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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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Bernhardi eine Professorentochter war, hatte ihm Friedrich zwar nicht verschwiegen, aber das machte für den erregten Vater keinen Unterschied. Da plante er einen vorbildlichen Lebenslauf für seinen begabten Sohn – und schon kamen die niederen Triebe dazwischen!
    „Da sei Gott vor!“, schimpfte er leise.
    Es ist zwar nicht ratsam, in der ersten Wut zur Feder zu greifen und Dinge zu tun, die später nicht mehr rückgängig gemacht werden können, aber diese Situation erforderte eine Ausnahme. Max von der Aue begann zu schreiben.
    Mein lieber Sohn!
    Mit Entsetzen habe ich Deine Ankündigungen zur Kenntnis genommen. Ich ringe um die richtigen Worte, fürchte aber, sie zu verfehlen. Egal, es muss heraus. Wie wir uns einig waren, solltest Du zuerst Dein Studium erfolgreich beenden und dann eine Dir gemäße Anstellung suchen. Dann wäre ich Dir behilflich gewesen, eine angemessene Partie, eine Tochter aus dem gehobenen Bürger- und Bildungsstand, mit Dir zu verehelichen. Ich wiederhole: Wir waren uns darüber einig!
    Diese Abmachung war und ist die ganze Grundlage meiner Förderung Deiner Talente. Ich rate Dir, trotz meines Zornes, doch auch in väterlicher Liebe zu Dir, Deine Pläne zu ändern. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schnell jugendlicher Übermut eine Verliebtheit konstatiert, die sich aber genauso rasch wieder abkühlt, wie sie begonnen hat, und sich als das erweist, was sie ist: eine unüberlegte Reizung der Triebe
.
    Leider bist du schon zur Tat geschritten und hast die Verlobung vollzogen. Das macht die Sache schwerer. Aber sie ist noch zurückzunehmen. Ich bin bereit, für die der Brautfamilie entstandenen Unkosten aufzukommen und die Schuld der Trennung auf mich (bzw. uns) zu nehmen. Weiterhin bin ich bereit, Dir Deinen Fehltritt zu verzeihen und Dich bis zum Abschluss Deiner Studien weiterhin großzügig zu alimentieren. Ich hoffe auf Deine Einsicht
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    Falls Du aber gedenkst, in Deinem schändlichen Tun fortzufahren, dann werde ich Dir nicht nur meine Erlaubnis zur Hochzeit versagen, sondern auch Deine Alimentation einstellen
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    So wähle nun. Ich erwarte Deine Antwort auf schnellstem Wege. Sollte sie nicht innerhalb zweier Wochen hier eintreffen, muss ich annehmen, dass Du meinem weisen Rat zuwiderhandelst. Mit den entsprechenden Folgen für Dich weißt Du ja nun zu rechnen. Aber ich bete und bitte für Dich, dass Du auf den rechten Weg zurückkehren mögest
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    Dein sich um Dich sorgender Vater
    Maximilian von der Aue
    PS: Ich werde Erkundigungen über diese Familie Bernhardi einholen. Ein Gerücht ist mir zu Ohren gekommen, der Vater deiner „Braut“ sei in dunkle Machenschaften verwickelt
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    Max von der Aue überflog das Geschriebene noch einmal. Dann faltete er das Papier zusammen, versiegelte es sorgfältig und rief nach seinem Diener. Der Brief sollte mit äußerster Schnelligkeit befördert werden.
    Über Strehla brauten sich dunkle Wolken zusammen. Die schwüle Luft hatte schon den ganzen Vormittag auf ein baldiges Gewitter hingedeutet. Im Speisesaal des Schlosses saßen, wie jeden Mittag, die Pflugs und die Bernhardis beim Essen zusammen. Ihre Mahlzeiten wurden in den letzten Tagen auffallend schweigsam eingenommen.
    Nachdem die Schüsseln abgetragen worden waren und sich alle erheben wollten, wandte sich Andreas Pflug an Elisabeth.
    „Verzeiht, wenn ich Euch damit belästige oder gar von Euren Geschäften abhalte, aber würdet Ihr mir eine kurze Audienz gewähren? Unter vier Augen?“
    Elisabeth Bernhardi verstand es, ihre Überraschung zu verbergen. Schon der förmliche Ton und die Behauptung, sie hätte hier irgendwelche Geschäfte zu erledigen, erfüllten sie mit Argwohn. Jeder wusste, dass sie hier aus Großzügigkeit – man konnte auch sagen: aus Erbarmen – untergekommen waren. „Ja, was ist Euer Anliegen?“, fragte sie vorsichtig.
    Andreas Pflug räusperte sich vernehmlich und wartete ab, bis Elisabeth ihre Töchter aus dem Raum geschickt hatte. Dann begann er: „Es ist in der Tat ein Anliegen, wenn auch eines – und das dürft Ihr mir glauben –, das mir außerordentlich schwerfällt, an Euch zu richten.“
    „Nun, ich höre.“
    „Leider ist es mir nicht mehr länger möglich, Euch zu beherbergen. Die Renovierungsarbeiten am westlichen Flügel des Schlosses, den Ihr bezogen habt, sind nun endgültig abgeschlossen. Er wird in den nächsten Wochen benötigt, um den Ratgebern Herzog Georgs eine stete Unterkunft für ihre Aufgabenanzubieten. Wie Ihr wisst, zähle ich

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