Das Geheimnis der Wunderkinder
zu untersuchen?«
»Dann wird im Protokoll stehen, daß ich Sie wegen Befangenheit als Richter in meinem Fall ablehne.«
»Mit welcher Begründung?«
»Mit der Begründung, daß Sie persönlich an meinem Verfahren interessiert sind, durch das Sie selbst ein noch umfassenderes Wissen erlangen könnten.«
Der Richter blickte James nachdenklich an. »Und wenn ich nun darauf hinweise, daß ein solches Verfahren von äußerster Wichtigkeit für den Staat, ja sogar für die gesamten Vereinigten Staaten ist und daher enthüllt werden sollte?«
»Dann werde ich darauf hinweisen, daß Ihre Entscheidung auf einer persönlichen Ansicht basiert, da Sie nichts über dieses Verfahren wissen. Wenn Sie entscheiden, daß ich gesetzlich minderjährig bleibe, können Sie mich nicht dafür bestrafen, daß ich Ihnen nicht meine Geheimnisse erzähle; werde ich gesetzlich für kompetent erklärt, dann bin ich zu eigenen Entschlüssen berechtigt.«
»Du bist im Recht«, gab Richter Carter anerkennend zu. »Ich werde also keine solche Frage stellen. Aber nun frage ich dich, ob dein Verfahren sowohl sicher als auch einfach ist?«
»Wenn es richtig und vernünftig angewandt wird.«
»Ist es nicht so, daß deine Schwierigkeiten in der Schule, deine Unfähigkeit, mit deinen Klassenkameraden auszukommen und die Notwendigkeit, dich jahrelang zu verstecken, während du im geheimen für deinen Lebensunterhalt gearbeitet hast – daß all dies eben gerade auf deine durch das geheime Verfahren erlangte umfassende Bildung zurückzuführen ist?«
»Das muß ich zugeben, aber …«
»Du mußt es zugeben«, unterbrach Richter Carter. »Und obgleich du das wußtest, hast du nicht gezögert, die Tochter deiner Haushälterin in die gleiche unglückliche Lage zu bringen. Mit anderen Worten, du hofftest, aus ihr ebenfalls eine intellektuelle Mißgeburt zu machen?«
»Ich … also hören Sie …«
»Nein, jetzt hörst du her! Hast du dich der Erziehung Martha Bagleys, jetzt Martha Fisher, angenommen oder nicht?«
»Ja, aber …«
»War das vernünftig, James Holden?«
»Was ist unrecht an höherer Bildung?« fragte James ärgerlich.
»Nichts, wenn man sie auf normale Weise erwirbt.«
»Aber …«
»Hör mir zu! Entschiede ich jetzt zu deinen Gunsten, dann würde Martha Fisher die nächste in einer langen und nicht endenden Reihe von kindlichen Supermenschen, die die Gerichte bestürmen und ihre gesetzliche Majorennität beantragen, und jeder wird auf deinen Fall verweisen, da hiermit ein Präzedenzfall geschaffen würde.«
»Ich kann die Zukunft nicht voraussagen, Sir«, gab James zurück. »Und was in Zukunft sein mag oder nicht, hat mit dieser Verhandlung eigentlich nichts zu tun.«
»Das wohl nicht, aber werde ich hier keinen gefährlichen Präzedenzfall schaffen, der damit enden kann, daß es qualifizierte Ärzte gibt, die noch nicht einmal groß genug sind, ein Stethoskop zu schwingen, oder Anwälte, die einen Fall verteidigen, bevor sie aus den kurzen Hosen heraus sind. Ich werde diese Verhandlung bis auf unbestimmte Zeit vertagen und nur teilweise eine Entscheidung fällen. Bis dieses Verfahren von dir unter behördliche Kontrolle kommt, erkläre ich dich, James Holden, zum Mündel des Staates unter der Rechtsprechung dieses Gerichts. In allgemeinen Angelegenheiten kannst du frei entscheiden, in Angelegenheiten, die ein reiferes Urteil erfordern, wirst du dich an dieses Gericht wenden. Die Fragen werden dann nach entsprechender Beratung je nach Wichtigkeit entweder in offener Sitzung oder intern behandelt. Der Gerichtsstenograph wird jetzt sämtliche Aussagen von James Holden aus dem Protokoll streichen.«
»Ich erhebe Einspruch«, rief Brennans Anwalt.
»Alle Einwände sind abgelehnt. Das neue Mündel des Staates wird mich sofort in meinen Räumen aufsuchen. Die Verhandlung wird vertagt.«
Die Unterredung zwischen Richter Carter und James Holden war kurz und stürmisch.
»James Holden«, sagte der Richter, »du bist da in eine Sache verwickelt, die sehr gefährlich ist. Du behauptest, daß dein Verfahren ein Geheimnis ist, aber dein Geheimnis sickert langsam durch. Du wolltest einen Gerichtsbeschluß erlangen, der dich für gesetzlich mündig erklärt. Gut, hätte ich diesem Wunsch stattgegeben, würde jetzt alles, was du über deine Erziehung gesagt hast, im Gerichtsprotokoll stehen und dein Geheimnis damit weiter verbreitet sein. Wie lange, glaubst du, hätte es gedauert, bis Millionen von Menschen an deine Tür gekommen
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