Das Geheimnis des Himmels
finden.“
Friedrich hatte das „Goldene Lamm“ bald gefunden. Jetzt, am Ende des Winters, war die Stadt nicht so überfüllt mit Händlern und Kaufleuten wie im übrigen Jahr. Die Herberge konnte noch genügend freie Räume anbieten. Als sie alles abgeladen und ihre Unterkunft bezogen hatten, wandte sich Friedrich an Barbara.
„Hast du Lust, mich zu begleiten? Ich will zu Fuß durch die Stadt – und wenn möglich auch Bartholomäus besuchen. Vielleicht können wir schon mit guten Nachrichten zurückkommen.“
„Eigentlich bin ich sehr müde. Aber mit dir die Stadt zu erkunden ist mir eine große Freude.“
„So lass uns denn aufbrechen.“
„Ich sage nur den Eltern Bescheid.“
Es dämmerte schon, als sie an der Pforte des welserschen Handelshauses standen. Kräftig pochte Friedrich an die Tür. Knarrend wurde von innen geöffnet.
Friedrich schaute sich verwundert um. Es hatte sich einiges hier verändert. Früher war es vom Tor nicht weit bis zu den privaten Räumlichkeiten der Kaufmannsfamilie gewesen. Nunaber wurden sie in einen Empfangsbereich geführt, der vom restlichen Teil des Hauses völlig abgetrennt war.
Ein raubeinig wirkender junger Mann sprach die beiden an: „Wer seid Ihr und was wünscht Ihr?“
„Gestatten, Friedrich von der Aue und meine Verlobte Barbara. Ich bin ein alter Freund von Bartholomäus Welser. Bartholomäus dem Jüngeren, natürlich. Ich habe ihm mein Kommen bereits schriftlich angezeigt und wünsche ihn in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen.“
„Ihr seid ein alter Freund des jungen Welser? Dann wundert es mich aber, dass Euch anscheinend nicht bekannt ist, dass beide Welser, Vater und Sohn, nicht hier sind. Sie befinden sich auf einer Reise nach Venedig und werden erst in einigen Monaten zurückerwartet.“
Ein Fausthieb hätte keine größere Wirkung haben können als diese Nachricht. Bedrückt rang Friedrich um Worte. „Dann … dann verzeiht unser Erscheinen. Von dieser Reise hatte ich keine Meldung.“
Der Torhüter brummte etwas in seinen Bart, dann geleitete er die beiden nach draußen. Hinter ihnen schlug die schwere Tür zu.
Friedrich seufzte. „Jetzt sind wir gänzlich auf uns selbst angewiesen. Ich hatte gehofft, mit Unterstützung der Familie Welser würde alles etwas einfacher werden … Aber es hilft nichts, lass uns ins ᾶGoldene Lamm‘ gehen und deine Eltern unterrichten. Vielleicht haben sie eine Idee, wie unsere nächsten Schritte aussehen können.“ Er hakte Barbara unter und versuchte, etwas Heiterkeit zu verbreiten: „Darf ich die edle Frau von der Aue in ihr Heim geleiten?“
Auch Barbara gewann ihr Lächeln zurück und beide machten sich auf den Weg in die Herberge.
Im Gastsaal des ‚Goldenen Lammes‘ hatte sich Familie Bernhardi bereits zu Tische begeben. Leonhard erhob sich, alser den künftigen Schwiegersohn mit seiner Tochter eintreten sah.
„Oh, schon zurück? Verzeiht, wenn wir gewusst hätten, wie schnell euer Ausflug beendet sein würde, hätten wir mit dem Mahl noch gewartet.“
„Das macht nichts. Leider waren wir nicht gerade erfolgreich.“
„Setzt euch doch zu uns. Bestimmt seid ihr hungrig.“ Die Bernhardis rückten zusammen. Mit leiser Stimme berichtete Friedrich von ihrem vergeblichen Versuch, die Familie Welser aufzusuchen.
„Da müssen wir uns eben in Geduld fassen und erst einmal versuchen, selbst für unser Auskommen zu sorgen.“ Leonhard Bernhardi versuchte, ruhig zu wirken.
„Hast du schon eine Idee, wie wir das anfangen können? Ich kenne sonst keinen hier in der Stadt, dem ich uns empfehlen könnte.“
„Ich könnte beim Rat der Stadt vorstellig werden und um eine Hauslehrerstelle bei einer angesehenen Familie bitten.“
„Das klingt gut.“
Friedrich schien überzeugt, doch Elisabeth widersprach. „Mit Verlaub, das halte ich für keine so gute Idee, wenigstens im Moment noch nicht. Ich habe mich beim Wirt etwas kundig gemacht. Hier in Augsburg scheinen einige Vertreter einer seltsamen Sekte Fuß fassen zu wollen. Sie predigen eine erneute Taufe, die nach Bekehrung und Erleuchtung die einzig gültige sei. Ein gewisser Hans Denck, der wohl ein Anführer dieser Gruppe war, scharte einige Anhänger um sich. Sogar eine große Zusammenkunft verschiedener Täufergruppen, wie sie genannt werden, fand letztes Jahr hier statt. Der Rat ist sehr gespalten, ob er diesem Treiben Einhalt gebieten soll. Auch die Anhänger der lutherischen Lehre, die hier in Augsburg eine nicht zu unterschätzende
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