Das Geheimnis des Goldmachers
auf ihn zustürmten, dann musste er auch noch hilflos mit
ansehen, wie sein Freund leblos zu Boden sank. Da lag er nun, Holzsplitter und
einen entzweigebrochenen Holzknüppel ringsumher – von Robert war sicherlich
kein Beistand mehr zu erwarten. Osman griff an seine rechte Hüfte, dort hing
gewöhnlich sein Dolch am Gürtel, jedoch nicht am heutigen Tage, denn angesichts
des ihnen entgegengebrachten Misstrauens hielt er es für ratsam, im Kloster
weniger kriegerisch aufzutreten. Jemand stieß ihm eine Klinge an die Kehle. Die
Spitze kitzelte an seiner Gurgel und erübrigte jedes weitere Wort. Aus den
Augenwinkeln sah er, wie Albert von zwei weiteren Halunken fortgerissen wurde,
dann traf ihn ein Schlag am Hinterkopf und ihm wurde schwarz vor Augen.
*
Inzwischen erwachten Roberts Lebensgeister wieder.
Sein Schädel dröhnte, als habe Luzifer höchstpersönlich mit seinen Pferdehufen
auf ihm herumgetrampelt und die tiefrot glänzende Hand, mit der er soeben den
zuckenden Schmerz an seinem Hinterkopf ergründen wollte, zeugte eindeutig
davon, dass nicht der Schweiß sein Haar so schwer ans Haupt klebte. Mit noch
trüben Augen sah er seinen Freund reglos neben sich am Boden liegen. Bange
kroch er zu ihm herüber.
»Osman, lebst du noch?«
»Nein, ich bin tot! Bei
Allah, was für eine dämliche Frage!«, knurrte Osman zurück. Mit leidendem Blick
richtete er sich an den Ellenbogen auf, als er eine Meute kuttentragender
Männer vom Brühl kommend heraneilen sah.
»Lass uns rasch das Weite suchen,
da kommen noch ein paar dieser Lumpen angerannt!«
Robert wirkte unschlüssig, doch
schließlich folgte er seinem Freund durch das Brühltor in die Stadt.
Gejagt
Konrad von Stenweden, Edelmann ohne Grundbesitz und
Hauptmann der Stadtwache, nahm den Tatort genauestens in Augenschein. Besondere
Aufmerksamkeit schenkte er dabei dem zerbrochenen Knüppel.
»Also
dieser Albert von Lauingen …«, der Hauptmann hielt kurz inne, etwas an dem
Namen schien ihn zu beschäftigen. Gedankenverloren drehte er ein Knüppelende in
seinen Händen, tief in seinem Gedächtnis kramend. Plötzlich klärte sich sein
Blick. »Handelt es sich bei Albert von Lauingen etwa um Albertus Magnus?«
»Außerhalb
des Ordens benutzt man bisweilen diesen Namen«, antwortete der Prior
pflichtbewusst, wenn ihm auch der Sinn der Frage nicht einleuchten wollte.
»Man
erzählt sich ja wahre Wunderdinge über ihn. Gold soll er machen können, ist mir
zu Ohren gekommen! Könnt Ihr mir Näheres darüber verraten, Bruder Georg?«
»Nun,
in der Tat stellt er darüber Studien an. Auch sind wir gehalten, ihn nach
besten Kräften zu unterstützen, handelt er doch im Auftrage Gregors des
Neunten.«
Der Hauptmann zog überrascht seine Brauen hoch. »Oh, eine Order von
allerhöchsten Ehren. Nun, wenn der Papst persönlich an ein Gelingen glaubt, so
mag doch einiges dran sein an dem Gerücht, nicht wahr. Wenn es um Geld geht,
beliebt Gregor ja bekanntermaßen keinen Spaß zu verstehen. Und als rechte Hand
Gottes weiß er schließlich von Dingen, die uns Gemeinen gänzlich unbegreiflich
sind!«
Von Stenwedens
zynischer Unterton offenbarte seine Abneigung gegen den Papst. Wie viele andere
freidenkende Bürger auch, die willens und befähigt waren, über den Tellerrand
ihrer eigenen Existenz hinauszuschauen, so verachtete auch er die gnadenlose
Machtpolitik, mit welcher der Pontifex maximus ganz Europa seinen eisernen
Willen aufzwang und sogar vor Friedrich dem Zweiten nicht halt machte, dem
deutsch-römischen Kaiser also, der fünf Jahre zuvor Jerusalem, die
allerheiligste Stadt, den Christen zurückeroberte. Alles vertraglich besiegelt
und ohne einen einzigen gewaltsamen Handstreich zu tun, nur mit der Macht des
Wortes. Eine grandiose Leistung eingedenk der blutrünstigen Zeiten, in denen
sie nun einmal lebten, fand nicht nur von Stenweden.
»Nicht als rechte Hand
Gottes ist der Papst auf Erden, sondern vielmehr als dessen Zunge und so
obliegt es ihm freilich auch, dem Heer der Christenheit Seinen Willen zu
unterbreiten«, antwortete der Prior, von Stenwedens Anspielungen überhörend.
»Doch«, so fuhr er fort, »was soll all das Gerede? Die Aussicht auf Gold
verdreht schon manch bravem Bürger den Kopf und wird bei zwielichtigen
Gestalten wie den beiden Fremden umso mehr Begehrlichkeiten wecken.
Verschwendet also keine Zeit mit unnützem Gefasel! Die Stadtbefestigung ist den
Halunken zu einem unüberwindbaren Gefängnis geworden – der Riese
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