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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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führte. Es brannte Licht, und ich konnte das Geräusch von Stimmen hören.
    »Ja, für den Publikumsverkehr ist geschlossen«, sagte Toni, »aber der Direktor des Kunstrats kommt und geht, wie es ihm einfällt. Außerdem hat er jetzt besonders viel zu tun, wegen der Vorbereitungen für das Festival.«
    »Das Festival?«
    »Ja, natürlich. Haben Sie davon noch nicht gehört? Das ist unser großer Tag. Ein Gedanke Professor Butalis, des Präsidenten, um Ruffano bekannt zu machen. Heute ist es schon der Stolz der ganzen Stadt; die Leute kommen von weither. Und ich muß sagen, die Studenten ziehen wirklich eine große Schau auf. Letztes Jahr fand das Spiel im Palazzo Ducale selbst statt.«
    Er ging zu einer Vespa, die an der Mauer lehnte, und wickelte sich einen Schal um den Hals. »Sind Sie verabredet?« fragte er. »Wenn nicht, wird meine Didi Ihnen etwas besorgen. Sie arbeitet in der Keramikbranche, unten in der Stadt, aber sie kennt eine Menge WW-Studenten, und da sind flotte Mädchen dabei.«
    »WW?«
    »Wirtschaftswissenschaften. Das gibt es erst seit drei Jahren. Aber die Fakultät wird alle anderen zahlenmäßig sehr bald überrunden. Die meisten Studenten leben in Privatquartieren in der Stadt oder kommen von außerhalb herein. Daher das lustige Leben. Sie sind nicht eingesperrt ins Mädchenpensionat oder ins Studentenheim wie die übrigen.«
    Er grinste und ließ den Motor an. Ich brüllte durch das Getöse hindurch, daß ich noch im Sekretariat den Vertrag unterschreiben müsse und auch noch eine Unterkunft suche. Er winkte und stob los. Ich sah ihn davon kurven und fühlte mich wie ein Hundertjähriger. Jeder Mensch über dreißig kommt den Jungen ja bereits wie ein Greis vor …
    Ich ging zur Universität hinauf. Die Studenten waren in alle Winde verstreut und saßen entweder beim Abendessen oder in ihrer letzten Vorlesung. Links sah ich eine Tür mit einem Schild ›Sekretariat. Unbefugten ist der Zutritt verboten‹. Daneben ein Schiebefenster, hinter dem ein Angestellter Dienst machte.
    »Mein Name ist Fabbio«, sagte ich und schob ihm meine Papiere hin. »Signor Fossi, der Bibliothekar, hat mir gesagt, daß ich hier vorsprechen solle.«
    »Ja, ja …«
    Er schien orientiert über meinen Fall und kritzelte etwas in ein Buch. Dann händigte er mir einen Ausweis und ein Formular aus, dazu eine Liste mit Adressen.
    »Unter diesen Zimmern dürften Sie etwas finden«, sagte er, »die Vermieter machen uns Sonderpreise. Gehen Sie nicht ins Hotel; dort nimmt man Ihnen zuviel Geld ab. Außerdem werden die Hotels bald alle überfüllt sein wegen des Festivals. Ich nehme an, Sie arbeiten nur vorübergehend bei uns, um Signor Fossi während des Hochbetriebs zu entlasten.«
    »So ist es«, bestätigte ich.
    »Es kommt immer alles auf einmal«, sagte er, »der Präsident erkrankt, die neuen Gebäude noch nicht fertig und nächste Woche das Festival mit den vielen Besuchern. Wir sind ganz außer Atem und wissen nichts mehr.«
    »So ist der Lauf der Welt«, gab ich zu bedenken.
    »Dann schenken Sie mir die Welt«, erwiderte er, »und verschonen Sie mich mit Ruffano.«
    Er gab mir meine Sachen zurück, und ich bedankte mich. Aus der Ferne, vom Ende eines Korridors her, vernahm ich plötzliches Lärmen. Eine Meute von Studenten raste offenbar auf die Treppen los. Der Angestellte schlug die Augen stöhnend zum Himmel auf. Ich lachte verständnisvoll.
    »Übrigens«, fragte ich, »könnten Sie mir wohl sagen, wer in dem Haus Nummer 8, Via del Sogni, wohnt?«
    »Das ist das Haus des Präsidenten Professor Butali«, erwiderte er und sah mich verwundert an. »Aber wie gesagt, der ist krank und gar nicht in der Stadt. Er liegt in Rom in einem Krankenhaus.«
    »Das wußte ich«, sagte ich, »aber ich ahnte nicht, daß Nummer 8 sein Haus ist.«
    »O doch«, sagte der Mann. »Der Präsident und Madame Butali leben schon seit mehreren Jahren dort.«
    »Und wer spielt Klavier in dem Haus?«
    »Die Signora. Sie gibt Musikunterricht. Aber ich glaube nicht, daß sie daheim ist. In den letzten Wochen war sie in Rom beim Präsidenten.«
    »Ich glaube, ich habe jemanden musizieren hören, als ich heute nachmittag vorbeiging«, sagte ich.
    »Dann muß sie wohl zurück sein«, sagte er, »ich bin da natürlich nicht so genau orientiert.«
    Ich wünschte ihm guten Abend und ging.
    Aha. So hatte mein Haus also die Ehre, vom Präsidenten persönlich bewohnt zu werden. Früher hatte das Oberhaupt der Universität seine Residenz gleich neben

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