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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Gegenwart, wie er es wohl empfunden haben mochte, war er vor beiden in Entsetzen ausgewichen und hatte vergebens den Weg zurück gesucht, in die Namenlosigkeit des Grabes.
    »Hallo«, sagte eine Stimme an meinem Ohr. »Haben Sie sich entschieden?« Ich drehte mich um. Vor mir stand Carla Raspa. Sie wirkte kühl, zuversichtlich und selbstbewusst. Für sie gab es keine Zweifel. Sie hatte den ihr gemäßen Platz im Leben gesucht und offenbar gefunden.
    »Ja, Signorina. Vielen Dank für all ihre Mühe, aber ich habe beschlossen, Ruffano zu verlassen.«
    Dies hatte ich vor, dies wollte ich sagen, doch ich sprach es nicht aus.
    Ein junger Mann auf einer Vespa kurvte lachend um uns herum. Er hatte eine kleine Fahne an seinem Fahrzeug befestigt, die in der Brise flatterte, so wie die verhaßte Flagge am Wagen des Kommandanten, der der Liebhaber meiner Mutter war. Das Fähnchen war vielleicht nur ein Kitschartikel für Touristen und für ein paar hundert Lire auf der Piazza Maggiore erstanden. Aber es zeigte den Falken der Malebranche und wurde so in meinen sehnsüchtigen Augen zum Symbol.
    Indem ich meine gewohnte Reiseleiter-Maske aufsetzte, verbeugte ich mich, ganz Kavalier, vor der Signorina, indem ich sie von Kopf bis Fuß in jenen zärtlichen Blick einhüllte, den sie schon an mir kannte und von dem ich wußte, daß er rein gar nichts bedeutete.
    »Ich war gerade auf dem Weg zum Palazzo Ducale«, erklärte ich, »wenn Sie nichts anderes vorhaben, könnten wir vielleicht zusammengehen.«
    Wir bedienen uns in der Touristik gern der Fliegersprache: Ich war nicht mehr auf der Startbahn, sondern schon an jenen Punkt gelangt, von dem aus eine Umkehr nicht mehr möglich ist.

6. Kapitel
    Die Universitätsbibliothek war im Erdgeschoß des Palazzo Ducale untergebracht, in einem Raum, der vor langer Zeit einmal als Bankettsaal gedient hatte. Als mein Vater Museumsdirektor war, lagerten hier Manuskripte und Dokumente, und das taten sie wahrscheinlich noch.
    Meine neue Bekannte ging voran und strahlte das ganze Selbstbewußtsein einer ›persona grata‹ aus, während ich in ihrem Gefolge den Neuling spielte. Der Raum war riesig, größer noch, als ich ihn in Erinnerung hatte, und erfüllt von jenem muffigen Geruch, den jede Büchersammlung nun einmal ausstrahlt. Viele der Bücher waren in hohen Türmen auf dem Boden aufgestapelt, fertig für den Umzug ins neue Quartier. Es herrschte ein beträchtliches Durcheinander. Ein Assistent schob kniend bedruckte Papierstreifen in bestimmte Bücher. Ein zweiter hantierte, auf halber Höhe einer Leiter, mit den Bänden in den oberen Regalen herum. Eine dritte Hilfskraft, eine abgetakelte Frauensperson, machte Notizen, die ihr ein Mensch diktierte, in dem ich richtig den Bibliothekar Giuseppe Fossi vermutete. Er war klein und untersetzt, hatte einen olivfarbenem Teint und unruhige, hervorquellende Augen, die ich mit gewissen heimlichen Freizeitbelustigungen in Verbindung brachte.
    Als er meiner Gefährtin ansichtig wurde, ließ er seine Schreibkraft mitten im Satz sitzen.
    »Ich habe einen Assistenten für Sie gefunden«, sagte Carla Raspa, »er hat in Turin sein Diplom für moderne Sprachen gemacht und würde vorübergehend gern eine Stellung annehmen. Signor Fabbio. Signor Fossi.«
    Die hervorquellenden Augen des Giuseppe Fossi musterten mich mit einer gewissen Feindseligkeit. War ich womöglich ein Rivale? Dann wandte er sich, um Zeit zu gewinnen, zunächst einmal dem Objekt seiner Bewunderung wieder zu.
    »Ist Signor Fabbio ein Freund von Ihnen?«
    »Der Freund eines Freundes«, erwiderte sie prompt, »Signor Fabbio hat in Genua für eine Reiseagentur gearbeitet, und ich kenne den Leiter.«
    Die Lüge kam mir überraschend, aber sie erfüllte ihren Zweck. Der Bibliothekar begann sich mit mir zu beschäftigen.
    »Ich brauche tatsächlich zusätzliche Hilfe«, räumte er ein, »und ein Assistent mit Sprachkenntnissen, der die ausländische Literatur katalogisieren könnte, wäre von unschätzbarem Wert für mich. Sie sehen selbst, in was für einem Schlamassel wir hier sitzen.«
    Mit einer entschuldigenden Geste schwenkte er den Arm durch den Raum. Ich gab ihm meine Karte, meine Papiere und Zeugnisse. Er ließ die hervorquellenden Augen drüber hingleiten, und er studierte alles genau.
    »Ja … ja … Ich sehe. Sie sind in den Ferien, nehme ich an, Signor Fabbio?«
    »Nur ein paar Wochen. Wenn ich mich nützlich machen könnte …«
    »Ich muß Sie allerdings darauf hinweisen, daß das

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