Das Geheimnis der Wunderkinder
und du gehst zurück, von wo du gekommen bist. Verstanden?«
»Ja, Sir.«
Und so kam es, daß Jimmy Holden, während die Polizei im ganzen Land nach einem heimatlosen, verängstigten Fünfjährigen suchte, in einem bequemen Bett in einem sauberen Zimmer schlief.
4.
Jimmy entdeckte, daß er für den ihm zugedachten Job sehr geeignet war, denn der Auskundschafter mußte jung genug sein, um noch nicht schulpflichtig zu sein und doch alt genug, um Befehlen folgen zu können.
Seine Aufgabe bestand darin, ziellos in der Stadt umherzuwandern und nach parkenden Autos Ausschau zu halten, bei denen der Zündschlüssel noch im Schloß steckte. Nur ein Kind kann durch die Straßen rennen und in Autos spähen oder gelegentlich die Türen ausprobieren, ohne aufzufallen. Es war wenig Risiko dabei, er brauchte lediglich ein Objekt ausfindig zu machen, es zu melden und dann auf die Suche nach dem nächsten zu gehen.
Jimmys Einführung nahm nur einen Vormittag in Anspruch, bereits am Nachmittag machte er sich für Jakes Bande an die Arbeit.
Mit der Zeit bekam Jimmy einen geübten Blick dafür, welche Wagen sich eigneten und welche nicht – zum Beispiel Wagen vor einer fast abgelaufenen Parkuhr oder vor Supermärkten, wo der Fahrer jeden Augenblick zurückkommen konnte, waren ungünstig, und solche Tips wurden von Jakes Leuten auch nicht wahrgenommen.
Nach Schulschluß bis zum Abendessen konnte Jimmy tun, was er wollte. Er fand es schwierig, sich den Spielen seiner Altersgenossen anzuschließen, und außerdem hatte Jake ihn vor Moe und seiner kleinen Diebesbande gewarnt. Jimmy hätte gern auf dem Autohof mitgeholfen, aber da man ihm nur Schmutzarbeiten auftrug, wandte er sich schließlich dem Kochen zu.
Jake liebte Eintöpfe und Suppen und kannte alle Kräuter und Gewürze, aber nach und nach lernte Jimmy es, das Essen nach Jakes Geschmack zuzubereiten und erhielt zu guter Letzt sogar die Erlaubnis, die Steaks und Koteletts zu übernehmen, die es zum Abendessen gab.
Jimmy sah sich auch nach anderen Beschäftigungen um, aber Jake hatte noch nie einen Auskundschafter bei sich wohnen gehabt, und da sich für Jimmy dort kaum Spielmöglichkeiten boten, begann er zu lesen. Natürlich war er hier auf Jakes Bücher angewiesen, zum Teil Zukunftsromane, zum Teil Mädchenmagazine. Die Zukunftsromane las er gern, für letztere interessierte er sich nicht. Jake ging sogar so weit, daß er dem Jungen weitere Zukunftsromane besorgte, als diesem der Lesestoff ausging.
Eines Tages entdeckte Jimmy einen Wagen, auf dessen Rücksitz eine Reiseschreibmaschine stand. Der Wagen war abgeschlossen und daher kein wünschenswertes Objekt, aber der Fund regte Jimmys Phantasie an. Ein Wagen mit einer. Schreibmaschine war besser als einer ohne. Es dauerte dann auch nicht lange, bis Jimmy einen Wagen ausfindig machte, in dem ebenfalls eine Reiseschreibmaschine war. Er meldete das Auto, und Jakes Fahrer holte es ab.
Jimmy beanspruchte sofort die Schreibmaschine für sich.
Jake war damit nicht einverstanden. »Hör mal, mein Junge, ich kann sie für zwanzig Dollar verkaufen!«
»Ich will sie aber haben!«
Jake blickte Jimmy nachdenklich an und sah zwei Dinge vor sich: Eine Tausend-Dollar-Belohnung – und Gefängnisgitter.
Jake konnte erstere einkassieren und letzteres vermeiden, indem er sich Jimmy Holdens Dankbarkeit sicherte. Also lachte er rauh auf und beschloß: »Gut, du sollst sie haben«, hob die Schreibmaschine auf und trug sie in Jimmys kleine Schlafkammer.
Gleich nach dem Abendessen begann Jimmy zu üben, Buchstabe für Buchstabe, genauso mühsam wie er den gefälschten Brief an den Schalterbeamten getippt hatte. Er hatte fast eine Stunde und an die fünfzig Blatt Papier gebraucht, um den Text fehlerlos zu schreiben. Jetzt war er entschlossen, richtig maschineschreiben zu lernen, aber zu guter Letzt ging Jake das unaufhörliche abgehackte tack-tack auf die Nerven.
Ärgerlich kam er in Jimmys Kammer. »Du verschwendest bloß Papier«, fuhr er den Jungen an. »Wie kommt es, daß du bei deiner Erziehung nicht maschineschreiben kannst?«
»Mein Vater wollte es mir nicht erlauben. Ich müßte älter sein, um es richtig zu lernen, hat er gesagt. Und wenn ich einmal mit dem Zwei-Finger-System anfinge, würde ich es mir nicht wieder abgewöhnen.«
»Na, und was machst du jetzt? Zählt es etwa nicht mehr, was dein Vater gesagt hat, nur weil er tot ist?«
»Mein Vater kann es mich nicht mehr lehren, wie er mir versprochen hat, also
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