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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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strahlte mehr Autorität aus und hielt sich kerzengerade, wie eine Matrone aus dem alten Rom. Mir taten die unglücklichen Studentinnen leid, die unter ihrer Fuchtel leben mußten. Ich wurde als Signor Fabbio und zeitweiliger Bibliothekarassistent vorgestellt. Die Signorina nickte mir zu und wandte sich dann sofort der Dame des Hauses zu, um sich nach dem Ergehen des Präsidenten zu erkundigen, während mich Professor Rizzio verwundert beäugte.
    »Verzeihen Sie«, sagte er, »aber Ihr Name ist mir völlig neu. Seit wann arbeiten Sie in der Bibliothek?«
    »Seit Freitag«, erklärte ich. »Ich hatte gehört, daß Signor Fossi Hilfe brauchte.«
    »Dann ist Ihre Einstellung über ihn gelaufen?« fragte er.
    »Ja, Herr Professor«, erwiderte ich, »ich habe mich bei Signor Fossi beworben, und er hat dann im Sekretariat angerufen.«
    »Ah so«, sagte er, »völlig gegen die Vorschriften, aber so geht es nun einmal. Ich bin sehr erstaunt, daß Signor Fossi mich nicht verständigt hat.«
    »Sicher wollte er Sie mit einer so unwichtigen Angelegenheit nicht behelligen«, murmelte ich.
    »Jede Einstellung, auch die unbedeutendste, ist für den Vize-Präsidenten der Universität von Interesse«, sagte er. »Aber leider wird das nicht von jedem bedacht. Dabei kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Wo stammen Sie her?«
    »Ich habe in Genua gearbeitet, Herr Professor«, erwiderte ich, »aber geboren bin ich in Turin. Dort habe ich auch studiert und Examen gemacht. Diplom für moderne Sprachen.«
    »Das ist immerhin erfreulich zu hören«, sagte er. »Die übrigen Assistenten haben dergleichen nicht aufzuweisen.«
    Ich erkundigte mich, was er gern trinken würde, und er bat um einen kleinen Vermouth. Ich goß den kleinen Vermouth ein, und er wandte sich ab. Daraufhin bewegte ich mich auf seine Schwester zu. Sie erklärte, daß sie überhaupt nichts trinken wolle, und akzeptierte schließlich ein Glas Mineralwasser, als Signora Butali darauf bestand, ihr etwas anzubieten.
    »Sie arbeiten also in der Bibliothek?« fragte Signorina Rizzio und ließ mich durch ihre bloße Gegenwart zu einem Nichts zusammenschrumpfen. Es ging mir wie allen Männern, die weniger als mittelgroß geraten sind. Überlange Frauen wirkten erbitternd auf mich.
    »Ich vertreibe mir dort die Zeit, Signorina«, sagte ich. »Ich mache gerade ein wenig Ferien, und die Arbeit paßte mir zufällig in den Kram.«
    »Da haben Sie Glück gehabt«, sagte sie. »Viele Studenten im dritten und vierten Jahr wären glücklich, wenn ihnen eine solche Chance geboten würde.«
    »Das kann schon sein, Signorina«, sagte ich. »Aber ich bin kein Student. Ich bin Reiseleiter, spreche mehrere Sprachen und habe die Gewohnheit, Reisegesellschaften von internationalem Zuschnitt durch die bedeutenderen Städte dieses Landes zu geleiten, Florenz, Rom, Neapel … Ruffano nie.«
    Der Abscheu vor meiner Unverfrorenheit malte sich deutlich in ihren Zügen. Sie saugte heftig an ihrem Mineralwasser, und ihre Kehle zitterte leise, während die Flüssigkeit durch ihre Speiseröhre lief.
    »Haben Sie Signora Butali in Rom kennen gelernt?« forschte sie.
    »Nein«, erwiderte ich. »Wir haben uns gestern zum ersten Mal gesehen. Sie lud mich ins Musikzimmer oben ein, und ich hatte das außerordentliche Vergnügen, sie Chopin und Debussy spielen zu hören.«
    Ein weiteres Klingeln an der Tür ersparte der Signorina einen weiteren Schock. Meine Gastgeberin, ganz Ohr, wandte sich zu mir. Die Röte, die ihr ins Gesicht gestiegen war, sprach Bände. »Könnten Sie wohl bitte aufmachen«, sagte sie. »Es wird sicher Professor Donati sein.«
    Sie setzte ihre temperamentvolle Unterhaltung mit dem Oberherrn der Philologen fort. Hinter ihrer ungewohnten Lebhaftigkeit verbarg sich zweifelsohne eine starke innere Spannung.
    Ein Reiseleiter trinkt selten Alkohol. Er wagt es nicht. Jetzt aber stürzte ich unter den erstaunten Blicken der Signorina Rizzio ein ganzes Glas Vermouth herunter, bevor ich mich entschuldigte und zur Haustür eilte.
    Er hatte die Tür schon geöffnet – als persona grata, die er offensichtlich war – und runzelte die Stirn beim Anblick des Regenmantels, den Professor Rizzio über einen Stuhl geworfen hatte. Dann fiel sein Blick auf mich. Ohne mich wieder zu erkennen. Ohne das leiseste Zeichen von Interesse.
    »Signora Butali erwartet Sie«, stotterte ich.
    »Das nehme ich an«, sagte er, »wer sind Sie denn?«
    »Mein Name ist Fabbio«, sagte ich. »Ich hatte die Ehre. Sie

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