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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Drehtür und hörte noch das Aufheulen von Aldos Ferrari, der zur Piazza Carlo hinaufraste.

14. Kapitel
    In unserem geborgten Wagen fuhren wir eilends hinter Aldo her, aber andere hatten den gleichen Gedanken gehabt. Am schnellsten waren die Wagen jener Gäste, die wie wir und Aldo auf dem hoteleigenen Platz geparkt hatten.
    Zugleich rannte die neugierige Menge der Studenten und Einheimischen, die aus dem Durcheinander schlossen, daß etwas nicht stimmte, ihrerseits den Hügel hinauf. Die Hupen hupten verzweifelt, die Gänge kreischten, die Leute redeten und schrien aufgeregt durcheinander.
    »Dort an der Ecke, das ist Elias Haus«, sagte Carla Raspa und zeigte mit dem Finger auf eine Villa. »Es ist hell erleuchtet.«
    Der Ferrari war schon vorgefahren und hatte rechts von der Piazza Carlo im Garten geparkt. Ich sah Aldo hinausspringen und ins Haus stürzen. Professor Rizzio folgte ihm in etwas gemäßigterer Gangart.
    Ich drosselte das Tempo, weil ich nicht wußte, was ich tun sollte. Wir konnten ja nicht gut neben dem auffallenden Ferrari parken.
    Hinter mir wurde ungeduldiges Hupen laut. »Ich fahre einmal um die Piazza herum und dann wieder hierher zurück«, sagte ich und brauste los, während Carla, die sich den Hals ausreckte, atemlos berichtete: »Sie kommen wieder heraus. Er kann nicht zu Hause sein.«
    Hinter mir brach die Hölle los. Scheinwerferlicht schoß in meinen Spiegel. Die Menge randalierte.
    »Donati steigt wieder in seinen Wagen«, sagte Carla Raspa, »nein, doch nicht. Armino, warten Sie, so warten Sie doch! Parken Sie hier rechts, am Stadtgarten!«
    Die Piazza Carlo lief in eine Anlage aus, wie man sie mit Kieswegen und angepflanzten Baum- und Strauchgruppen allenthalben findet. Über der ganzen Szenerie thronte beherrschend das Standbild des Herzogs Carlo. Ich stellte den Wagen neben ein paar Bäumen ab, und wir stiegen aus.
    »Was sollen die Scheinwerfer?« fragte ich.
    »Die schalten sie zur Festivalwoche immer ein«, erklärte meine Begleiterin. »Haben Sie sie gestern abend nicht bemerkt? Mein Gott …«
    Aufgeregt umklammerte sie meinen Arm und zeigte auf die Statue des Herzogs Carlo, der in majestätischer Gelassenheit auf seinem marmornen Piedestal paradierte und voller Güte auf den Kiesweg zu seinen Füßen herabschaute. Im Scheinwerferlicht wirkte er höchst imposant. Weniger imposant nahm sich der Mann aus, der unmittelbar zu seinen Füßen auf den Stufen hockte, die zum Piedestal herunterführten, und der von den Scheinwerfern angestrahlt wurde.
    Seine Hände und seine weit auseinander gezerrten Beine waren mit Gewichten beschwert, die ihn an jeder eigenmächtigen Bewegung hinderten. Er war splitternackt, und trotz der Entfernung – rund 25 Meter – konnte ich an der mächtigen Statur und dem schwarzen Haarschopf ohne weiteres erkennen, daß es sich um den Direktor der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Professor Elia, handelte.
    Während wir noch standen und starrten und meine Gefährtin einen halb erschrockenen, halb hysterischen Schrei unterdrückte, sahen wir Aldo mit einem halben Dutzend anderer Männer zum Standbild laufen. In Sekundenschnelle war das unglückliche Opfer umringt und allen indiskreten Blicken entzogen durch die Silhouetten derer, die sich über ihn beugten, um ihn loszubinden. Dann sah ich Aldo zurückstürzen, hörte ihn nach seinem Wagen rufen. Indessen näherten sich weitere Autos, kam der erste der herauf stürmenden Studenten auf dem Hügel an. Alles brüllte und schrie durcheinander: »Was ist los? Um wen geht es? Was ist geschehen?«
    Da wir frühzeitig auf der Bühne gewesen waren, hatten wir bessere Chancen als unsere gleichermaßen wissbegierigen Nachbarn, sogar bessere Chancen als Aldo und diejenigen, die ihm als erste nachgefahren waren, den armen Professor immer noch weitgehend zu decken.
    »Es sind richtige Küchengewichte«, hauchte Carla Raspa, »sie haben ihm Hände und Füße mit Küchengewichten beschwert.« Jemand durchschnitt die Fesseln. Arme und Beine sackten nach vorn. Der ganze Körper fiel in sich zusammen. Es sah so aus, als würde Elia zu Boden stürzen. Doch dann hob er den Kopf. Er war nicht geknebelt. Wenn Elia gewollt hätte, hätte er um Hilfe rufen können und wäre entsprechend schneller befreit worden. Warum hatte er es nicht getan?
    Ich las die Antwort in seinen Augen, die, ohne die gewohnte Brille, hilflos fragend auf den Gesichtern derer herumirrten, die ihn, mitfühlend und bestürzt, vor der Neugier der

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