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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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sterben sollte, hatte seinem Ältesten lächelnd zugeprostet. Meine Mutter, strahlend in einem lindfarbenen Kleid, spreizte sich in mütterlichem Stolz und warf Mann und Sohn eine Kusshand zu. Der Kommandant war noch nicht aufgetaucht am Horizont ihres Lebens.
    Ich goß den letzten Wein aus der Karaffe in mein Glas, und während ich das tat, kam, wie ein Echo auf meine Gedanken, ein weißhaariges altes Männchen hinter dem Paravent hervorgehumpelt, mit irgendeiner bunten Zeitungsbeilage in der Hand, die er den Turtmanns brachte. Voller Stolz wies er auf die Sehenswürdigkeiten von Ruffano hin. Es war der Besitzer selbst, Signor Longhi, und während er in holprigem Deutsch leise und höflich mit seinen Gästen sprach, kam mir intuitiv die Erkenntnis, daß er es gewesen sein mußte, dem das Geschirr hinuntergefallen war und der den Zorn der Signora erregt hatte. Er ließ die Beilage auf dem Tisch der Turtmanns liegen, machte bei den Handlungsreisenden kurz Station und kam in meine Ecke gehinkt.
    »Guten Abend, Signore«, sagte er. »Ich hoffe, Sie waren zufrieden?«
    Seine linke Hand war von einem nervösen Zittern befallen, was er zu verbergen versuchte, indem er die Hand hinter dem Rücken versteckte. Ich vermutete, daß es sich um ein Altersleiden handelte. Den beflissenen, helläugigen Signor Longhi von einst gab es nicht mehr. Ich dankte ihm für die Nachfrage. Er verbeugte sich und humpelte weiter. Sein Blick ging über mich hin, ohne daß eine Spur der Erinnerung darin aufblitzte. Und schließlich konnte ich etwas anderes auch nicht erwarten. Wie sollte irgend jemand auf den Gedanken kommen, daß der unbedeutende Reiseleiter von heute identisch war mit Signor Donatis Jüngstem, mit dem kleinen ›Beato‹, dem die Erwachsenen zärtlich über den Kopf strichen? Wir alle hatten uns verändert.
    Die Turtmanns erhoben sich gesättigt von ihrem Tisch, beide hochrot und aufgebläht vom guten Essen. Frau Turtmanns nestähnlicher Haarknoten hatte sich gelockert, eine lose Strähne hing heraus. Die weißen Wollsocken hatte sie für den Abend abgelegt. Sie tänzelte auf hohen Hacken zur Tür und redete über ihre Schulter hinweg mit ihrem Mann. Ich hörte sie etwas wie ›noch zu früh zum Zubettgehen‹ sagen, worauf er lachte und ihren Arm beklopfte. Mir wurde übel angesichts dieses plötzlichen Ausbruchs von Zärtlichkeit.
    »In unserem Zimmer funktioniert die Steckdose nicht«, sagte Herr Turtmann durch den ganzen Speisesaal hindurch zu mir. »Würden Sie bitte die Hotelleitung veranlassen, danach zu sehen?« Ich schaute auf die Uhr. Es war bereits neun Uhr vorbei.
    »Ich will es versuchen«, antwortete ich. »Aber möglicherweise ist niemand mehr verfügbar.«
    Er sah mich empört an. »Wofür zahle ich eigentlich, wenn nicht für Service?« fragte er und entschwand mit seiner Frau in den Korridor. Kurz darauf hörte ich sein gebieterisches Klingeln. Das aufgeregte Geschöpf von vorhin holte sich hinter dem Paravent Instruktionen und beeilte sich, zu Diensten zu sein. Ich trank meinen Kaffee aus und stand auf. Als ich in den Flur trat, traf ich das Mädchen, das mit einer elektrischen Schnur zurückkam und diese gerade dem verwirrten Signore überantworten wollte. Er streckte seine zitternde Hand aus und nahm die Schnur unter ängstlichem Kopfschütteln in Empfang.
    »Was wollen Sie?« fragte ich.
    »Es handelt sich um die Gäste in Zimmer zehn«, erwiderte er. »Sie haben irgendeinen Apparat mit, einen Kocher, den sie nachts benutzen möchten, falls sie Hunger bekommen. Aber ich fürchte, der Stecker an der Schnur paßt nicht in die Dose in der Wand.«
    »Geben Sie mir die Schnur«, sagte ich.
    Ich ging den Flur hinunter und klopfte an die Tür von Zimmer zehn. Herr Turtmann machte auf, schon halb ausgezogen, mit baumelnden Hosenträgern. Seine Frau saß rittlings auf einem Stuhl vor dem Frisiertisch, auf dem sie einen transportablen runden Kocher aufgebaut hatte. Allenthalben lagen Papiertüten herum. Aus einer schaute eine knallig kolorierte Wurst hervor.
    »Ich bedaure sehr«, erklärte ich, »aber es verstößt gegen die Vorschriften für Lebensmittelversorgung und Tourismus, daß die Gäste im Zimmer kochen. Darauf stehen sehr hohe Strafen, Geldstrafen bis zu 500 D-Mark oder drei Monate Gefängnis. Gute Nacht.«
    Ich ließ sie mit offenem Munde stehen. Dann holte ich meinen Mantel. Ich wollte fliehen, davonlaufen, nicht nur vor der Gier dieser beiden, sondern vor der Gier der ganzen Welt.
    Ich trat auf die

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