Das Geheimnis der Wunderkinder
angeben.
»Nun, Mrs. Fisher, haben Sie während Ihres Aufenthalts im Hause auf Martin’s Hill vor Ihrer Ehe die Unternehmungen von James Holden beaufsichtigt?«
»Nein.«
»Danke«, sagte Manison und gab Waterman ein Zeichen, Mrs. Fisher ins Kreuzverhör zu nehmen, falls er dies wünschte.
Immer noch etwas befremdet, wandte sich Waterman an Mrs. Fisher. »Mrs. Fisher, wer führte die Aufsicht im Hause auf Martin’s Hill?«
»James Holden.«
»Hat James Holden sich während dieser Jahre zu irgendeiner Zeit Ihres Wissen nicht so betragen, wie es sich für einen ehrlichen anständigen Bürger gehört?«
»Nein, das hat er nicht.«
Waterman wandte sich nun an Richter Carter. »Euer Ehren, meines Erachtens hat der Kläger in diesem Fall mit seinen Aussagen eher die Behauptungen meines Klienten unterstützt, als seiner eigenen Sache gedient. Würde das Gericht dem Antrag auf Einstellung des Verfahrens stattgeben?«
Richter Norman L. Carter lächelte. »Das ist nicht zulässig«, meinte er. »Sie müssen mit dem Antrag warten, bis der Anwalt des Klägers den Fall abgeschlossen hat.« Er blickte Frank Manison an. »Irgendwelche Einwände?«
»Euer Ehren«, begann Manison, »ich habe meinem Klienten gestattet, sich in diesem fragwürdigen Licht zu zeigen, nur um besser herauszubringen, daß jeder Mensch in den Augen anderer Fehler machen kann, wenn er selbst nur das tut, was er ehrlich für sich und die ihm anvertraute Person für am besten hält. Wir erkennen die Tatsache an, daß James Holdens Intellekt außergewöhnlich ist, aber wir verweisen auf zahlreiche Fälle von frühreifen Jugendlichen oder Wunderkindern, die in ihren frühen Jahren großes Aufsehen erregen und dann, bevor sie noch zwanzig werden, in Vergessenheit geraten. Nun, wenn man James Holden betrachtet, so bezweifle ich keineswegs, daß er über die Wirkung des Untergangs von Rom auf die westliche Zivilisation diskutieren und wahrscheinlich auch die Bahn eines künstlichen Satelliten berechnen kann, aber ich bezweifle, daß James Holden einen Drachen steigen lassen oder Murmeln werfen kann …«
»Worauf wollen Sie hinaus?« unterbrach Richter Carter.
»James Holden hat einen Vormund, den das Gesetz auf ausdrücklichen Wunsch seiner Eltern benannt hat. Eigenwillig wie er ist, hat er es für richtig gehalten, sich diesem Schutz zu entziehen, und kämpft nun darum, auch weiterhin diesem Schutz zu entgehen. Ich vermute, daß James Holden es vorzieht, bei den Fishers zu bleiben, wo er, laut Mrs. Fisher, niemandem Rechenschaft schuldig war und sogar den Ton angab. Ich …«
»Diese Vermutung ist nicht statthaft«, warf Richter Carter ein. »Streichen Sie das aus dem Protokoll.«
»Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Manison, »aber ich erhebe Einspruch dagegen, das Verfahren einzustellen, bis wir erfahren haben, was James Holden betreffs seiner Zukunft für Absichten hat.«
»Ich werde Mr. Watermans Antrag zurückstellen, bis der von Ihnen erwähnte Punkt zur Sprache gekommen ist«, sagte Richter Carter. »Sind Sie fertig?«
»Ja«, erwiderte Manison. »Ich ziehe mich zurück.«
»Mr. Waterman?«
»Euer Ehren«, sagte Waterman, »wir sind angewiesen worden, Gründe vorzubringen, weshalb James Holden nicht unter die Aufsicht seines gesetzlichen Vormunds zurückkehren sollte. Mr. Manison hat angedeutet, daß James Holden sich lieber unter die Obhut von Mr. und Mrs. Fisher stellen lassen würde. Tatsache ist jedoch, daß James Holden weder Schutz braucht noch wünscht. Im Gegenteil, James Holden bittet dieses Gericht, ihn gesetzlich für mündig zu erklären, damit er seine eigenen Angelegenheiten regeln kann – mit allen Rechten und auch den Risiken, die der Status eines Erwachsenen mit sich bringt.
Ich möchte darauf hinweisen, daß die Gesetze zum Schutz von Minderjährigen primär deswegen erlassen wurden, um Ausnutzung, Beraubung und Grausamkeiten zu verhindern. Hier handelt es sich jedoch um einen jungen Mann von zwölf Jahren, der bereits gezeigt hat, daß er fähig ist, mit der Welt der Erwachsenen fertig zu werden. Wir behaupten daher, daß für diesen Fall die Schutzgesetze nicht nur unnötig, sondern auch unerwünscht sind, da sie ein Individuum daran hindern, ein selbständiges und erfolgreiches Leben zu führen. Um diese Behauptung zu beweisen, bitte ich darum, daß James Holden als mein erster Zeuge vereidigt wird.«
»Ich erhebe Einspruch, Euer Ehren«, rief Frank Manison. »James Holden ist ein Minderjähriger und daher
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