Das Geheimnis des Himmels
ernst und wandte sich an Leonhard: „Leider habe ich keine guten Nachrichten. Der vermisste Magister Auerbach ist tot. Meine Kommilitonen haben es vor einigen Tagen erfahren. Sein Leichnam wurde mit einem Bolzen im Rücken unweit Kemberg aufgefunden.“
Bernhardi schluckte und konnte die Tränen nur schwer zurückhalten. „Kemberg sagst du? Dann war er auf dem Weg zu mir. Dabei müssen sie ihn erwischt haben.“
„Wie kann man einem so liebenswürdigen Magister etwas so Schreckliches antun?“, mischte sich Elisabeth zornig ein.
„Aus dem gleichen Grunde wie bei mir.“ Bernhardis Stimme war hart geworden.
„Man hat auch sein Haus auf den Kopf gestellt“, fuhr Friedrich fort. „Nur durch die Aufmerksamkeit der Nachbarn konnte verhindert werden, dass es ganz niederbrannte. Nicht alle Bürger sehen immer nur eingeschüchtert zu, das lässt hoffen. Aber, Leonhard, wie gedenkst du, mit deinem Wissen umzugehen? Ich meine mit der Erfindung … Darf so etwas der Öffentlichkeit vorenthalten werden?“
„Ich weiß es nicht. Im Moment haben wir andere Sorgen. Wir müssen das Land verlassen. Und selbst dann wissen wir nicht, ob die Nachstellungen aufhören. Außerdem habe ich für eine große Familie zu sorgen. Und ich denke, wir sollten die Vermählung Barbaras mit einem gewissen Friedrich von der Aue nicht mehr allzu lange aufschieben. Erst wenn alles wieder in ruhige Bahnen gelenkt ist, kann ich mich dieser Sache widmen. Noch ist sie nicht vergessen … allerdings könnte es dazu kommen, wenn sie mich doch noch töten. Es gibt ja keinerlei Aufzeichnungen mehr, und auch die Übersetzung des Manuskriptes existiert nur noch in meinem Kopf. Von dem Apparat selbst ganz zu schweigen.“
Friedrich überlegte eine Weile, dann sagte er: „Darf ich einen Vorschlag machen?“
„Wir sind für jeden guten Rat dankbar“, kam Elisabeth ihrem Mann zuvor.
„In Augsburg gibt es die bekannte Kaufmannsfamilie Welser. Mit dem Sohn des jetzigen Eigentümers, Bartholomäus – er heißt genau wie sein Vater –, verbinden mich viele gute Erinnerungen. Mein Vater hatte früher intensive Geschäftsbeziehungen zu dieser Kaufmannsfamilie. Ich habe ihn oft auf seinen Reisen nach Augsburg begleitet. Mit Bartholomäus dem Jüngeren bin ich immer noch gut befreundet. Falls mein Vater seinen Bannstrahl noch nicht bis Augsburg geschleudert hat, sehe ich eine Möglichkeit, dort einen Neuanfang zu wagen.“
Sie ritten in der kalten Winterluft schweigend nebeneinanderher. Dann ergriff Leonhard wieder das Wort. „Was meinst du, Elisabeth? Vielleicht ist Friedrichs Vorschlag tatsächlich geeignet, einen Neuanfang zu wagen. Ich denke allerdings an die Kinder, die dann schon wieder aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen würden.“
Elisabeth seufzte. „Die Kinder werden sich so oder so an ein vagabundenhaftes Leben gewöhnen müssen. In Leipzig können wir nicht mehr bleiben, und ich ahne schon, dass auch Augsburg, wenn es uns wirklich glücken sollte, dort Fuß zu fassen, nur eine vorübergehende Station sein wird. Die Organisation, die uns verfolgt, arbeitet zwar langsam, scheint aber vor keiner Grenze haltzumachen. Sie haben uns auf herzoglichem und auf kursächsischem Gebiet aufgespürt. Warum sollten sie vor den Toren einer Reichsstadt stehen bleiben?“
Zu Friedrich gewandt, fuhr sie fort: „Wenn Leonhard einverstanden ist, werden wir deinem Vorschlag zustimmen. Da wir uns hier nicht lange aufhalten dürfen, brechen wir am besten schon morgen nach Augsburg auf. Ich hoffe nur, dass sich das mit deinen Plänen vereinbaren lässt!“
Friedrich nickte nachdenklich. „Ich habe keinen Grund, hier länger zu verweilen. Außerdem gehöre ich an die Seite Barbaras. Unsere Wege haben sich schicksalhaft miteinander verbunden und ich bin dankbar dafür.“
Leonhard stimmte dem zu. „Ich hätte mir zwar nicht vorstellen können, in meinem Alter noch einmal auf Wanderschaft zu gehen, aber das Leben läuft nicht immer nach unseren Plänen. Wir können es nur annehmen und uns dem Herrn empfehlen.“ Er blickte Friedrich in die Augen und fuhr fort: „Wenn ich mich recht entsinne, war auch Luther vor etlichen Jahren zu einem Verhör vor dem Legaten Cajetan nach Augsburg geladen. Er sollte widerrufen, hat aber den Widerruf verweigert, genau wie drei Jahre später in Worms. Vielleicht gibt es daherin Augsburg auch die Möglichkeit, weiter die Werke des Wittenberger Mönchs zu studieren.“
Er machte eine Pause und versuchte, entschlossen zu
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