Das Geheimnis des Highlanders (German Edition)
Rurik hatte seine eigenen Bewunderer, von denen aber ein großer Teil weiblichen Geschlechts war. Jocelyn konnte das Ganze nur mit einem Kopfschütteln kommentieren.
„Rurik neigt dazu, sich im Kampf zu vergessen. Er greift an, sobald er irgendwo Connor entdeckt. Es gab auch schon die eine oder andere Verletzung …“ Duncan ließ den Satz unvollendet, sodass Jocelyn sich das Schlimmste ausmalen konnte.
„Dann dient das alles nur der Unterhaltung? Hat der Laird noch nie davon gehört, sich von einem Barden eine gute Geschichte erzählen oder von einer Harfenistin etwas vorspielen zu lassen? Das wäre wesentlich ungefährlicher als so etwas.“ Mit einer Hand deutete sie auf die Stelle, wo die beiden Schwertkämpfer zuletzt gestanden hatten, und schüttelte abermals den Kopf, da sie den Reiz einer solchen Vorführung nicht verstand.
„Es ist mehr als bloße Unterhaltung, Mylady, es ist zugleich eine Kampfübung. So bin ich jederzeit gewappnet, all jene zu beschützen, die mir unterstellt sind.“
Seine Stimme tauchte unvermittelt hinter ihr auf und ließ Jocelyn zusammenfahren. Zum Teufel mit Duncan, von dem sie so sehr abgelenkt worden war, dass sie den Laird nicht kommen hörte. Sie drehte sich zu ihm um und entdeckte in seinem Gesicht noch Spuren des Kriegers, den sie soeben im Kampf erlebt hatte. Seine Begeisterung schwand jedoch mit jedem Schritt, den er sich ihr näherte. Was hatte sie nur an sich, das ihm solches Missfallen bereitete?
„Verdammt, Connor, jetzt sag deiner schönen Frau endlich die Wahrheit“, tönte Rurik, der dem Laird folgte. „Du liebst es doch, mich im Kampf zu besiegen, auch wenn dir das in letzter Zeit nicht mehr gelungen ist.“
Das Lächeln des Wikingers gab keinen Hinweis darauf, dass er den Kampf verloren hatte. Wäre sie nicht Zeuge der Auseinandersetzung gewesen, hätte sie anhand der Miene der beiden darauf gewettet, dass MacLerie der Verlierer war. Die einzige Andeutung auf die bevorstehende Offensive gab Duncan, der plötzlich die Augen zusammenkniff. Im selben Moment holte Rurik aus, schlang seine Arme um den Laird und zog ihn mit sich in den Dreck, direkt zu Jocelyns Füßen. Die beiden rangen miteinander. Jeder versuchte, die Oberhand über den Gegner zu gewinnen, bis sie schließlich beide schmutzig und von ihrem ausgelassenen Tun erschöpft zu Boden sanken.
Als ihr Ehemann ihr diesmal in die Augen sah, erschien er ihr viel jünger als sonst. Es machte ihm nicht nur Spaß, sich auf dem erdigen Boden zu wälzen, offenbar linderte es auch etwas von seiner inneren Anspannung. Brauchte es etwa Rurik, damit der sich mit ihrem Mann prügelte, sodass sie diese andere Seite von ihm zu Gesicht bekommen konnte?
Obwohl sich ihre Blicke sicher nur für einen kurzen Moment trafen, schien dieser kein Ende zu nehmen. Jocelyn spürte seine Beherrschung und die Kraft, die er dafür aufwendete, jede Nacht, wenn er zu ihr ins Bett kam.
Wie wäre es wohl, seine Haut zu berühren und zu fühlen, wenn er sich ihr mit aller Leidenschaft hingab? Und wie wäre es, wenn sie sich genauso umherwälzten, wenn er bei ihrer Vereinigung die gleiche Heftigkeit an den Tag legen würde wie hier auf dem Hof, wo ihn sogar jeder dabei beobachten konnte?
Der Gedanke weckte in ihr ein tiefes Begehren. Zugleich war ihre Kehle wie ausgedörrt und zugeschnürt. Wie war sie bloß auf solche Überlegungen gekommen?
Duncan räusperte sich und riss sie aus ihren Gedanken. Sie bemerkte, dass ihre Wangen zu glühen begannen, weshalb sie voller Sorge war, alle anderen und insbesondere ihr Mann könnten erraten, was ihr durch den Kopf ging. Connor und Rurik standen aber einfach nur da und klopften sich den Schmutz von der Kleidung. Währenddessen näherten sich einige ältere Männer, denen der Laird zunickte.
„Dougal, dies ist Jocelyn“, stellte er sie jetzt einem von ihnen vor. Seine Stimme war ausdruckslos, sein Gesichtsausdruck ließ kein Interesse an ihr erkennen … so wie es üblicherweise der Fall war. „Sie wird die übrigen Ältesten beim Abendessen kennenlernen.“
Der Mann hatte eine breite Brust und spindeldürre Beine, das ergraute Haar war einst rot und sah wie von einem Sturm zerzaust aus. Er musterte sie von Kopf bis Fuß, hielt kurz bei ihren Brüsten und ihren Hüften inne, dann schnaubte er.
„Sie wird genügen“, erklärte er in einem schroffen Tonfall, der zu seinem Äußeren passte.
Danach zuckte er kurz mit den Schultern, verlor aber kein weiteres Wort über sie und ging mit
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