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Das Geheimnis der Wellen

Das Geheimnis der Wellen

Titel: Das Geheimnis der Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sich an der nächsten Szene versuchen, zumindest am groben Aufbau.
    Routinemäßig kontrollierte er zuerst seine E-Mails. Neben viel Spam fand er eine von seinem Vater vor, eine von seiner Großmutter, als Antwort auf die Fotos, die er ihr geschickt hatte, und eine von seinem Anwalt.
    Bloß nicht, dachte er. Bloß nicht anklicken! Aber irgendwann würde er sie ja doch lesen müssen.
    Mit zunehmend verspannten Schultern öffnete er die Mail.
    Er überflog das Fachchinesisch, ließ die beschwichtigen den Worte und die vorgeschlagene Strategie außer Acht, kon zentrierte sich ausschließlich auf den unangenehmen Mittelteil.
    Lindsays Eltern drohten erneut, ihn wegen fahrlässiger Tötung anzuklagen.
    Hört das denn nie auf?, dachte er. Es würde nie aufhören, solang die Polizei nicht den wahren Schuldigen fand. So lange war er der mutmaßliche Täter.
    Lindsays Eltern verachteten ihn. Sie hatten nicht den Hauch eines Zweifels, dass er ihr einziges Kind ermordet hatte. Wenn sie ihre Drohung wahr machten, würde alles wieder von vorn anfangen. Die Medien würden sich auf den Fall stürzen und nicht nur ihn, sondern seine ganze Familie ins Verderben reißen.
    Schon wieder.
    Dass ihm versichert wurde, es wäre höchst unwahrscheinlich, dass der Fall noch einmal aufgerollt werden würde, half ihm nicht weiter. Lindsays Eltern würden nicht locker lassen, weil sie fest davon überzeugt waren, dass das der ein zige Weg war, für Gerechtigkeit zu sorgen.
    Er dachte an die negative Presse, an die Diskussionen, Analysen, Spekulationen der Medienleute. An die Privatdetektive, die die Piedmonts anheuern würden oder vermutlich schon angeheuert hatten. Die würden nach Whiskey Beach kommen und ihre Spekulationen, Zweifel und Fragen mitbringen. An den einzigen Zufluchtsort, der ihm geblieben war.
    Er fragte sich, ob Detective Wolfe vom Police Department Boston sie in diesem Entschluss bestärkt hatte. An schlechten Tagen betrachtete Eli Wolfe als seinen Erzfeind. Er war derjenige, der ihn wie besessen wegen eines Verbrechens verfolgte, das er nicht begangen hatte. An guten Tagen war Wolfe für ihn nur ein sturer, vernagelter Cop, der nicht einsehen wollte, dass ein Mangel an Beweisen vielleicht für die Unschuld des Verdächtigen sprach.
    Wolfe hatte es nicht geschafft, den Mordfall zur Anklage zu bringen. Doch das hatte den Mann nicht davon abgehalten, ihn zu belästigen, bis seine Vorgesetzten ihn verwarnt hatten.
    Zumindest offiziell.
    Er traute es Wolfe durchaus zu, dass er die Piedmonts in ihrem Kampf bestärkte.
    Eli stützte die Ellenbogen auf und strich sich über das Gesicht. Er hatte gewusst, dass es so weit kommen würde, dass die Sache nicht ausgestanden war. Aber vielleicht war es besser, das ein für alle Mal hinter sich zu bringen.
    Weil er Neals letztem Satz zustimmte und auch fand, dass sie sich dringend unterhalten müssten, griff Eli zum Telefon.
    Sein Kopf drohte zu explodieren, und die beschwichtigen den Bemerkungen seines Anwalts konnten dagegen nur wenig ausrichten. Die Piedmonts drohten, ihn zu verklagen, um weiter Druck zu machen, das Interesse der Medien wach zuhalten und die Aussicht auf eine endgültige Einstellung des Verfahrens zu verringern.
    Keine der Einschätzungen seines Anwalts beruhigte ihn, auch wenn er sie nachvollziehen konnte.
    Die Vorschläge, sich unauffällig zu verhalten, die Ermittlungen nicht zu behindern, selbst einen Detektiv zu beauftragen, erschienen ihm wenig hilfreich. Er hatte ohnehin vorgehabt, sich unauffällig zu verhalten. Und welche Ermittlungen sollte er behindern? Die Vorstellung, erneut vergeblich Geld und Hoffnung in einen Privatdetektiv zu investieren, stimmte ihn auch nicht gerade zuversichtlich.
    Wie sein Anwalt und die Polizei wusste er ganz genau, dass die Chance, handfeste Beweise zu finden, von Tag zu Tag abnahm.
    Weshalb es sehr wahrscheinlich war, dass er weiterhin in der Luft hängen, weder schuldig noch freigesprochen werden und für immer von diesem Verdacht überschattet sein würde.
    Er musste also lernen, damit zu leben.
    Er hörte, dass es klopfte, doch der Grund dafür ging ihm erst auf, als die Tür sich öffnete. Er sah zu, wie Abra ein riesiges, gepolstertes Ding hereinschleppte.
    »Hallo. Achten Sie einfach nicht weiter auf mich. Ich schaff das schon allein.«
    Er eilte zur Tür. »Es tut mir leid, ich wollte mich melden und Ihnen sagen, dass das kein guter Moment ist.«
    Sie lehnte sich gegen die Tür, um sie zu schließen, und seufzte laut auf.

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