deutlich wacher. Außerdem hatte er einen plötzlichen Heißhunger auf Kartoffelchips. Oder Salzbrezeln. Hauptsache etwas, das dem vielen Bier und Whiskey in seinem Bauch etwas entgegensetzte.
»Du musst mit von der Partie sein«, fuhr er fort. »Die ganze Zeit. Ich dachte, ich sage meiner Mutter, dass wir zusammen sind, damit es nicht so komisch aussieht. Dann benahm sie sich auf einmal ganz seltsam und tat so, als hätte ich den ersten Preis gewonnen. Sie hat sogar angefangen zu weinen.«
»Ach, Eli!«
»Angeblich waren es Freudentränen. Mir ist so was noch nie passiert, aber bei Frauen kommt das anscheinend öfter vor.« Er sah bestätigungsheischend auf sie hinunter.
»Ja, das stimmt.«
»Es wird also vermutlich komisch werden. Trotzdem musst du dabei sein. Vorher muss ich Einkäufe erledigen. Und Sachen.«
»Ich werde beides auf meine Liste setzen.«
»Gut.« Er schwankte erneut. »Das liegt nicht am Alkohol, da war so eine Bodenwelle … Mein Großvater ist früher Motorrad mit Beiwagen gefahren. Das wusste ich gar nicht. Auch nicht, dass es früher Geheimtreppen für die Dienstboten gab. Es gibt viel zu viel, was ich nicht weiß. Schau dir das an.«
Die Umrisse von Bluff House hoben sich vor dem Sternenhimmel ab, sämtliche Fenster waren hell erleuchtet. »Ich habe alles für selbstverständlich genommen.«
»Das sehe ich anders.«
»O doch, ich habe mich kaum um Bluff House gekümmert, zumindest nicht in den letzten Jahren. Ich war viel zu sehr mit meinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt. Das muss sich dringend ändern.«
»Das wird es auch.«
Er blieb kurz stehen und lächelte sie an. »Ich bin ein bisschen betrunken. Du siehst fantastisch aus.«
»Weil du ein bisschen betrunken bist?«
»Nein, sondern weil du weißt, wer du bist. Weil du dich wohl in deiner Haut fühlst und liebst, was du tust. Und weil du Meerjungfrauenaugen und einen sinnlichen Mund mit diesem Muttermal hast. Lindsay war schön. Atemberaubend schön.«
Er ist ein wenig betrunken, rief Abra sich ins Gedächtnis. Da musste man eine gewisse Nachsicht haben. »Ich weiß.«
»Aber ich glaube nicht, dass sie wusste, wer sie wirklich war. Sie hat sich nicht wohl in ihrer Haut gefühlt und war nicht glücklich. Ich habe sie nicht glücklich gemacht.«
»Jeder ist seines Glückes Schmied.«
»Schön, dass du mich daran
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