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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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kann mich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen, dass …“ Bernhardi stockte.
    „Dass deine Kinder erwachsen werden und dich zum Großvater machen können“, lachte Auerbach in seiner üblichen naiv-amüsierten Art.
    Für einen Moment wurde der Blick Bernhardis starr, dann schmunzelte auch er. Auerbach hatte nur die Konsequenzen des Älterwerdens und der Veränderungen im Leben ausgesprochen, die er, Bernhardi, immer vorsorglich ausgeklammert hatte.
    „Zeigst du mir die Texte?“
    „Ja, natürlich.“
    Auerbach studierte das kleine Bündel Papiere mit großer Aufmerksamkeit. Dann wandte er sich wieder seinem Gegenüber zu. „Ich hoffe, du vertraust mir, Leonhard. Ich kann es zwar nicht beweisen, aber je mehr ich von dir über diese Texte höre und sie nun selbst vor Augen habe, desto bedeutender erscheint mir ihr Inhalt. Daher halte ich es für sinnvoll, von diesen Texten gleich hier eine Abschrift anzufertigen. Ich hätte Zeit und könnte das erledigen. Ich muss erst morgen Nachmittag meine Studenten mit Epizykeln und Deferenten vertraut machen, darauf muss ich mich nicht mehr vorbereiten. Es scheint mir außerordentlich wichtig, im Bedarfsfall auf eine Abschrift des saalfeldschen Textes zurückgreifen zu können. Selbstverständlich würde ich die Abschrift nicht in meinen Gewahrsam nehmen, sondern es dir überlassen, einen geeigneten Aufbewahrungsort zu finden.“
    Erstaunt hörte Bernhardi dem Ansinnen seines Kollegen zu und befand es als eine gute Idee.
    „Wenn du dir die Mühe machen willst, gerne! Alles, was du benötigst, findest du hier in der Schublade. Ich werde unterdessenetwas Nahrhaftes und eine kleine Kanne Wein besorgen, damit es dir in deiner Klausur erträglicher geht als einem Karmelitermönch.“
    Als Bernhardi mit dem Versprochenen zurückkehrte, sah er Auerbach in seine Arbeit versunken. Sein Kollege dankte ihm für die Labsal und vertiefte sich wieder in die Schriften.
    Nachdenklich betrachtete ihn Bernhardi. Da machte sich sein Freund und Kollege an eine Arbeit, die von großer Wichtigkeit für ihn, Bernhardi, sein konnte – und das alles ohne Aussicht auf Lohn, ohne Aussicht, auch nur das Geringste von dem griechischen Text verstehen zu können, rein um der Wahrheit und der Erkenntnis willen. Solange es noch solche Kollegen gab, war noch nicht alles verloren, dachte Bernhardi. Dann verließ er das Zimmer und begab sich in seine Kammer.
    Am späten Nachmittag des nächsten Tages klopfte es an der Tür von Bernhardis Haus. Hannes öffnete und ließ Friedrich von der Aue eintreten.
    Leonhard empfing den jungen Studenten und führte ihn in den Speiseraum. Der Gast hatte einen bunten Blumenstrauß in der Hand, dem man die sorgfältige Auswahl auf den ersten Blick ansah. Mit einer Verbeugung begrüßte er Elisabeth Bernhardi und überreichte ihr das Bukett.
    „Meine Verehrung, gnädige Frau Bernhardi. Eure Einladung betrachte ich als eine besondere Gunst und hoffe, ihr entsprechen zu können.“
    Zum ersten Mal seit Langem spielte wieder ein Lächeln um Elisabeths Lippen. „Ich glaube, da gibt es noch eine, die sich freut, ihre Erwartungen erfüllt zu sehen.“ Sie bemühte sich, nicht zu viele Regungen zu zeigen.
    „Bis zum Mahl dauert es noch eine Weile, wir können uns bei einem Krug Wein schon einmal unterhalten. Nehmt doch Platz!“, forderte Bernhardi seinen Gast auf.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür und Barbara trat schüchtern ein. Als ihre Eltern sie erblickten, stockte ihnen kurz der Atem. Barbara hatte für den Gast ihr schönstes Gewand angelegt, ein langes grünes Kleid mit aufwendig abgesetzten Zierstoffen und einem noch züchtigen, aber trotzdem gut sichtbaren Dekolleté. Ihre lockigen braunen Haare wurden von einem Band zusammengehalten, da sie sonst nicht zu bändigen gewesen wären. Schlagartig wurde Bernhardi bewusst, dass seine erste Tochter kein kleines Mädchen mehr war. Ihre Schönheit erfüllte ihn mit Stolz, gleichzeitig schalt er sich seiner Blindheit, dass ihm diese Seite an seiner Tochter bisher völlig entgangen war.
    Friedrich, der sich gerade erst gesetzt hatte, sprang sogleich hoch, ging auf Barbara zu, verneigte sich und küsste ihre Hand. „Welch eine Freude, Euch zu sehen, Fräulein Barbara. Ich hoffe, Euer Wohlergehen entspricht Eurem wunderschönen Anblick.“
    Barbara errötete. „Friedrich, die Freude ist ganz meinerseits.“ Zu ihren Eltern gewandt, ergänzte sie: „ Danke, dass Herr von der Aue heute bei uns zu Gast sein

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