Das Geheimnis des Falken
Erhaltung der Kunstschätze von Ruffano sind überaus willkommen.« Die Beleidigung berührte sie nicht, ich glaube, sie hatte sie nicht einmal registriert.
Aldo bewegte sich indessen schon weiter, um einen Neuankömmling zu begrüßen, Professor Rizzio, der allein, ohne seine Schwester, auftrat. Der Vizepräsident der Universität sah sehr mitgenommen aus. Er schüttelte Aldo die Hand und antwortete auf dessen eifrige Erkundigung nach dem Befinden seiner Schwester irgend etwas, das ich nicht verstehen konnte.
Sein abgehärmtes Aussehen verwirrte mich. Ich vermied es, ihn anzusehen, und begab mich unauffällig außer Hörweite, um die eintreffenden Gäste zu besichtigen. Aber unter lauter Fremden entdeckte ich nur einen Bekannten: Giuseppe Fossi, der fast aus seinem zu eng gewordenen Smoking platzte, begleitet von seiner Frau, die mehr denn je einer pickenden und glucksenden Henne glich.
Durch das Portal warf ich einen Blick auf die Reihe der parkenden Wagen und die schwatzende, gaffende Menge im Hintergrund.
Zwar hatte sich nicht ganz Ruffano versammelt, aber ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung war doch herbeigeströmt, Eingeborene wie Studenten, die bei der Gelegenheit frische Luft schnappen wollten.
Als ich ins Vestibül zurückkam, stellte ich fest, daß Giuseppe Fossi Carla Raspa entdeckt hatte und emsig bemüht war, seine Frau in die entgegengesetzte Richtung zu dirigieren. Aldo, immer noch mit Professor Rizzio beschäftigt, schaute stirnrunzelnd auf die Uhr.
Meine Dame schlängelte sich zu mir durch: »Der zweite Ehrengast hat sich verspätet«, berichtete sie, »es ist fast zehn vor neun. Das hat er natürlich mit Absicht so eingerichtet, damit er mit seinem Auftritt mehr Aufsehen erregt als Professor Rizzio.«
Ich hatte gar nicht mehr an den WW-Direktor, Professor Elia, gedacht. Natürlich! Die Party war ja eine Versöhnungsfeier, und Aldos Triumph sollte darin gipfeln, die beiden Gegner, Elia und Rizzio, wieder zusammenzubringen. Das Stimmengewirr wurde immer stärker. Die Gläser klangen. Ich schüttelte den Kopf, als man mir den dritten Martini anbot.
»Wollen wir nicht gehen?« flüsterte ich Carla Raspa zu.
»Und das Duell der Giganten versäumen? Im Leben nicht!«
Mir kamen die Minuten wie Stunden vor. Inzwischen standen die Zeiger der Hoteluhr auf drei Minuten vor neun. Aldo unterhielt sich nicht mehr mit Professor Rizzio, sondern klopfte mit der Fußspitze ungeduldig auf den Fußboden.
»Wohnt Elia weit von hier?« fragte ich meine Begleiterin.
»Im Wagen drei Minuten«, sagte sie. »Kennen Sie nicht das große Haus an der Ecke Piazza Carlo? Oh, nein, der Fall ist klar! Das ist genau seine Art, den anderen die Schau zu stehlen.«
Am Empfangspult läutete das Telefon, was ich zufällig mitbekam, weil ich zwischen dem Pult und dem Gros der Gäste stand.
Ich sah den Empfangschef aufmerksam zuhören, nach einem Notizblock langen und eine Bestellung aufschreiben. Er wirkte bestürzt. Dann schob er den neben ihm stehenden Pagen beiseite, eilte durch das Gewühl auf meinen Bruder zu und gab ihm den Zettel.
Ich beobachtete Aldos Gesicht. Er überflog die Notiz und stellte dem Empfangschef hastig einige Fragen. Daraufhin wiederholte der Mann offenbar – bleich und verwirrt –, was er gerade am Telefon vernommen hatte.
Aldo hob beide Hände und bat um Gehör. Der Lärm legte sich augenblicklich. Alle Gesichter wandten sich ihm zu.
»Ich fürchte, daß Professor Elia etwas zugestoßen ist«, sagte er. »Soeben kam ein anonymer Anruf, ich möge mich auf der Stelle zum Hause des Professors begeben. Es kann sich natürlich um einen dummen Streich handeln, aber für wahrscheinlich halte ich das nicht. Wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, fahre ich sofort hinüber. Sollte alles in Ordnung sein, komme ich dann gleich ins Hotel zurück.«
Ein Seufzer der Bestürzung wurde laut. Professor Rizzio, leidender anzusehen den je, zupfte Aldo am Ärmel. Vermutlich fragte er, ob er nicht mitfahren könne.
Aldo nickte und war schon unterwegs. Eilig durchquerte er den überfüllten Raum. Professor Rizzio folgte ihm, und auch andere Herren ließen ihre Ehefrauen stehen und strebten zum Ausgang. Carla Raspa nahm mich bei der Hand und zerrte mich in die gleiche Richtung.
»Kommen Sie, schnell!« befahl sie, »das kann eine sehr ernste Sache sein; es kann freilich auch gar nichts sein. Aber wie immer – wir werden uns keinesfalls entgehen lassen, was sich da abspielt.«
Ich folgte ihr durch die
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