Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
Vom Netzwerk:
Präsident gestern abend zurückgekommen seien, aber ich hätte niemals gewagt, Sie so früh und noch dazu am Tage nach Ihrer Ankunft zu stören, wenn ich die Sache nicht für dringend hielte.«
    »Dringend?« fragte sie.
    In diesem Augenblick läutete das Telefon. Mit einem Ausruf des Unwillens und einer gemurmelten Entschuldigung wollte sie das Zimmer bereits verlassen, als wir Schritte hörten. Dann sprach eine männliche Stimme leise in den Apparat.
    »Genau das wollte ich verhindern«, sagte sie. »Wenn der Präsident erst anfängt zu telefonieren, und mal mit dem einen, dann mit dem anderen redet …« sie brach ab und versuchte zu horchen, doch die Stimme war zu undeutlich. »Aber nun ist halt nichts mehr zu machen«, sagte sie achselzuckend, »da er einmal abgenommen hat, kann ich mich nicht einmischen.«
    Ich war kreuzunglücklich in dem Bewußtsein, was ich ihr für Ungelegenheiten machte. Zu einem unpassenderen Zeitpunkt hätte ich gar nicht kommen können. Die tiefen Schatten unter ihren Augen verrieten, wie überanstrengt sie war. Am Sonntagabend hatte sie keine Schatten unter den Augen gehabt. Sonntagabend hätte die ganze Welt um sie versinken können.
    »Wie geht es dem Präsidenten gesundheitlich?« fragte ich.
    Sie seufzte: »So gut, wie es unter den gegebenen Umständen möglich ist«, antwortete sie. »Was hier in den letzten Tagen passiert ist, hat ihm einen fürchterlichen Schock versetzt. Aber Sie wissen ja schon …«, sie errötete. Das Blut, das in ihr sonst so blasses Gesicht stieg, bildete zwei große rote Flecken. »Sie waren es doch, mit dem ich Dienstagabend gesprochen habe … Aldo hat es mir gesagt. Er rief mich später noch an …«
    »Auch dafür muß ich mich entschuldigen«, sagte ich. »Ich meine, daß ich einfach aufgehängt habe. Ich wollte Sie wirklich nicht in Verlegenheit bringen.«
    Sie schob die Briefe auf dem Schreibtisch hin und her, wobei sie mir den Rücken zuwandte. Die Geste bedeutete, daß sie sich verschloss und daß es unklug sein würde, beim Thema zu bleiben. Das machte meine Aufgabe noch schwieriger.
    »Sie sagten, daß Sie mir etwas Dringendes mitzuteilen hätten«, erinnerte sie mich.
    Während sie noch sprach, wurde die Stimme am Telefon lauter, aber wir konnten nach wie vor kein Wort verstehen. Offenbar war eine längere Diskussion in Gang gekommen.
    »Vielleicht sollte ich doch hingehen«, sagte sie beunruhigt, »in der letzten Zeit ist soviel schiefgegangen. Professor Elia …«
    »Sie haben davon gehört?« fragte ich.
    Sie hob nur verzweifelt die Hände und begann mit schnellen Schritten im Zimmer auf und ab zu gehen.
    »Gleich der erste Anruf heute früh galt den Ereignissen von Dienstagabend, von denen man dem Präsidenten in übertriebener Form berichtete«, erklärte sie schließlich. »Nicht etwa, daß Professor Elia selbst angerufen hätte, oder Professor Rizzio … Der Anruf kam von einem dieser Wichtigtuer, von denen die Stadt wimmelt, und damit war das Malheur geschehen. Der Präsident ist sehr unglücklich. Später dann kam Ihr Bruder vorbei, um die Dinge ins rechte Licht zu rücken und ihn zu beruhigen. Als man mir eben den Besuch meldete, dachte ich, daß Aldo mir etwas zu sagen habe, was mein Mann vielleicht besser nicht erfuhr.«
    Wieder flutete helle Röte über ihre blassen Wangen, und sie vermied meinen Blick.
    »Signora«, sagte ich, »es ist Aldos wegen, daß ich gekommen bin.«
    Ihre Schultern strafften sich abwehrend, und ihr Gesicht wurde starr.
    »Was ist mit ihm?« fragte sie.
    »Es geht um das Festival«, begann ich, »ich war dabei, wie er zu den Studenten über das Festival sprach. Es ist in ihrer aller Vorstellung genauso eine Realität wie in seiner, und es wird deshalb zu einer Gefahr. Ich bin der Meinung, daß man es absagen sollte.«
    Die Angst, die in ihren Augen gestanden hatte, verschwand. Sie lächelte plötzlich.
    »Aber das ist doch der Sinn der Sache und war es immer«, sagte sie. »Ihr Bruder bringt in die betreffende Szene – was auch gespielt wird – soviel Leben, soviel Wirklichkeit hinein, daß jeder der Darsteller oder Darstellerinnen in die Haut der jeweiligen historischen Person schlüpft. Wir alle taten das im vorigen Jahr. Und das Resultat war brillant. Das wird Ihnen jeder bestätigen.«
    »Im letzten Jahr war ich nicht dabei«, sagte ich. »Ich weiß nur soviel: In diesem Jahr wird es anders sein. Zum einen spielt sich das Festival nicht im Herzogspalast, sondern auf der Straße ab. Die

Weitere Kostenlose Bücher