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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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leichte Mission erwarten. So ist es mit der Liebe – die Momente der Bewährung kommen oft früher, alsman denkt. Du musst jetzt abwarten, ob Friedrich den Kampf aufnehmen will oder kann. Insofern bist du in der glücklichen Lage, schon sehr früh feststellen zu können, was du ihm wert bist.“
    „In der glücklichen Lage? Ich bin alles andere als glücklich!“
    „Ich weiß, aber es ist im Moment die einzige Weise, etwas Gutes darin zu sehen. Ich hoffe, ihr werdet beide gestärkt daraus hervorgehen. Aber leider betrifft es nicht nur euch, sondern uns alle. Wie du siehst, war meine Vorsicht nicht unbegründet. Meine Schwester kann mir noch sehr hilfreich sein. Lass uns jetzt das Fuhrwerk anmieten, und nächste Woche ziehen wir nach Leipzig um. Wenn es sein muss, bleiben wir zunächst ein paar Tage bei Ursula. Und dann, in zwei, drei Wochen, beziehen wir unser neues Heim …“
    Barbara bekam ihre Traurigkeit nicht so schnell in den Griff. Zu groß war ihre Enttäuschung. „Mutter, es tut so weh, alles immer nur über große Distanzen regeln zu müssen. In den letzten Wochen habe ich Friedrich immer nur für kurze Zeit sprechen können. Ich freue mich zwar unbändig über seine Briefe, aber wenn ich sie erhalten habe, spüre ich, wie wenig wir wirklich beieinander sein können. Wenn das so weitergeht, werde ich irgendwann einen Fremden heiraten.“
    „Mein Kind, ich weiß, es ist jetzt besonders schlimm für dich. Auch wenn es dich nicht tröstet, aber ich bin, was die Distanz angeht, in einer ähnlichen Lage wie du. Mit deinem Vater kann ich auch nicht mehr sprechen. Es ist sogar möglich, dass wir uns gar nicht mehr wiedersehen – und glaub mir, davor habe ich Angst! Trotzdem müssen wir uns jetzt erst um uns selber sorgen.“

29
    Aufmerksam beobachtete Leonhard Bernhardi den nächtlichen Himmel. Am Anfang war es für ihn sehr schwierig gewesen, sich zurechtzufinden, aber inzwischen hatte er schon etwas Übung bekommen. Magister Auerbach hatte ihm einen Satz einfacher Sternkarten überlassen, die die Orientierung erleichterten. Das schöne Frühherbstwetter hatte ihm ein paar klare Nächte hintereinander beschert, die er für die Beobachtung der Gestirne nutzte.
    Ein zufriedener Ausdruck huschte über Bernhardis Gesicht, als er auf Anhieb das große Quadrat des Pegasus erkannte, das sich genau im Süden befand. Davon ausgehend, war es ihm möglich, auch die sich anschließende Andromeda und Perseus zu erkennen. Tief im Osten leuchtete im Kontrast zum restlichen Himmel ein heller rötlicher Stern, der Bernhardi auffiel. Ein Blick auf die Karte überzeugte ihn, dass es sich wohl um Aldebaran, das rote Auge des Stieres, handeln musste.
    Bernhardi erinnerte sich, dass Auerbach ihm gerade dieses Sternbild eingeschärft hatte. Denn nordwestlich davon befinde sich einer der prächtigsten Sternhaufen des Himmels: die Plejaden, im Volksmund das Siebengestirn genannt. Schon seit langer Zeit sei diese Sternenansammlung als Augenprüfer genutzt worden. Je nach Güte des Augenlichts könne man sechs oder sieben Sterne erkennen, besonders scharfe Augen hätten es sogar auf über zehn gebracht. Obwohl die Luft in dieser Nacht sehr klar zu sein schien, gelang es Bernhardi nicht, mehr als sechs Sterne zu sehen. Er rieb sich die Augen und versuchte es erneut – vergeblich. Richte den Sehapparat auf die Plejaden und zähle die Sterne, die du damit siehst! Das hatte Auerbach ihm aufgetragen und das wollte er nun versuchen.
    Er nahm den Apparat, überzeugte sich, dass er richtig ausgerichtet war, und versuchte dann, durch die Röhre einen Blick auf das Siebengestirn zu erhaschen. Aber die Röhre ließ nur einen winzigen Himmelsausschnitt erkennen; außerdem waren die Sterne sehr groß und neblig zu sehen. Bernhardi dachte erst, dass es ihm gelungen sei, die Sterne so nah zu sehen, dass sie nicht mehr wie Punkte erschienen – aber dann erinnerte er sich daran, dass sie bei ihrem Versuch auf dem Kirchturm auch die richtige Schärfe eingestellt hatten. Also versuchte er, mithilfe des beweglichen Teils des Rohres die Sterne so zu fokussieren, dass sie scharf und möglichst punktförmig zu sehen waren. Dann setzte er das Rohr erst einmal wieder ab.
    Auf dem kleinen Holztischchen, das er im Garten aufgebaut hatte, lagen im Schein einer Lampe Tinte, Feder und einige Bogen Papier ausgebreitet. Bernhardi griff zur Feder und begann, das Gesehene aufzuzeichnen. Leider sei es ihm nicht gelungen, mehr als nur Punkte zu sehen, allerdings

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