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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Stimulans genug.«
    Ihre Nüstern zitterten vor Erwartung, wie die einer Zuchtstute, die gerade besprungen werden soll. Ich war darauf gefaßt, daß sie in jedem Augenblick mit den Hufen scharren würde.
    »Übrigens ist auch Giuseppe Fossi geladen, mit Frau«, teilte ich ihr mit. »Wenn er uns nun zusammen sieht? Könnte das Ihre bezaubernde Freundschaft nicht vielleicht zerstören?« Sie zuckte lachend die Achseln.
    »Er muß sich mit dem zufrieden geben, was ihm freiwillig geboten wird«, sagte sie unmissverständlich. »Außerdem dürfte er so stolzgeschwellt sein, daß er gar kein Auge für uns hat. Wollen wir gehen?«
    Es war kaum ein Viertel nach sieben. In der Bibliothek hatte Giuseppe Fossi davon gesprochen, daß sich die Gesellschaft um Viertel nach acht zusammenfinden würde. Ich sagte es Carla Raspa.
    »Ich weiß«, erwiderte sie, »aber ich denke mir die Sache so: Wir essen frühzeitig – zumal unser Tisch zu einem späteren Zeitpunkt schon wieder reserviert ist –, und wenn die Donati-Party sich zum Cocktail in der Halle versammelt, schlüpfen wir aus dem Restaurant und mischen uns unter die Gäste. Bevor man sich zu Tisch setzt, wird kein Mensch darauf kommen, daß wir gar nicht eingeladen sind.«
    Es hatte ehemals zu meinen Aufgaben gehört, ähnliche kleine Betrugsmanöver durchzuführen, um meine Touristen zu amüsieren. Es machte ihnen ein abendfüllendes Vergnügen, wenn sie in nächster Nähe eines Filmstars oder Diplomaten herumstehen und sich in der Illusion wiegen konnten, zu einer anderen Sphäre zu gehören, und sei es nur für fünf Minuten lang.
    Das gilt insbesondere für die angelsächsischen Völker.
    »Ganz wie Sie wünschen«, sagte ich zu meiner Begleiterin. »Meine einzige Bedingung besteht darin, daß wir den Gästen anschließend nicht ins Restaurant folgen und uns nicht der Blamage aussetzen, von der großen Tafel weggejagt zu werden.«
    »Ich versprechen Ihnen, mich zu benehmen«, sagte sie. »Aber man kann nie wissen. Vielleicht stimmt die Zahl der Gäste nicht, und sollten Plätze frei bleiben, würde ich mir bedenkenlos einen davon sichern.«
    Ich bezweifelte, daß Aldos Party so schlecht organisiert war, ließ aber die Sache auf sich beruhen. Auf Carlas Vorschlag hin setzte ich mich ans Steuer des geborgten Wagens. Wir schossen die Straße hinunter, kletterten, vorbei an San Cipriano, den Nordhügel in Richtung auf die Piazza Carlo hinauf und fuhren, etwa 200 Meter vor der Piazza, beim imposanten Hotel Panoramica vor.
    Wir kamen zu früh für die Neugierigen aus der Stadt, deren Auftritt Toni verheißen hatte, dennoch blieb unsere Ankunft nicht unbemerkt. Ein livrierter Portier stürzte herbei, um den Wagenschlag aufzureißen. Ein zweiter, nicht minder prächtig angetan, setzte die Drehtür in Schwung, und voller Mitleid dachte ich an meinen alten Freund Signor Longhi im Hotel del Duchi.
    Das Vestibül war sehr groß. Es war mit einem Steinfußboden, mit Säulen, Orangenbäumen in Kübeln und plätschernden Fontänen ausgestattet. Die Fenster der Rückwand gingen auf eine Terrasse hinaus, wo, so berichtete meine Begleiterin, die Hotelgäste sich während der schönen Jahreszeit aufhalten und wo sie auch essen konnten. Das Hotel, das in die zweite Saison ging, wurde von einem Konsortium verwaltet, zu dem, dem Vernehmen nach, auch Professor Elia gehörte. Diese Mitteilung überraschte mich nicht.
    »Machen Sie sich keine Sorgen wegen der Rechnung«, flüsterte Carla, »ich habe reichlich Geld mit, für den Fall, daß Sie mit Ihrem nicht auskommen sollten. Die Preise sind schwindelerregend und natürlich auf amerikanische und deutsche Touristen zugeschnitten. Im übrigen kann sich das kein Mensch leisten, außer den Mailändern.«
    Wir gingen zum Restaurant, das, von uns beiden abgesehen, im Augenblick leer war. Der riesige Tisch in der Mitte erinnerte mich an die Tafelrunden, die ich selbst so oft für meine ›Sonnenreisenden‹ arrangiert hatte. Nur die Fähnchen fehlten.
    Der Ober, mit einem Schwarm von Jungkellnern an seinen Frackschössen, geleitete uns unter Verbeugungen an unseren Tisch und händigte uns eine Speisekarte im Format einer Proklamation ein. Ich studierte die meine schweigend und dachte an den Inhalt meiner Brieftasche. Carla Raspa bestellte indessen mit Bravour für uns beide. Das Gericht, eine postume Vermählung von Aal und Polyp, versprach eine schlaflose Nacht. Was von Carla vielleicht beabsichtigt war.
    »In diesem Stil möchte ich gern leben«,

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