Das Geheimnis des Feuers
Nähmaschine nicht. Das alles erzählte er Sofia, während er trat und weiternähte. Er war dabei, eine schwarze Hose zu flicken. Fernanda kam aus der Hütte und setzte sich auf die Bastmatte in den Schatten. Sie war dick und atmete schwer in der Hitze.
»Wer bist du?«, rief sie Sofia von der Bastmatte aus zu. »Wenn du Geld hast, näht dir Totio, was du willst. Hast du viel Geld, dann kann er dir ein Paar Flügel nähen.«
»Sie redet nur so«, sagte Totio und lachte. »Ich kann keine Flügel nähen.« Er blinzelte Sofia zu und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Hast du auch einen Namen?«, fragte er.
»Ich heiße Sofia.«
Er fragte sie weiter aus, wer sie war und woher sie kam. Die ganze Zeit nähte er. Sofia antwortete, so gut sie konnte. Hin und wieder rief Fernanda etwas von der Bastmatte herüber. Dann schlief sie ein und begann zu schnarchen. »Ich habe eine gute Frau«, sagte Totio. »Manchmal redet sie zu viel. Aber sie ist eine gute Frau.«
»Ich möchte auch gern nähen lernen«, sagte Sofia. Totio lächelte. »Das könntest du doch«, sagte er. Die Hose war fertig. Er musterte sie und legte sie dann vorsichtig auf den Tisch. Dann streichelte er die Nähmaschine. »Das hast du gut gemacht, Xio.« Sofia sah ihn erstaunt an. »Warum sollte eine Nähmaschine keinen Namen haben?«, sagte Totio. »Warum möchtest du nähen lernen?«
»Ich möchte ein weißes Kleid für meine Schwester Maria nähen«, sagte sie. Die Antwort hatte sie sich vorher nicht ausgedacht. Sie war ganz von allein gekommen. Dann dachte Sofia, dass sie erklären müsste, warum sie gerade ein weißes Kleid nähen wollte. Sie erzählte Totio, was in der Nacht geschehen war, als Hapakatanda starb, und von dem Kleid, das er Maria aus der Stadt mitgebracht hatte. Totio nickte nachdenklich, als sie fertig war. »So ist es wohl«, sagte er. »Sie töten, brennen nieder und plündern. Aber niemand denkt daran, dass die Banditen einem kleinen Mädchen, das Maria heißt, auch ein weißes Kleid gestohlen haben.«
»Ich habe ihr das Kleid versprochen«, sagte Sofia.
»Bring mir den Stoff, dann bringe ich dir Nähen bei«, sagte Totio. »Wenn du ein schönes Stück Stoff beschaffst und den Faden, den wir dazu brauchen, werde ich dir Nähen beibringen. Erst mit der Hand. Und dann, wenn du dich gescheit anstellst, sollst du es auf der Maschine lernen.«
Sofia konnte es kaum glauben. Sollte sie wirklich die Nähmaschine treten dürfen? Aber woher sollte sie ein Stück Stoff bekommen? In dem Augenblick erwachte Fernanda. »Geh jetzt«, sagte Totio. »Jetzt hab ich keine Zeit mehr mit dir zu reden. Komm wieder, wenn du Stoff und Garn hast.«
Sofia machte sich auf den Weg zu ihrer Hütte. Aber zuerst folgte sie einem der Pfade zum Fluss hinunter. Dort gab es einen Hügel, wo sie und Maria manchmal saßen und nach Krokodilen Ausschau hielten. Der Hügel war so weit vom Fluss entfernt, dass keine Gefahr bestand, ein Krokodil könnte sie erwischen. Aber an diesem Tag dachte sie nicht an die Krokodile. Wie sollte sie an ein Stück Stoff für Marias Kleid kommen? Sie hatte kein Geld, Mama Lydia hatte kein Geld. Dann fielen ihr die frisch gewaschenen weißen Laken ein, die zum Trocknen vor José-Marias Haus hingen. Vielleicht könnte sie um eines bitten? Aber den Gedanken schob sie sofort beiseite. Sie würde sich nie trauen zu fragen. Außerdem würde José-Maria bestimmt böse werden, wenn sie bettelte. Vielleicht würde er sie aus dem Dorf verjagen.
Sofia blieb lange am Fluss sitzen. Es begann schon zu dämmern, als sie sich erhob und nach Hause ging. Sie sah, dass Lydia böse war, als sie die Hütte erreichte.
»Wo bist du den ganzen Tag gewesen?«, fragte sie mit lauter Stimme. Sofia schlug die Augen nieder, als sie antwortete. »Nirgends«, sagte sie. »Nirgends«, sagte Lydia.
»Ich dachte, du wärst in den Fluss gefallen. Oder hättest dich verlaufen. Warum kannst du nicht zu Hause bleiben, wenn deine Schwester krank ist?«
»Ich bin wieder gesund, Mama«, rief Maria aus der Hütte.
»Geh und hol Wasser«, sagte Lydia. »Beeil dich. Bald ist es dunkel.«
An diesem Abend konnte Sofia nur schwer einschlafen. Sie dachte an Totio. An den weißen Stoff und wie sie ihn beschaffen sollte. An das Versprechen, das sie Maria gegeben hatte. Aber am meisten dachte sie an die weißen Laken. Oft hingen sie dort morgens in der Dämmerung. Das bedeutete, dass sie auch nachts draußen gehangen hatten. José-Maria hatte viele Laken. Er würde es
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