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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Frage, die plötzlich in seinen Augen aufblitzte, daß auch er mich erkannte. Es war einer der Polizeibeamten, die Notizen gemacht hatten, als die englischen Touristinnen und ich auf der Präfektur in Rom aussagten.
    Er war in Zivil. Ich rannte die Treppen hinunter und tauchte ins Gewühl der Piazza Matrice. Dann lief ich, anstatt in die Via Vittorio Emanuele einzubiegen, durch die Via del Teatro und kletterte links den Abhang unter den Mauern des Palazzo Ducale hinauf. Ich hatte instinktiv zu laufen begonnen, und instinktiv hatte ich einen Weg eingeschlagen, der von meiner üblichen Route abwich.
    Wenn der Agent in mir den Reiseleiter erkannt hatte, der freiwillig gekommen war, um über die Ermordete auszusagen, würde er sich auch daran erinnern, daß eben dieser Reiseleiter mit seiner Gesellschaft damals im Aufbruch nach Neapel war, und er würde sich fragen, was derselbe Mann in Ruffano tat. Ein kurzer Anruf bei den ›Sonnenreisen‹, eine schnelle Rückfrage entweder im Genueser oder im römischen Büro würde den Agenten darüber belehren, daß Armino Fabbio darum gebeten hatte, von der Neapeltour freigestellt zu werden, und mit einem gewissen Herrn Turtmann und Frau in nördlicher Richtung weitergefahren war. Ebenso wahrscheinlich würde der Mann auch in Erfahrung bringen, daß der Reiseleiter Herrn Turtmann in Ruffano im Stich gelassen hatte und daß man seither ohne jede Nachricht von ihm war.
    Ich blickte mich um. Der Agent konnte mir kaum so schnell gefolgt sein. Und wenn ja, hatte ich ihn offenbar abgeschüttelt.
    Über die Piazza Maggiore schlenderten Müßiggänger, Leute, die ihre Besorgungen machten, Studenten – alle auf den Pfaden der Legalität. Ich schlüpfte durch den Seiteneingang in den Dom und auf der anderen Seite, genau gegenüber dem Palazzo Ducale, wieder hinaus. Im nächsten Augenblick war ich hinter den Mauern des Palastes verschwunden und lief durch den Innenhof zur Bibliothek.
    Erst als ich einen Moment innehielt, um Atem zu schöpfen, wurde mir klar, daß ich einen Akt der Panik begangen hatte. Vielleicht hatte es sich gar nicht um jenen Polizeiagenten gehandelt, und wenn ja, war damit noch lange nicht gesagt, daß er mich erkannt hatte. Meine Reaktion war die typische Reaktion eines Mannes gewesen, nach dem gefahndet wird und der sich schuldig fühlt.
    Ich stand noch und wischte mir den Schweiß von der Stirn, als sich die Tür der Bibliothek öffnete. Toni und der zweite Assistent kamen, mit einer schweren Kiste beladen, herausgeschwankt.
    »Hallo! Wer hat Sie denn so gejagt?« fragte Toni.
    Die Frage traf mich, und rasch stopfte ich mein Taschentuch in die Tasche.
    »Niemand«, sagte ich. »Ich bin in der Stadt aufgehalten worden und wußte, daß ich zu spät daran war.«
    »Was tut sich in der Stadt?« fragten beide gleichzeitig. »Streiken die Studenten? Demonstrieren sie?«
    Ich war noch so benommen von meinen Bemühungen, dem eventuellen Polizeiagenten zu entkommen, daß ich die Bedeutung ihrer Frage nicht gleich begriff.
    »Streiken?« sagte ich. »Wer denn?«
    Toni schaute verzweifelt gen Himmel. »Sind Sie noch von dieser Welt?« erkundigte er sich. »Wissen Sie denn nicht, daß es in ganz Ruffano gärt wegen der Dinge, die sich gestern abend auf der Piazza Carlo abgespielt haben?«
    »Es heißt, die Kommunisten hätten sich an Professor Elia vergriffen und versucht, ihm den Schädel einzuschlagen«, sagte Tonis Gefährte. »Und Fossi hat Befehl gegeben, soviel Material, wie irgend zu schaffen ist, von hier ins neue Gebäude zu transportieren, für den Fall, daß man versucht, den Palazzo in Brand zu stecken.«
    Damit schwankten die beiden mit ihrer Kiste durch den Hof.
    Ich ging in die Bibliothek, wo das pure Chaos herrschte.
    Die Bücher stapelten sich meterhoch auf dem Fußboden, und, assistiert von Signorina Gatti, warf Fossi Band um Band völlig wahllos in eine weitere Kiste.
    Bei meinem Eintreten blickte er auf. Sein Gesicht war schweißbedeckt, und er brach in eine Flut von Vorwürfen aus.
    »Müssen Sie ausgerechnet an diesem einen Morgen zu spät kommen?« schrie er. »Die ganze Universität steht Kopf. Überall wird mit Gewalt gedroht, und die Hälfte der Studenten demonstriert. Ich habe beschlossen zu handeln, um der Panik zu steuern. Kommen Sie her … Und Sie, Signorina Gatti, rufen Sie bitte im Neubau an und bitten Sie, daß man uns einen der dortigen Assistenten zur Unterstützung schickt. Diese Kisten müssen noch vor Mittag auf den Weg gebracht

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