Das Geheimnis des Himmels
Allerdings unter etwas dramatischen Umständen.“
„Sehr erfreut auch meinerseits. Ich hoffe, wir finden eine Gelegenheit, uns näher kennenzulernen – nicht nur in solch notvollen Zeiten.“ Friedrich meinte es ernst. Da seine eigeneFamilie ihm nicht die Wärme und Geborgenheit gab, die er sich immer so sehnlichst gewünscht hatte, war ihm die Einbindung in Barbaras große Familie äußerst willkommen.
Pieter Gropius wandte sich an Elisabeth und Leonhard: „Da ist noch etwas: Gestern hatten wir spät abends Besuch von einem vornehm gekleideten Unbekannten. Er fragte, ob wir etwas über euren Aufenthalt wüssten. Auf meine Nachfrage hin behauptete er, von der Universität zu sein, im herzoglichen Auftrag unterwegs. Angeblich wollte er wissen, wohin er die Hinterbliebenenalimentation für die Familie des Magisters Bernhardi zu senden habe. Mir kam das schlicht wie ein Vorwand, wenn nicht gar wie eine Lüge vor. Ich habe ihm gesagt, dass wir nichts über euren Verbleib wüssten und deshalb auch schon in großer Sorge seien. Ich hoffe, das war richtig so.“
Elisabeth und Leonhard Bernhardi sahen sich einen Moment lang in die Augen.
„Du hast es genau richtig gemacht. Keiner darf wissen, wo wir uns befinden. Aber dass sie so schnell unsere Fährte aufnehmen, erfüllt mich mit Sorge.“
Leonhard Bernhardi runzelte die Stirn. Die kurze Zeit ihres unbeschwerten Glücks war schon wieder vorbei. Mit fester Stimme sagte er: „Kommt, wir laden unsere Habseligkeiten auf und reisen so schnell wie möglich ab.“
Als Pieter sich von der Familie verabschiedet hatte, nahm er Leonhard noch einmal beiseite: „Hier, wir haben noch etwas für euch gesammelt. Es war alles, was wir in der Eile auftreiben konnten. Es wird euch hoffentlich nützlich sein.“ Damit steckte er seinem Schwager einen Beutel zu, den dieser in seinem Wams verschwinden ließ.
„Danke, das werden wir euch nie vergessen. Ich hoffe, wir können euch später etwas von eurer Wohltat zurückerstatten.“
Wortlos nickte Pieter allen noch einmal zu, dann band er sein Pferd los, das er hinten am Wagen mitgeführt hatte, undschwang sich auf den Sattel. „Wenn ihr den Wagen nicht mehr braucht, so schickt ihn mir irgendwann wieder zurück.“ Dann galoppierte er los.
Leonhard sah Elisabeth ernst an. „Sie haben also nicht aufgegeben. Werden wir jemals Ruhe finden?“
Elisabeth zuckte mit den Schultern. „Hier jedenfalls nicht. Also los.“
Drei Wochen dauerte ihre Reise, die sie über Gera, Plauen, Weiden, Regensburg, Ingolstadt schließlich nach Augsburg führte.
Als der Wagen in die Stadt einrollte, erregten sie kaum Aufmerksamkeit in der allgemeinen Betriebsamkeit. Leonhard sah sogleich, dass Augsburg wohl ein bedeutendes Zentrum der Buchdruckerkunst sein musste. Überall gab es kleine und große Läden, in denen Händler die Erzeugnisse der Schwarzen Kunst feilboten. Auch die vielen Fuhrwerke, die voll beladen durch die Gassen rumpelten, waren ein ungewohnter Anblick.
Friedrichs Gesicht strahlte, als er die Wege und Gassen wiedererkannte, die ihm in seiner Jugend so vertraut gewesen waren.
„Hier sind die Fugger zu Hause!“ Ehrfürchtig folgten alle Blicke Friedrichs ausgestrecktem Arm. „Und hier, unter der Linde am Brunnen, haben wir früher die wildesten Streiche ausgeheckt!“
Barbara war überrascht. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass du früher einmal ein Rabauke warst …“
„Ja, es kam auch nur selten vor. Aber das waren sicher nicht die unglücklichsten Momente in meiner Jugend.“
„Und dort, seht mal, da ist das Haus der Welser!“ Das stattliche Gebäude konnte zwar nicht mit den florentinischen Palästen der Medici konkurrieren, aber durch seine Größe und funktionale Nüchternheit unterstrich es den Eindruck eines soliden Unternehmens.
Elisabeth sah sich gezwungen, Friedrich an ihre gegenwärtige Lage zu erinnern. „Verzeih, Friedrich, aber sollten wir uns nicht zunächst eine geeignete Herberge suchen? Dann hast du immer noch Gelegenheit, uns dein Paradies vorzustellen …“
„Ach ja, verzeiht, ich beende sofort meinen Ausflug in die Vergangenheit. Früher war das ‚Goldene Lamm‘ eine gute Herberge. Wir versuchen es am besten zuerst dort. Es ist zwar nicht gerade preiswert, aber ich hoffe, dass wir dort nicht zu lange bleiben müssen. Ich muss heute noch feststellen, ob Bartholomäus schon über unsere Ankunft informiert ist. Dann ergibt sich vielleicht eine Gelegenheit, dauerhaft Logis und Arbeit zu
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