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Das Geheimnis Des Amuletts

Das Geheimnis Des Amuletts

Titel: Das Geheimnis Des Amuletts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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wirbelten. Wir sahen sie zusammen mit ihrer Cousine Celeste lachend auf der Terrasse von Wyldcliffe, dann, wie sie sich wegen irgendeiner Sache Ärger einhandelte und zur Obersten Mistress zitiert wurde, um sich eine Verwarnung abzuholen. Wir sahen, wie sie das Arbeitszimmer von Celia Hartle betrat und kurz darauf in der Krypta unter der Ruine der Kapelle zu schlafen schien, wo sich Mrs. Hartle begierig über ihren Hals beugte und ihre Seele aussaugte. Schließlich zeigten die schimmernden Bilder Laura so, wie wir sie das letzte Mal in der unterirdischen Höhle gesehen hatten: als Gebundene Seele, weiß und hager, so dürr wie ein Skelett und vollkommen dem Willen ihrer Priesterin unterworfen. Mrs. Hartles Sklavin. Selbst in diesem verschwommenen Bild aus vermischten Lichtern sah ich, dass Lauras Augen aussahen wie zwei tote Teiche, und bei diesem Anblick überwältigte mich ein schreckliches Mitgefühl wegen der Demütigung, die sie erleiden musste.
    Helen hörte auf zu singen. »Laura!«, rief sie leise. »Hör mir zu!«
    Lauras Blick wurde konzentrierter, als versuchte sie, in die Ferne zu schauen. Sie konnte uns nicht sehen, aber es war möglich, dass ihr Geist, wo immer er auch gefangen war, Helens Ruf gehört hatte. Ihre Lippen bewegten sich. »Ich bin nicht Laura«, flüsterte sie. »Ich bin niemand, ich gehöre der Priesterin.«
    »Das muss nicht sein«, erwiderte Helen. »Du kannst immer noch gerettet werden. Haben wir deine Erlaubnis, die Schwelle deines Todes zu übertreten und dich auf den Pfad zu bringen, der dich zu deinem wahren Heim führen wird?«
    »Ich kann nicht … alles … es gehört alles der Priesterin«, begann Laura erneut.
    »Das ist nicht wahr«, sagte Helen. »Dein Geist gehört nur dir selbst und seinem Schöpfer. Der Zugriff der Priesterin auf dich wird aufhören. Dafür werde ich sorgen, das verspreche ich dir. Lass dir von uns helfen.«
    Laura schien sich angstvoll umzusehen, und ein schreckliches, krampfartiges Zittern huschte über ihr Gesicht. In gequältem Flüsterton stöhnte sie: »Ja … ja … findet mich, helft mir … bitte …« Einen kurzen Moment lang leuchteten ihre Augen auf; dann flackerte rotes Licht auf, und ein Schrei erklang in der Ferne. Helens filigran gewebte Bilder zersplitterten und lösten sich auf. Der Talisman lag ruhig in ihrer Hand. Wir sahen einander an, atmeten hörbar aus und verließen den Kreis.
    »Helen, du warst einfach atemberaubend!«, keuchte Evie.
    »Woher weißt du, was du tun musst?«, fragte Josh.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher.« Helen blickte leicht verlegen zu Boden und gab Evie den Talisman zurück. »Ich sehe in meinem Geist, was ich tun will, und irgendwie schaffen meine Kräfte es, dass es auch geschieht. Aber es ist klar, dass man niemanden retten kann, wenn dieser Mensch nicht gerettet werden will. Zumindest wissen wir jetzt, dass ein Teil von ihr frei sein möchte und über ihre Gebundenheit hinaussehen kann. Ohne das würde es keine Hoffnung geben.« Sie brach ab und murmelte in sich hinein: »Eine Gefangene, die ihr Gefängnis liebt, kann nie befreit werden.«
    »Also, was tun wir jetzt?«, fragte Evie.
    »Wir warten auf den Neumond.«
    »Das ist ja schön und gut«, sagte ich, »aber wir müssen wissen, wo dieses ›Auge der Zeit‹ ist – was immer es ist.«
    »Keine Sorge, Sarah«, sagte Helen. Jetzt trat wieder dieser verschlossene, abgeschottete Ausdruck in ihr Gesicht. »Ich glaube, dass ein Zeichen erscheinen wird. Ihr solltet auch daran glauben.«
    Eine Erinnerung rührte sich in mir. »Aber ich bin mir sicher, dass ich gesehen habe … oh, da könnte etwas in dem Buch stehen. Ein Versuch schadet nicht.«
    Cal breitete seine Jacke auf dem feuchten Boden aus und legte das Buch darauf, öffnete es dann auf den ersten Seiten. Als wir alle darum herum saßen, las ich die vertrauten Worte vor:
    »Leser, bist du nicht rein,
So nimm deine Hand zurück und halte ein.
Die hier offenbarten uralten Mysterien
Dürfen nicht durch das Böse befleckt werden.«
    »Aber was wir suchen, stand nicht hier«, sagte ich ungeduldig. »Es stand am Ende. Ich erinnere mich, es war etwas über die Zeit.« Ich blätterte die Seiten um, bis zum Ende des Buches. Da, auf der allerletzten Seite, befand sich das kunstvolle Muster mit dem Auge in einem Kreis, umgeben von Symbolen und den Worten Oculus tempi omnia videt. Ausnahmsweise einmal war ich froh über die langweiligen Lateinstunden in Wyldcliffe. »Da – oculus tempi – das Auge der Zeit. Es

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