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Das Geheimnis des Feuers

Das Geheimnis des Feuers

Titel: Das Geheimnis des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Geheimnis. »Es ist etwas für dich«, sagte sie. »Frag nicht mehr.«
    Das Kleid war fertig. Es war sehr schön. Sofia konnte es kaum abwarten, es an Maria zu sehen. Doch immer noch musste sie ein schweres Problem lösen. Wie sollte sie Maria erklären, woher sie das Kleid hatte? Wie konnte sie Lydia dazu bringen zu glauben, dass sie die Wahrheit sagte? Als sie mit dem Kleid in der Hand dastand, dachte sie, das Einzige, was ihr übrig blieb, war Totio um Hilfe zu bitten.
    »Mama Lydia wird vielleicht fragen, woher der Stoff ist«, sagte sie. »Ich habe einen Geldschein auf der Erde gefunden. Anstatt ihn Mama zu geben, habe ich dafür den Stoff gekauft. Sie könnte böse auf mich sein.« Totio lächelte. Wieder war sie traurig, dass lügen so leicht war.
    »Ich werde sagen, du hast ihn von mir bekommen«, sagte er. »Mach dir keine Sorgen.«
    An diesem Abend bekam Maria das Kleid. Sofia wollte nicht, dass Lydia es sah. Nicht bevor Maria es angezogen hatte. Sie gab es Maria auf dem kleinen Hügel am Fluss. Maria traute ihren Augen nicht. Aber als sie das Kleid angezogen hatte, passte es. Sofia hatte es an sich selbst anprobiert, es nur ein wenig größer gemacht. »Ich habe es selbst genäht«, sagte sie. »Das war das Geheimnis. Und den Stoff habe ich von einem alten Mann bekommen. Der hat eine Nähmaschine. Er heißt Totio. Erinnerst du dich an den Inder, der unter dem Baum saß und auf einer Maschine nähte? So eine Maschine hat Totio.« Sofia sah, wie sehr Maria sich freute. Maria wollte sofort nach Hause laufen und es Lydia zeigen. »Warte bis morgen«, sagte Sofia. »Dann ist Sonntag. Das wird eine Überraschung für Mama.«
    Lydia war mindestens genauso erstaunt wie Maria. Aber zu Sofias großer Erleichterung glaubte sie Sofias Erklärung. Am nächsten Tag ging sie zu Totio und bedankte sich bei ihm, weil er Sofia geholfen hatte das Kleid zu nähen. Sofia machte sich Sorgen, während sie auf Lydia wartete. Aber als Lydia zurückkam, lächelte sie. »Totio hat gesagt, dass du dich sehr geschickt angestellt hast«, sagte sie. »Ich möchte gern nähen lernen«, sagte Sofia.
    Immer seltener dachte Sofia daran, dass es eigentlich José-Marias Laken war. Maria wollte das Kleid ständig tragen. Sogar wenn sie draußen auf dem Acker war. Dann rollte sie es über den Beinen auf und wickelte ihre Capulana darum herum.
    Weitere Mondumläufe vergingen. Jeden Morgen liefen Sofia und Maria zu den Frauen auf den Äckern. Bald war es Zeit, den Mais zu ernten. Die Pflanzen standen schon hoch. Sie spielten, während sie liefen. Hüpften auf beiden Füßen, versuchten die Steine nicht zu berühren, die aus dem Boden ragten. Sie hatten immer viel Spaß.
    Eines Morgens, als es in der Nacht geregnet hatte und die rote Erde auf dem Pfad noch feucht war, hatte Sofia die Idee, dass sie abwechselnd mit geschlossenen Augen laufen sollten. Um herauszubekommen, ob das überhaupt ging, versuchte sie es. Sie lief einige Meter mit geschlossenen Augen. Maria war dicht hinter ihr. Es war nicht schwer. Sie probierte es noch einmal aus. Noch ein letztes Mal wollte sie es ausprobieren. Dann wollte sie Maria mitspielen lassen.
    Vielleicht kam es daher, weil die Erde feucht war. Jedenfalls stolperte sie und taumelte einige Schritte. Maria war dicht neben ihr. Sofia öffnete die Augen und sah, dass sie nicht mehr auf dem Pfad war. Vielleicht war das Spiel doch schwerer, als sie gedacht hatte. »Was machst du?«, fragte Maria, die auf dem Pfad dicht neben ihr stand. »Nichts«, sagte Sofia. »Ich spiele.«
    Sie hüpfte auf dem linken Fuß. Dann setzte sie den rechten Fuß auf, um einen Schritt zum Pfad zurückzumachen. Da wurde die Erde in Stücke gerissen.

5.
    Hinterher war alles sehr still. Sofia dachte, sie läge in einem Ameisenhaufen und Tausende von wütenden Ameisen bissen und rissen an ihrem Körper. Es war ein Gefühl, als ob sie auch im Bauch Ameisen hätte, im Kopf, in den Beinen. Sie lag auf der Seite, sie konnte nicht richtig sehen und die Schmerzen waren so groß, dass sie nicht einmal schreien konnte. Maria lag einige Meter von ihr entfernt, vornübergefallen, halb in einem Gebüsch. Sofia dachte, ihr weißes Kleid sei weg, über das sie sich so gefreut hatte. Jetzt hingen nur noch einige zerrissene Fetzen Stoff um ihre Taille. Sie waren nicht mehr weiß. Sie waren rot. Sofia begriff, dass es Blut war. Wieder versuchte sie zu schreien, nach Maria zu rufen, nach Mama Lydia. Sie spürte, wie sie fiel, die Ameisen bissen und zerrten an

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