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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Studenten werden auf der Straße kämpfen.«
    Sie sah mich an. Sie lächelte immer noch. Ihre Erleichterung darüber, daß ich nicht an ihre Beziehung zu Aldo oder Aldos Beziehung zu ihr gerührt hatte, stand ihr auf dem Gesicht geschrieben.
    »Im vergangenen Jahr sind wir auch durch die Straßen gezogen«, erklärte sie, »oder vielmehr mein Mann in der Rolle des Papstes Clemens mit seinem Gefolge, das ungeheuer echt wirkte. Ich wartete mit den Damen und Herren des Hofes im Palast auf seine Ankunft. Ich versichere Ihnen, daß gar nichts passieren wird. Die Polizei ist an den Festivaltrubel gewöhnt. Es wird sich alles in bester Ordnung abspielen.«
    »Wie kann sich ein Aufstand in bester Ordnung abspielen?« fragte ich. »Wie sollen Studenten, die man anstiftet, sich mit allen erdenklichen Waffen auszurüsten, Disziplin halten?«
    Sie winkte ab. »Das letzte Mal waren sie auch bewaffnet«, wandte sie ein, »und falls der eine oder der andere aus der Rolle fällt, wird man ihn schnell zur Räson bringen. Glauben Sie bitte nicht, daß ich Sie nicht verstehen wollte, Beo, aber wir veranstalten dieses Ruffano-Festival nun schon seit drei Jahren, oder richtiger, der Präsident veranstaltet es mit der Unterstützung Ihres Bruders. Die beiden wissen schon, wie man dergleichen handhabt.«
    Es war zwecklos. Meine Mission war gescheitert. Was ich immer vorbringen konnte, nichts würde sie überzeugen, es sei denn, ich beginge Verrat an Aldo, erzählte ihr alles, was ich in der vergangenen Nacht aus seinem eigenen Munde gehört hatte. Das aber verbot mir die Fairness.
    »Ich finde Aldo gegen früher verändert«, versuchte ich es noch einmal, auf einer anderen Weiche, »launenhafter, zynischer. Oft schlägt seine Stimmung mitten beim Lachen und Scherzen jählings um, und er verfällt in düsteres Schweigen.«
    »Sie haben ihn seit mehr als zwanzig Jahren nicht gesehen«, erinnerte sie mich. »Da müssen Sie schon einige Zugeständnisse machen.«
    »Wenn ich nur an gestern abend denke«, fuhr ich unbeirrt fort, »ja, besonders an gestern abend. Ich zeigte ihm einen alten Brief meines Vaters, den ich zufällig in einem der Bibliotheksbände entdeckt hatte. Es war ein Brief an Aldos Patenonkel – ein Arzt glaube ich – und besagte nichts weiter, als was für ein fabelhafter kleiner Bursche das Kind doch sei. Ich dachte, Aldo würde das Spaß machen, und las ihm den Brief vor. Daraufhin fuhr er weg, ohne mir auch nur gute Nacht zu sagen.«
    Ihr geduldiges, ja mitleidiges Lächeln brachte mich fast zum Wahnsinn.
    »Vielleicht war er gerührt und wollte es Ihnen nicht zeigen«, sagte sie. »Er hat doch euren Vater sehr geliebt. Und euer Vater war sehr stolz auf ihn, nicht wahr? Das war jedenfalls bisher mein Eindruck. Ich glaube, ich kann verstehen, daß er vergaß, gute Nacht zu sagen. Ihnen mag er als Zyniker erscheinen, Beo, aber das ist nur die Oberfläche. In Wahrheit …«
    Sie verstummte, plötzlich überwältigt von einem Gefühl, das all ihre Kälte, alle Reserviertheit Lügen strafte. So wie jetzt mußte sie Sonntag nacht ausgesehen haben, oben im Musikzimmer, als Aldo zurückkam, nachdem er mich verabschiedet hatte, und als dann die Vespas spuckend und brüllend die Stadt einkreisten und die maskierten Studenten ins Pensionat einbrachen, um über Signorina Rizzio herzufallen.
    Der ersten Dame der Stadt war man zu nahe getreten. Fragte sich nur, welcher? Für mich gab es an der Antwort keinen Zweifel mehr.
    »Verzeihen Sie, daß ich Ihre Zeit solange in Anspruch genommen habe«, sagte ich, »und erzählen Sie Aldo nichts von meinem Besuch, wenn Sie ihn sehen. Aber bitten Sie ihn, sehr vorsichtig zu sein.«
    »Das will ich gern tun«, erwiderte sie. »Außerdem läßt mein Mann sich das Programm des Festivals bis ins Detail auseinandersetzen, obgleich es ihm vielleicht nicht gut genug gehen wird, um selbst daran teilzunehmen. Hören Sie …«
    Das Telefongespräch war beendet. Schritte näherten sich.
    Sie lief zur Tür, wandte sich aber noch einmal um. »Er weiß nicht, wer Sie sind«, sagte sie, während ihr die verräterische Röte wieder ins Gesicht stieg, »ich meine in Ihrer Beziehung zu Aldo. Ich habe ihm erzählt, daß jemand in irgendeiner geschäftlichen Angelegenheit gekommen sei und daß ich nicht genau wisse, um wen es sich handle.«
    Ihr Schuldbewusstsein griff auf mich über, während ich ihr zur Tür folgte.
    »Ich werde gehen«, sagte ich.
    »Nein«, widersprach sie, »dazu ist es zu spät.«
    Wir

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