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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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eine Katastrophe hinauslaufen.
    »Haben Sie gehört, daß sich gestern abend ein Student den Hals gebrochen hat?« fragte sie.
    »Gerüchtweise.«
    »Man hat es noch nicht öffentlich bekannt gegeben, aber das wird bald geschehen. Schlug das Ausgehverbot in den Wind und lief dann vor den Patrouillen davon. So wird jedenfalls behauptet. Ein WW-Junge im dritten Jahr. Ich bin neugierig, wie seine Kommilitonen darauf reagieren werden. Diese Affäre könnte, so meine ich, den Ausschlag geben …«
    Sie stand noch einmal auf und kam mit Obst zurück. Für sich selbst suchte sie einen Pfirsich aus, den sie ungeschält aus der Hand aß. Der Saft lief ihr am Kinn hinunter.
    »Was meinen Sie eigentlich damit: den Ausschlag geben?« fragte ich.
    »Für den endgültigen Bruch zwischen ihnen und unseren Leuten«, sagte sie. »Sollte es dazu kommen, kann man nur sagen: Gott steh uns bei, wenn Donati morgen sein ›Ensemble‹ auf die Straße schickt. Daß er den WW-Studenten die Konzession gemacht hat, sie zur Teilnahme am Festival zu animieren, wird die feindlichen Parteien nicht versöhnen, sondern genau den gegenteiligen Effekt haben.«
    Sie lachte, lutschte den letzten Saft aus ihrem Pfirsichkern und warf ihn in den Abfalleimer neben dem Ausguss.
    »Ihr Kunstdirektor wollte seine Weiber nicht bewaffnen«, sagte sie, »aber eines kann ich Ihnen sagen: Die meisten der Mädchen, die in den letzten Tagen in meinen Vorlesungen waren, sind fest entschlossen, sich in den Kampf zu werfen, und wenn die WW-Meute ihre Jungen angreifen, wird die Hölle los sein. Mir tut die Polizei jetzt schon in der Seele leid.«
    Sie ging zum Herd und machte Kaffee heiß.
    »Auf alle Fälle werden die Herren keine Zeit haben, nach Ihnen Ausschau zu halten«, setzte sie hinzu. »Und in seinem Bau sind Sie ohnehin sicher und geborgen. Wie ist seine Wohnung? Asketisch oder üppig? Kahl und schlicht, oder mit Luxusteppichen ausgelegt?«
    »Wenn Sie sich den Wagen ausleihen und mich hinfahren, können Sie vielleicht selbst einen Blick hineinwerfen«, sagte ich. Aber ich hatte den Satz kaum ausgesprochen, als ich ihn schon bereute. Aldo würde mit genug Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ohne daß auch noch Carla Raspa auf den Plan trat. Andererseits sah ich keine Möglichkeit, in die Via del Sogni zu gelangen, wenn sie mir nicht half.
    »Da haben Sie recht«, erwiderte sie lächelnd. »Wenn ich seinen kleinen Spielgefährten in persona bei ihm abliefere, wird der Professor wohl nicht umhin können, mich wenigstens auf einen Augenblick herein zu bitten.«
    Wieder klingelte das Telefon. Sie ging ins Wohnzimmer hinüber. Ich stand und horchte. In meiner Psychose hatte ich jeden Anruf in Verdacht, daß er sich auf mich bezog.
    »Nein, nein, ich warte noch auf die beiden«, sagte Carla ungeduldig und schüttelte mit dem Kopf, »sie müssen irgendwie aufgehalten worden sein. Du weißt ja, welche Menschenmengen sich jetzt schon durch die Straßen wälzen.«
    Ich war ihr gefolgt. Sie legte die Hand über die Muschel und flüsterte mir zu: »Es ist noch mal Giuseppe.« Dann gab sie die Muschel wieder frei. »Du hast einen Termin? Um zwei? Im Hause des Präsidenten? Ich verstehe. Ist er denn zurück?«
    Aufgeregt schaute sie zu mir herüber. »Wegen des Unglücks? Natürlich. Ich bin neugierig, was er dazu sagen wird. Die Leute sind ja alle außer sich … Das wundert mich nicht … Hör mal, wird denn Professor Donati auch kommen? Aha … Am besten, du rufst mich hier wieder an, wenn die Sache vorbei ist. Nein, komm auf gar keinen Fall selbst vorbei. Bis nachher.«
    Sie holte tief Luft und lächelte. »Butali ist wieder da«, verkündete sie, »er hat für zwei Uhr eine Sitzung bei sich zu Hause einberufen. Wenn er erfährt, was in dieser letzten Woche außer dem Unfall noch alles passiert ist, bekommt er seinen zweiten Herzinfarkt.«
    Sie ging in die Küche und holte den Kaffee. Ich schaute auf die Uhr. Es war kurz nach eins. Verstohlen ging ich zum Fenster und schaute hinaus. Der Wagen, den wir am Dienstag ausgeliehen hatten, war unten geparkt.
    »Giuseppe wußte nicht, ob Donati zu der Sitzung kommen würde«, sagte Carla Raspa, »und ich finde es wenig sinnvoll, Sie zu ihm zu fahren, wenn wir dem Hausherrn nicht unsere Aufwartung machen können.«
    »Zum Teufel damit«, explodierte ich. »Die Hauptsache ist, daß ich hinkomme. Ihre Aufgabe ist damit erschöpft.«
    »Ich möchte aber nicht, daß sie damit erschöpft ist«, sagte sie. Während sie noch sprach,

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