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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Gasthäusern waren die Frauen von den Männern getrennt untergebracht worden, und in der Kutsche waren wir den wachsamen Blicken des Königs und der Königin ausgesetzt gewesen. Wir hatten uns zwar flüsternd unterhalten können, aber nicht gewagt, auf die Primavera zu sprechen zu kommen. Und seit er vor ein paar Tagen erfahren hatte, dass der Papst uns in seine eigene Burg eingeladen und eine Audienz in Aussicht gestellt hatte, kannte Bruder Guido ohnehin kein anderes Thema als das bevorstehende Zusammentreffen mit dem Kirchenoberhaupt. Er betete so viel, dass ich meinte, seine Zunge müsse ihm bald in Fetzen aus dem Mund hängen, und kniete vor jedem Schrein am Straßenrand nieder, an dem wir vorbeikamen. Ich begann zu fürchten, Don Ferrante könne Verdacht schöpfen, denn Niccolo della Torre sagte man mit Sicherheit keine übertriebene Frömmigkeit nach. In der Kutsche erinnerte ich ihn durch mahnende Blicke und mein Verhalten daran, dass er eine Rolle zu spielen hatte. Ich schmiegte mich an ihn, streckte ihm meine Brüste entgegen und raunte ihm tadelnde Worte ins Ohr, wobei ich so tat, als handele es sich um Liebesgeflüster. (Hierbei war ich, wie ich zugeben muss, nicht allein auf unsere Sicherheit bedacht, sondern genoss mein Tun in vollen Zügen.) Danach achtete er nach außen hin darauf, ein seiner Rolle angemessenes Benehmen an den Tag zu legen, aber ich wusste, dass er innerlich vor religiösem Eifer brannte. Als wir die Stadt erreichten, stand meine Erregung der seinen in nichts nach, allerdings aus anderen Gründen: Ich konnte
es kaum erwarten, wieder über das Bild zu sprechen und zu ergründen, wie diese herrliche Stadt in unser Puzzle passte.
    Bei unserem Abendspaziergang entdeckten wir den idealen Ort für vertrauliche Gespräche - die höchste Brustwehr von allen. Sie wurde von zwei Furcht einflößenden Wächtern bewacht, die ständig den ihnen zugeteilten Abschnitt abschritten. Sie hielten uns nicht auf und stellten auch keine Fragen, daher nahm ich an, dass sie über die Identität jedes einzelnen Gastes informiert worden und daran gewöhnt waren, dass Liebespaare hier abends die Aussicht bewundern wollten. Doch jetzt wandte ich dieser Aussicht entschlossen den Rücken zu, wie ich es auf dem Hügel von Fiesole getan hatte, und kam zur Sache.
    »Sind wir hier ungestört genug?«
    Bruder Guido blickte sich um. Die frische Brise zerzauste seine Locken, und der Schein des vollen Mondes verlieh seinem Gesicht den Perlmuttschimmer eines Engels. »Ich denke schon. Die Wachposten sind gut hundert Schritt von uns entfernt, und wir können weder beobachtet noch belauscht werden.«
    »Dann holt ihn endlich heraus.«
    Ihm war sofort klar, dass dies keine unanständige Aufforderung war. Er griff in sein Wams und zog den cartone hervor. Gemeinsam breiteten wir ihn auf der Balustrade aus und betrachteten die zentrale Figur - Venus, wie wir sie genannt und jetzt als Rom identifiziert hatten. Und ich stellte die Frage, die mir seit einer Woche auf der Zunge brannte. »Woher wusstet Ihr es?«
    »Dass Venus Rom ist? Da gibt es so viele Hinweise, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.«
    »Dann versucht es.« Meine Stimme klang eisig. Er schaffte es wieder einmal, dass ich mir dumm und unwissend vorkam, und nach meinen jüngsten Triumphen nahm ich es ihm fast übel, dass er alleine herausgefunden hatte, für welche Stadt diese Figur stand.

    »Ich habe angefangen, mir darüber Gedanken zu machen, als wir nach Neapolis, dem römischen Neapel, hinuntergestiegen sind. Rom liegt, wenn man so will, unter San Lorenzo. Dann dachte ich an den cartone, und mir fiel auf, dass Venus unter einem Bogen aus Blättern steht - einem fast römischen Bogen.«
    Ich schob die Unterlippe vor. »Etwas weit hergeholt, findet Ihr nicht?«
    Er ließ sich nicht beirren. »Möglich. Aber erkennt Ihr diese Blätter? Sie sind grün, schimmernd und tränenförmig. Nicht die Art von Blättern, die man in einem gewöhnlichen Wald findet, eher in einem gepflegten Garten; in Florenz wachsen sie in den Gärten fast aller Palazzi.«
    »Lorbeer!« Ich kannte diese Büsche, hatte ich mich doch mehr als einmal vor Bembos Hexe von Frau darin verstecken müssen. Der bittere Geruch der Blätter war mir allzu vertraut.
    »Genau, Lorbeer; Laurel im Englischen, Laurent im Französischen und Lorenzo in unserer Sprache: die Pflanze der Medici.«
    »Gut und schön. Aber Neapolis ist immer noch in Neapel. Was genau hat Euch auf Rom gebracht?«
    »Eine

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