Das Geheimnis des Himmels
kannten und die immer einen guten Ertrag versprachen.
„Ich habe gestern ein wenig in dem großen Buch geblättert, das Mutter immer so gerne liest, das mit dem schönen Bild auf der Vorderseite“, begann Sophia das Gespräch.
„Du meinst das große Herbarium?“, fragte Barbara zurück.
„Ja, ich glaube, das war es. Weil Mutter ja oft den Liebstöckel braucht, wollte ich einmal wissen, was man damit alles so anstellen kann. Außerdem finde ich den Namen so lustig.“
„Und was hast du herausgefunden?“
„Eigentlich nur das, was uns Mutter schon beigebracht hat. Aber eines habe ich nicht verstanden, was ist ein Aphrodiacum oder Aphrodisiacum, oder wie das heißt?“
Barbara konnte nicht verhindern, dass ihr die Röte ins Gesicht schoss. „Ähemm, das wirkt … krämpfelösend …“, versuchte Barbara die Sache mehr oder weniger erfolgreich abzubiegen. Hoffentlich würde Sophia diesen Schwindel nicht bemerken. Anna prustete kurz los, konnte sich aber schnell wieder fangen und half Barbara mit der Auskunft, dass das jetzt die neueste Erkenntnis in der Medizin sei.
Damit war Sophias Wissensdurst erst einmal gestillt. Sie hatte es glücklicherweise nicht mitbekommen, wie Barbara leise vor sich hin murmelte: „Also diese Wirkung braucht Lenchen ja noch nicht in Anspruch zu nehmen. Ich wüsste schon damit etwas anzufangen.“
Sie hatte vor einigen Wochen den jungen Friedrich kennengelernt, als sie auf dem Markt Besorgungen machte. Durch eine ungeschickte Bewegung hatte sie einen Korb mit Äpfeln umgestoßen, da war dieser junge Mann sofort hinzugesprungen. „Darf ich Euch behilflich sein, schöne Frau?“, hatte er sie angesprochen und mit seinen hellen blauen Augen angelacht. Ohne eine Antwort abzuwarten, hatte er alles wieder an Ort und Stelle gebracht.
Barbara hatte sich artig bei Friedrich mit einem Knicks bedankt und war dann schnell weitergegangen. Aber schon nach ein paar Schritten hatte sie sich wieder umgedreht. Als sie bemerkte, dass er sich ebenfalls nach ihr umgedreht hatte und sogar winkte, war ihr das Blut in den Kopf geschossen. Schnell war sie um eine Ecke gebogen.
In den folgenden Tagen war sie immer die Erste, die sich meldete, wenn es darum ging, kleinere Aufträge zu erledigen. Auch jetzt war die Hoffnung auf eine zufällige Begegnung ein nicht unbedeutender Antrieb zur Kräutersuche gewesen.
Die drei Mädchen erreichten die Wiese nahe am Waldrand, bei der sie annehmen konnten, erfolgreich ihre Körbe mit den gewünschten Kräutern zu füllen. Nach einer guten Stunde setzten sich die drei ins Gras und begutachteten das Ergebnis ihrer Bemühungen.
„Was uns noch fehlt, sind die Ringelblumen“, stellte Sophia fest.
„Ich weiß eine Stelle, an der sie bestimmt zu finden sind“, gab Anna zum Besten.
„Und die wäre?“ Jetzt war auch Barbara neugierig geworden.Die Aussicht, bei Erfolg mit Lob und besonderen Freiheiten bedacht zu werden, lockte sie sehr.
„Da, ein Stück weiter zur Elbe hinunter.“ Anna wirkte sehr selbstbewusst und sicher.
„Du weißt doch, da sollen wir nicht hin“, hielt Sophia vorwurfsvoll entgegen.“
„Ja, natürlich, aber die Stelle liegt ja ein gutes Stück vom Ufer weg. Dort gibt es ein sonniges und sandiges Plätzchen, ideal für Ringelblumen. Dort habe ich sie immer gefunden.“
Ihre Schwestern zögerten erst, dann entschlossen sie sich, mit Anna in Richtung Elbufer zu gehen. Sie hatten keine Lust, als Angsthasen zu gelten. Bald hatten sie den Pfad erreicht, der zu der Lichtung führte, die Anna absuchen wollte. Der Weg schlängelte sich, leicht abwärts führend, durch ein kleines Wäldchen. Dann trat er aus den Bäumen heraus und führte direkt Richtung Elbe. Das Rauschen des stark angeschwollenen Flusses war schon von hier oben zu hören. Aber nur in Richtung der anderen Uferseite konnten sie den Strom fließen sehen, ihre eigene Seite lag noch zu hoch. Außerdem verhinderte das hochgewachsene Gras die Sicht auf das Wasser. Barbara und Sophia blieben stehen, ihnen war das laute Rauschen des Flusses unheimlich.
Anna fand gleich am Beginn der Lichtung ein paar schöne Ringelblumen, die sie abpflückte. Aber sie wollte noch einige besonders schöne Exemplare finden. Die beiden Schwestern sahen ihr nach, wie sie langsam hinter der Böschung verschwand. Schließlich waren nur noch Annas blonde Zöpfe zu sehen, bis auch diese nicht mehr sichtbar waren.
„Anna ist ja wohl die Mutigste von uns“, bemerkte Sophia.
„Oder die Leichtsinnigste
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