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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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Studenten angesprochen, die er zum größten Teil kannte, aber es waren auch neue Gesichter darunter.
    Friedrich von der Aue ergriff das Wort: „Verzeiht unseren Ansturm, hochverehrter Magister Bernhardi, und erlaubt mir, das Wort an Euch zu richten.“
    „Schon gut, was gibt es denn?“
    „Wir haben von Eurem tragischen Schicksalsschlag, dem Verlust Eurer geliebten Tochter, erfahren und möchten Euch unser tiefes Mitgefühl über den entsetzlichen Verlust aussprechen. Fast alle Eure Studenten haben Anna auf dem Gottesacker das Geleit gegeben. Ihr sollt wissen, dass wir Euch in Eurem Schmerz sehr nahe sind, und bieten Euch unsere Unterstützung an in allem, was Ihr benötigen solltet.“
    „Dass Eure Unterstützung sogar weiter als üblich geht, davon habe ich Kenntnis“, erwiderte Bernhardi halblaut mit einem scharfen Blick auf Friedrich, doch dann fügte er rasch hinzu und hob seine Stimme dabei: „Meine Herren, ich danke Euch für die Anteilnahme an meinem grausamen Schicksal. Ihr dürft gewiss sein, dass unser Lehrbetrieb unter dieser Heimsuchung Gottes, die wir als Christenmenschen willig annehmen sollten, nicht leiden wird. Heute Nachmittag werden wir, wie angekündigt, ein Colloquium über die Physik des Aristoteles unter meiner Leitung haben. Ich würde mich freuen, meine Herren, Euch vollzählig in Erscheinung treten zu sehen.“
    Zu Friedrich gewandt fuhr er fort: „Mein lieber Herr von der Aue, ich würde es begrüßen, Euch einmal zu Gast bei Tische zu haben. Es gibt, glaube ich, noch einiges zu besprechen, was Eure Beziehung zu meiner Familie angeht.“ Bernhardi bemühte sich, die letzten Worte sehr freundlich klingen zu lassen.
    „Ganz zu meiner Freude. Ich werde gern kommen. Darf ich Euch aber zunächst drei neue Studenten vorstellen? Sie haben die Universität gewechselt und waren soeben Hörer Eurer Vorlesung. Sie würden auch gern Eurem Colloquium nachher beiwohnen.“ Friedrich deutete als Erstes auf einen vornehm gekleideten jungen Mann neben sich: „Maximilian Hartung, drittes Semester Philosophie.“
    Zögerlich kamen zwei weitere junge Männer aus der Gruppe nach vorn und Friedrich stellte auch sie vor: „Oskar Windig, viertes Semester Medizin, und Arnulf Gehren, drittes Semester Jurisprudenz.“ Etwas verlegen fügte er hinzu: „Alle drei haben sich hier gut eingeführt, aber sie benötigen noch etwas Schulung in formaler Logik.“
    „Wie schön. Dann sehen wir uns nachher.“ Bernhardi löste sich von der Gruppe, wurde aber schon kurz darauf durch eine Hand, die sich auf seine Schulter legte, zurückgehalten.
    „Ach Einhard. Schön dich zu sehen.“
    „Mein lieber Leonhard!“ Unbemerkt waren die beiden Kollegen zu der vertraulicheren Anrede übergegangen. „Ich möchte mich dem Kondolenzgesuch deiner Studenten anschließen. Ich kann dein Unglück nicht verstehen und muss gestehen, etwas an der himmlischen Gerechtigkeit zu zweifeln.“
    „Danke. Aber du weißt: Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen, gepriesen sei der Herr …“ Bernhardi sprach mit einem bitteren Unterton.
    „Das hat Hiob aber letzten Endes auch nicht gereicht“, bemerkte Auerbach.
    „Ich weiß. Es sieht so aus, als würde ich mit der dunklen Seite Gottes konfrontiert. Darüber geben unsere Theologen ja nicht so gerne Auskunft.“
    „Das liegt aber daran, dass sie gern für alles eine Erklärung vorlegen wollen.“
    „Was gibt es hieran zu erklären?“
    „Nichts.“
    Eine Zeit lang gingen sie schweigend den langen Flur des Universitätsgebäudes entlang. Dann begann Auerbach erneut. „Deine Reise nach Magdeburg ist nicht unbemerkt geblieben.“
    „Sollte sie es?“
    „Natürlich nicht. Aber nachdem durch den Zwischenfall vor einiger Zeit die Ausrichtung unseres Bildungsinstitutes nur allzu öffentlich und deutlich geworden ist, hat sich das Klima hier verschlechtert. Es duftet nach Einseitigkeit, es riecht nach Kontrolle und es stinkt nach Denunziation.“
    Bernhardi blickte seinen Kollegen erstaunt an. Solche Worte hatte er von ihm noch nicht gehört. „Vielleicht solltest du etwas leiser denken, auch wenn du recht hast. Was meintest du vorhin mit der Bemerkung, meine Reise nach Magdeburg sei nicht unbemerkt geblieben?“
    „Unser hochverehrter Rektor hat deutlich gemacht, dass ihm Kontakte seiner Studenten und Universitätsangehörigen zuWittenberg und anderen erzlutherischen Städten äußerst unerwünscht sind. Er will es sich vorbehalten, jegliche Aktivitäten in dieser Richtung

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