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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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Mundwinkeln. Bernhardi brummte zwar, war aber innerlich sehr stolz auf seine Frau.
    „Meine Gattin liefert immer gleich den Beweis, wie berechtigt ihre Kritik an den Zeitumständen ist.“ Mehr wollte er dazu nicht sagen. Dann fuhr er fort: „So lasst euch von den nächsten Zeilen überraschen … Liese, du kennst den Inhalt ja auch noch nicht.“
    Und so begann Bernhardi, eine weitere Passage seines Textes vorzulesen.
    Es ist mir nicht möglich, die vielen Stunden zu zählen, die ich verbrachte, um alle möglichen Eigenschaften der Gläser, die mir zur Verfügung standen, zu untersuchen und die Ergebnisse festzuhalten. Ammeisten behinderte meine Forschungen die Tatsache, dass es so gut wie gar nicht möglich war, Gläser von gleichbleibender Güte zu besorgen. Nur so wäre ich schneller imstande gewesen, die Erkenntnisse, die ich mit dem einen Glase gewann, an dem nächsten zu erweitern. Obwohl das Nürnberger Glas in der Güte das der meisten anderen übertraf, erschien mir die Reinheit desselben nicht ausreichend zu sein, um in der Frage nach der praktischen Verwendbarkeit, um ferne Gegenstände nahe zu sehen, weiter voranzuschreiten
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    Eines Tages erhielt mein Vater Besuch eines Handlungsreisenden aus Venedig. Um seine Geschäfte auch auf Waren aus dieser Gegend auszudehnen, hatte dieser einige Proben venezianischer Güter mitgebracht. Zu meinem Glücke fanden sich dabei einige Proben der Glashütte von Murano, die mir eine besondere Reinheit zu zeigen schienen. Ich erhielt die Erlaubnis, diese Stücke genauer untersuchen zu dürfen, indem ich eine Bestellung dieses Glases in Aussicht stellte
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    Meine Examination ergab, dass diese Gläser bedeutend weniger Unebenheiten und Lufteinschlüsse enthielten als die, die ich bisher zur Verfügung hatte. Meine Versuche hatten nämlich gezeigt, dass die Deutlichkeit der Gegenstände, die man durch diese Gläser erblickte, von der Reinheit des Materials abhing
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    Mein Vater, der meiner Beschäftigung ohnehin mit großem Unwillen gegenüberstand, verbot mir den geschäftlichen Umgang mit dem venezianischen Händler. Mir gelang es jedoch, ihn beiseitezuziehen und ihn um die Übersendung einiger gewünschter Proben zu bitten. Dafür wandte ich den größten Teil meiner Ersparnisse auf. Ein halbes Jahr später hatte ich das Gewünschte zur Hand und war nun in der Lage, durch intensives Forschen immer genauer die Umstände bestimmen zu können, unter denen man die Gegenstände in der Ferne größer sehen konnte
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    Inzwischen hatte ich meine Leidenschaft vor meinem Vater verbergen können und unter der Vorgabe, meine Studien zu vervollkommnen, schrieb ich mich an der Universität zu Paris ein. So erhielt ich weiter mein Auskommen durch Sendungen meines Vaters, ohne in Gefahr zugeraten, er könne bemerken, womit ich mich in der Hauptsache beschäftigte
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    Auerbach unterbrach die kleine Lesung. „Damit dürfte zumindest klar sein, warum dieser Heinrich von Saalfeld hier und an der Universität gänzlich unbekannt ist.“
    „Jawohl“, ergänzte Bernhardi, „er hat sich in Paris nicht sonderlich um theologische, philosophische oder juristische Studien bemüht, folglich hat er auf diesen Gebieten nichts zur Erkenntnis beigetragen und ist darum hier völlig unbekannt.“
    „Mut hat er ja gehabt, sich so ganz gegen den Willen des Vaters zu stellen und sich nicht von seinem Vorhaben abbringen zu lassen“, ergänzte Elisabeth.
    Bernhardi fuhr fort:
    Die Form der Gläser, das bemerkte ich bald, hatte entscheidenden Einfluss auf die Möglichkeit der Vergrößerung, die durch das Glas zu erzielen war. Das, was ich hier in Kürze schildere, ist das Ergebnis meiner jahrelangen Bemühungen, dem Geheimnis der Wirkungen des Glases auf die Spur zu kommen. Im Nachhinein scheint es mir, dass alle Mühen dem Vergessen anheimfallen, wenn eine einzige glückliche Stunde uns zum Ziele führt. Und diese Stunde ward mir gewährt. Der Kürze halber berichte ich nur von dem Ergebnis, aber nicht mehr von den Qualen auf dem Wege dahin
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    Zwei grundsätzliche Formen der Gläser erzielten das gewünschte Ergebnis. Zum einen eine Form, welche schon bei den alten Griechen als konvexe, also nach außen gewölbte Linse bezeichnet wird, und zum anderen eine konkave, bei der die Wölbung nach innen angefertigt ist. Mithilfe dieser einzelnen Linsen erreichte ich das gewünschte Ergebnis, ferne Dinge näher sehen zu können. Aber, wie ich feststellen musste, war das Ergebnis nicht so weit zufriedenstellend, als

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