Das Geheimnis der Wellen
schloss.
»Weil du starke Knochen und ein gutes Herz hast.«
»Und einen Dickkopf.«
»Dem kann ich nicht widersprechen. Du hast dich um dich gekümmert, warst dein ganzes Leben lang aktiv. Jetzt steckst du mitten in einem Heilungsprozess. Du musst Geduld haben. Im Sommer wirst du wieder in den Halbmond und die gegrätschte Vorwärtsbeuge gehen können.«
»Zu schade, dass ich diese Positionen zu Lebzeiten meines Eli noch nicht gekannt habe.«
Eli brauchte eine Weile, bis er verstand, was sie damit gemeint hatte. Er war schockiert, schämte sich. Abra lachte auf.
»In liebevoller Erinnerung an Eli atmest du jetzt aus, ziehst den Bauchnabel zur Wirbelsäule und beugst dich vor. Vorsichtig, ganz vorsichtig.«
»Ich hoffe, der junge Eli weiß zu schätzen, wie gelenkig du bist.«
»Oh, das tut er durchaus.«
Daraufhin beschloss der junge Eli, sich dezent zurückzuziehen.
Er würde Kaffee kochen und ihn mit auf seinen Hundespaziergang nehmen. Anschließend würde seine Großmutter wieder aussehen wie seine Großmutter. Vielleicht könnte er dann die Anspielung auf Sex mit seinem Großvater wieder vergessen.
Er roch den Kaffee schon, bevor er die Küche betrat, und entdeckte seine Schwester. Sie trug einen knallrosa Schlafanzug und trank aus einer Tasse.
Sadie rappelte sich auf, um sich mit Barbie zu beschnüffeln.
»Wo ist das Baby?«
»Hier.« Tricia tätschelte ihren Bauch. »Die große Schwester kuschelt mit Daddy. Ich gönne mir ein bisschen Ruhe und die einzige Tasse Kaffee des Tages. Du kannst auch eine haben, anschließend musst du mir beim Verstecken der Oster eier helfen.«
»Gern, aber erst gehe ich mit den Hunden spazieren.«
»Einverstanden.« Tricia beugte sich vor und streichelte Barbie. »Sie ist wirklich hinreißend und eine tolle Gefährtin für Sadie. Wenn sie Geschwister hätte, würde ich sofort eines davon nehmen. Sie war ganz wunderbar zu Sellie. So sanft und geduldig.«
»Ja.«
Ein echter Wachhund eben, dachte Eli, während er sich Kaffee einschenkte.
»Ich habe nicht viel Zeit, um in Ruhe mit dir zu reden. Aber ich will dir sagen, dass du gut aussiehst. Du siehst wieder aus wie Eli.«
»Wie sah ich denn vorher aus?«
»Wie Elis ausgemergelter, käsebleicher, geistig etwas unterbelichteter Onkel.«
»Vielen Dank.«
»Du hast mich gefragt. Du bist noch ein bisschen zu dünn, siehst aber wieder aus wie Eli. Allein deswegen liebe ich Abra. Sehr.«
Als er sie aus den Augenwinkeln musterte, legte sie den Kopf schräg. »Willst du etwa behaupten, dass sie nichts damit zu tun hat?«
»Nein. Ich staune nur, dass mir erst jetzt auffällt, wie besessen meine Familie von Sex ist. Ich habe gerade mitbekommen, wie Gran gegenüber Abra eine sexuelle Anspielung über Granddad gemacht hat.«
»Tatsächlich?«
»Allerdings. Und das muss ich schleunigst wieder vergessen. Komm, Barbie, nehmen wir Sadie mit.«
Aber Sadie streckte sich wieder aus und gähnte breit.
»Ich würde sagen, Sadie scheidet heute aus«, bemerkte Tricia.
»Na gut, dann eben nur wir beide, Barbie. Bald sind wir zurück und spielen den Osterhasen.«
»Gut. Aber ich habe nicht nur von Sex geredet«, rief Tricia hinter ihm her.
In der Waschküche drehte er sich noch einmal um, während er zur Leine griff. »Ich weiß.«
Da er keine Rücksicht auf die langsame Sadie nehmen musste, änderte er seine Pläne. Zumal er den Strand am frühen Ostersonntagmorgen ganz für sich allein hatte. Nachdem er seinen Kaffee ausgetrunken hatte, steckte er seinen Becher neben den Stufen in den Sand und begann, in flottem Tempo zu joggen. Der Hund rannte neben ihm her. Das würde er später bestimmt bereuen, aber er hatte ja eine persönliche Masseurin.
Er sah sie wieder so wie in seinem Traum vor sich, blass und blutig auf dem kalten, steinigen Kellerboden. Von dieser Vision klopfte sein Herz mehr als von der Anstrengung.
Schließlich schaffte er es, das Tempo des Hundes wieder zu drosseln. Sie trabten langsam über den Strand. Gierig sog er die feuchte Luft ein, um seine trockene Kehle zu benetzen.
Die Einbrüche beunruhigten ihn mehr, als er zugeben wollte. Er machte sich Sorgen um seine Familie und Abra.
»Wir werden mehr tun müssen, als nur zu bellen«, sagte er zu der Hündin und trat mit ihr den Rückweg an. »Doch zuerst müssen wir die Ostertage hinter uns bringen.«
Er nahm Bluff House ins Visier und erschrak, wie weit sie gerannt waren. »Meine Güte.« Noch keine zwei Monate zuvor war er nach einem knappen Kilometer
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