Das Geheimnis der Wellen
straffte die Schultern. »Du kannst mir helfen, aufzustehen und hinunterzugehen. Und dann kannst du mir ein großes Glas Whiskey einschenken.«
20
In dieser Nacht stand Eli zweimal auf, um durchs Haus zu streifen. Dabei wich ihm die treue Hündin nicht von der Seite. Er kontrollierte Türen, Fenster, Alarmanlage und ging sogar kurz auf die große Terrasse, um den Strand nach verdächtigen Personen abzusuchen.
All seine Lieben schliefen in Bluff House, deshalb durfte er kein Risiko eingehen.
Die Erinnerungen seiner Großmutter veränderten alles. Nicht nur in Bezug auf den Einbrecher – er hatte längst vermutet, dass der bei ihrem Sturz im Haus gewesen war. Son dern auch in Bezug auf den Ort. Sie hatte jemanden im ersten Stock gesehen und war nach unten gegangen beziehungsweise hatte es versucht. Und nicht jemanden im Erdgeschoss, der aus dem Keller gekommen war.
Es gab also drei Möglichkeiten: Seine Großmutter war geistig etwas verwirrt. Nach dem Schädel-Hirn-Trauma, das sie erlitten hatte, war das durchaus möglich. So richtig glaubte er jedoch nicht daran.
Oder sie hatten es mit zwei verschiedenen Einbrechern zu tun, die entweder zusammenarbeiteten oder auf eigene Faust unterwegs waren. Eine Option, die er weder ausschließen konnte noch wollte.
Oder aber es gab nur einen einzigen Einbrecher, der dann auch Abra angegriffen und im Keller gegraben hatte. Das warf die Frage auf, wonach er oben gesucht hatte. Was hatte er dort gewollt?
Wenn seine Familie nach Boston abgereist war, würde er das Haus erneut durchsuchen. Zimmer für Zimmer, Raum für Raum. Vielleicht stieß er auf eine Antwort.
Bis es so weit war, schoben Barbie und er Wache.
Er lag neben Abra, konnte nicht schlafen und versuchte, die einzelnen Puzzleteilchen zusammenzufügen. War es ein unbekannter Eindringling, der mit Duncan gemeinsame Sache gemacht hatte? Ein gewissenloser Schurke, der Duncan ermordet hatte und alles verschwinden ließ, was ihn mit Duncans Detektei in Verbindung bringen konnte?
Gut möglich.
Duncan erfährt, dass sein Mandant einen Einbruch begangen und eine Frau überfallen hat. Er stellt ihn zur Rede, droht ihm, ihn anzuzeigen, oder erpresst ihn. Daraufhin ermordet ihn der Mandant und lässt sämtliche Dokumente verschwinden.
Das war gut möglich.
Oder der oder die Eindringlinge hatten mit Duncan nichts zu tun. Der hatte einfach nur seine Arbeit gemacht, sie zufällig gesehen und wurde deshalb ermordet.
Ebenfalls möglich, aber eher unwahrscheinlich. Zumindest kam Eli das um vier Uhr morgens so vor.
Er versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Vielleicht gelang es ihm, vor dem Morgengrauen wenigstens ein paar Handlungsstränge und Entwicklungsmöglichkeiten für seine Geschichte auszuarbeiten.
Eli hatte seinen Helden mithilfe eines Gegenspielers, einer Frau und der Behörden in die Enge getrieben. Sein ganzes Leben lag in Scherben, hinter jeder Ecke lauerte ein neuer Konflikt mit entsprechenden Konsequenzen. Er musste sich entscheiden. Sollte er nach links oder nach rechts abbiegen? Oder sollte er stehen bleiben und warten?
Eli zog alle drei Möglichkeiten in Erwägung. Er wurde schläfrig.
Irgendwo in seinem Unterbewusstsein vermischten sich Fantasie und Realität. Eli öffnete die Tür zu seinem Haus in Boston.
Er kannte jeden Schritt, jedes Geräusch, jeden Gedanken, konnte jedoch nicht eingreifen. Mach einfach kehrt, geh zurück in den Regen, fahr einfach weg, dachte er. Stattdessen träumte er wieder diesen Traum, der ihn seit dem Mord an Lindsay regelmäßig heimsuchte.
Er konnte dessen Ablauf eigentlich nicht verändern, und trotzdem änderte er sich. Eli öffnete eine Tür in Boston und betrat den Keller in Whiskey Beach.
Mit einer Taschenlampe in der Hand tastete er sich im Dun keln voran. Der Strom ist weg, dachte er vage. Der Strom ist schon wieder weg. Ich muss den Generator in Gang bringen.
Er ging an einer Wand mit Regalen vorbei. Darin standen glänzende Einmachgläser, die alle sorgfältig beschriftet waren. Erdbeermarmelade, Traubengelee, Pfirsiche, Grüne Boh nen, Tomatensoße .
Jemand ist hier unten, dachte er, während er um einen Berg Kartoffeln herumlief. In Bluff House gab es viele Mäuler zu stopfen. Seine Verwandten lagen in ihren Betten, Abra in seinem. Es gab nicht nur viele Mäuler zu stopfen, sondern auch viele Menschen zu beschützen.
Er hatte versprochen, auf das Haus aufzupassen. Und ein Landon hält sein Versprechen.
Er musste für Strom, Licht und Wärme
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