Das Geheimnis der Wellen
sein, Gran. Ich möchte mich noch mal bei dir bedanken, dass du …«
»Schon gut«, sagte sie kurz angebunden. »Bluff House gehört dir ebenso wie mir. Es ist Familienbesitz. Wie du weißt, ist Kaminholz im Schuppen. Solltest du mehr brauchen, sprich mit Digby Pierce. Seine Nummer steht in meinem Adressbuch, es liegt in der Schreibtischschublade im Arbeits zimmer. Falls du es nicht findest, frag Abra.«
»Gut, kein Problem.«
»Isst du anständig, Eli? Bei unserer nächsten Begegnung möchte ich nicht nur Haut und Knochen sehen.«
»Ich habe soeben Pfannkuchen gegessen.«
»Aha! Im Beach Café?«
»Nein … Abra hat welche gemacht. Apropos Abra …«
»Sie ist ein nettes Mädchen.« Hester fuhr ihm einfach über den Mund. »Und eine gute Köchin. Wenn du irgendwelche Fragen oder Probleme hast, frag sie. Sie findet eine Lösung. Sie ist eine intelligente junge Frau und sehr hübsch, wie du hoffentlich bemerkt hast. Außer, du bist inzwischen nicht nur dürr, sondern auch blind.«
Er spürte ein warnendes Prickeln. »Gran, du versuchst doch nicht etwa, mich zu verkuppeln?«
»Warum sollte ich? Kannst du nicht selber denken? Wann habe ich mich je in dein Liebesleben eingemischt, Eli?«
»Entschuldige, du hast recht. Es ist nur so, dass du sie so viel besser kennst als ich. Sie soll sich nicht verpflichtet fühlen, mich zu bekochen, aber das kann ich ihr einfach nicht begreiflich machen.«
»Hast du die Pfannkuchen gegessen?«
»Ja, aber …«
»Weil du dich dazu verpflichtet gefühlt hast?«
»Du hast ja recht.«
»Davon abgesehen, macht Abra sowieso, was sie will. Und genau das bewundere ich an ihr. Sie genießt ihr Leben, und davon könntest du dir so einiges abschauen.«
Das warnende Prickeln machte sich erneut bemerkbar. »Du willst mich wirklich nicht verkuppeln?«
»Ich vertraue darauf, dass du selbst weißt, was gut für dich ist.«
»Gut, dann möchte ich dazu gern Folgendes sagen: Ich will deine Freundin nicht beleidigen, zumal sie meine Wäsche wäscht. Wie gesagt, du kennst sie besser als ich. Aber wie kann ich ihr höflich beibringen, dass ich eine Massage weder möchte noch brauche?«
»Sie hat dir eine Massage angeboten?«
»Ja. Beziehungsweise hat sie mich wissen lassen, dass sie um halb sechs mit ihrem Massagetisch zurückkommen wird. Mein Nein hat sie nicht im Geringsten beeindruckt.«
»Du solltest dir eine Belohnung gönnen. Dieses Mädchen hat magische Hände. Bevor sie anfing, mich wöchentlich zu massieren, und mich zum Yoga überredete, hatte ich ständig Schmerzen im unteren Rücken und zwischen den Schulterblättern. Das wird das Alter sein, habe ich gedacht und es hingenommen. Bis Abra in mein Leben trat.«
Als er die Stufen entdeckte, die zum Dorf führten, merkte er, dass er weiter gelaufen war als beabsichtigt. Bis er sich überlegt hatte, welche Richtung er einschlagen sollte, hatte Hester längst wieder das Wort ergriffen.
»Du bist vollkommen gestresst, mein Junge. Glaubst du, ich merke das nicht? Dir ist dein ganzes Leben um die Ohren geflogen, und das ist einfach nicht fair. Aber das Leben ist oft nicht fair. Es kommt darauf an, wie wir mit so einer Situation umgehen. Du musst das tun, was auch mir alle raten: wieder gesund werden, wieder zu Kräften und auf die Beine kommen. Ich höre das auch nicht gern, aber es ist leider die Wahrheit.«
»Und eine Massage von deiner Pfannkuchenbäckerin ist die Lösung?«
»Eine davon. Hör dir doch nur zu! Du keuchst wie ein alter Mann.«
Beleidigt und gedemütigt ging er in die Defensive. »Ich bin bis ins Dorf gelaufen – und zwar durch Tiefschnee. Ich steige Treppen.«
»Und das sagt ausgerechnet ein früherer Harvard-Basketball-Star.«
»Ich war nie ein Star«, murmelte er.
»Für mich schon. Und das bist du immer noch.«
Auf der obersten Stufe blieb er stehen – zugegebener maßen, um wieder zu Atem kommen. Und um sich von ihren Worten zu erholen.
»Hast du meinen neuen Fitnessraum schon gesehen?«, fragte sie.
»Ja, sehr hübsch. Wie viele Bankpressen schaffst du, Hester?«
Sie lachte. »Du hältst dich wohl für ganz besonders schlagfertig. Ich habe nicht vor, mich gehen zu lassen. Und du wirst diesen Fitnessraum auch benutzen, Eli.«
»Einmal habe ich das sogar schon. Nachdem ich deine Nachricht entdeckt habe. Ich bin jetzt direkt gegenüber vom Hummerstand.«
»Dort gibt es die besten Hummerbrötchen der ganzen Nordküste.«
»Viel hat sich hier nicht verändert.«
»Hie und da schon, aber auf
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